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# taz.de -- EM-Viertelfinale Spanien gegen Schweiz: Monopol auf den Ball
> Spaniens immer noch gewöhnungsbedürftiger Kader hat sich freigespielt.
> Trainer Luis Enrique will dem Ballbesitz zu neuer Blüte verhelfen.
Bild: Respekt, Junge! Ferran Torres gratuliert Pedri zu dessen Leistung gegen K…
Es ist ein gewagtes Experiment, das Spaniens Trainer Luis Enrique während
dieser Europameisterschaft durchführt. Er stellt den
Nationalmannschaftsfußball seines Landes auf neue Beine. Die Angst, dass
das nicht gut gehen würde, war so groß, dass bei den Spielen seines Teams
in Sevilla gepfiffen wurde, als bei der Verkündung der Aufstellung sein
Name genannt wurde. Und jetzt? Die Stimmung hat sich gedreht. 11 Tore hat
Spanien nun schon geschossen.
[1][Beim 5:3 gegen Kroatien] haben Enriques Mannen bis auf zehn Minuten, in
denen den Gegnern der Ausgleich gelungen ist, einen Angriff nach dem
anderen bis zum Torabschluss blitzsauber vorgetragen. Spanien ist plötzlich
ein Titelfavorit. So schnell kann’s gehen, auch wenn im Viertelfinale am
Freitag in St. Petersburg (18 Uhr, ZDF), erst einmal Weltmeisterbesieger
Schweiz geschlagen werden muss.
Eigentlich ist es verrückt, was Enrique da gemacht hat. Auch nach vier
EM-Spielen wird es immer noch Menschen geben, die sich die Augen reiben,
wenn sie die Kaderliste der Spanier durchgehen und keinen einzigen Spieler
von Real Madrid darin erblicken. Enrique hat begonnen zusammenzubauen, was
ihm gefällt.
Nur auf ein bewährtes Bauteil wollte er nicht verzichten. Sergio Busquets,
der nun schon 125 Mal für die Nationalmannschaft aufgelaufen ist, sorgt
auch in Enriques Ballspielgruppe für den Überblick im hinteren Mittelfeld.
Er weiß meist schon, wie er das Angriffsspiel einleiten wird, bevor er
einen Ball erobert hat. Nach seiner Corona-Infektion musste er die ersten
beiden Spiele aussetzen. In den Spielen, in denen er dabei war, haben die
Spanier zehn Tore geschossen. Gut möglich, dass es da einen gewissen
Zusammenhang gibt.
## Geist im Team
Charakter habe die Mannschaft gezeigt im Spiel gegen Kroatien, sagte der
32-Jährige nach dem Kroatienspiel mit der Trophäe in der Hand, die ein
Industriebierkonzern dem jeweiligen „Star of the Match“ spendiert. Vom
Team-Spirit redet auch Luis Enrique oft. Um ebendiesen Geist zu wecken,
habe er nur 24 Spieler nominiert, so viele eben, wie auch auf der
Auswechselbank Platz nehmen dürfen. 26 hätte er nominieren dürfen, von
denen dann immer zwei auf der Tribüne hätten sitzen müssen. Alle sollen
sich immer dazugehörig fühlen.
Und vielleicht ist es ja dieser Geist, der den 18-jährigen Pedri, der nun
schon 390 Turnierminuten auf seinem jugendlichen Buckel hat, so viel
Sicherheit gibt, dass 91 Prozent seiner über 300 Pässe den richtigen
Abnehmer finden. Pedri steht mit seinen 18 Jahren für die Zuverlässigkeit
des spanischen Passspiels. Dass er dazu noch kreativ ist, macht ihn für
Enrique unverzichtbar.
Dass es Pedris Rückpass war, der den Kroaten wie aus dem Nichts die
1:0-Führung ermöglichte, weil Torwart Unai Simón sich beim Stoppen des
Balls verschätzt hatte, konnte den verspielten Kerl jedenfalls nicht
verunsichern. Den Torhüter selbst ja auch nicht. Der wurde nach seinem
Aussetzer noch zum Helden des Spiels. Dass der Keeper von Athletic Bilbao
überhaupt zum Stammtorhüter der Spanier geworden ist, auch das gehört zu
den nicht gerade naheliegenden Entscheidungen, für die Enrique bekannt ist.
Manchester Uniteds David de Gea jedenfalls sitzt auf der Bank.
Und dann ist da noch die Spielidee. Luis Enrique möchte es sich nicht
nehmen lassen, dem Ballbesitzfußball zu huldigen. Was so schrecklich
uninspiriert ausgesehen hat in den Gruppenspielen gegen Schweden (0:0) und
Polen (1:1), das war gegen die Slowakei (5:0) schon sehr ansehnlich und
gegen Kroatien, den Vizeweltmeister, beinahe rauschhaft.
Die Behäbigkeit war gewichen, das Passspiel hatte einen Sinn, und immer
wieder gelang es mit vertikalen Bällen in Richtung Torauslinie Tempo in das
Dominanzspiel zu bringen. Wenn dann mit [2][Álvaro Morata] und Pablo
Sarrabia endlich diejenigen treffen, die so lange wegen ihrer Fehlschüsse
in der Kritik standen, ja, wer soll die Spanier denn dann bitte sehr
aufhalten.
Die Schweizer, denen ihr zentraler Ankerspieler Granit Xhaka wegen einer
Gelbsperre fehlt, müssten schon noch einmal ein Spiel auspacken, [3][wie es
ihnen gegen Frankreich gelungen ist], um das zu schaffen. Viel Kraft und
Ausdauer wird das kosten. Die körperliche Zermürbung der Gegner gehört zu
Enriques Konzept. „Wer uns schlagen will, muss viel laufen“, sagte er nach
dem Sieg gegen Kroatien. So ging es einst allen Teams, die den
weltmeisterlichen Tikitakisten von 2010 hinterherzulaufen versuchten. Es
ist der Ballbesitzfußball spanischer Schule, den Trainer Enrique mit neuen
Gesichtern zu altem Glanz verhelfen möchte. Es könnte klappen.
2 Jul 2021
## LINKS
[1] /Spaniens-Achtelfinale-gegen-Kroatien/!5779194
[2] /EM-Spiel-Spanien-gegen-Kroatien/!5778905
[3] /Weltmeister-Frankreich-ausgeschieden/!5779097
## AUTOREN
Andreas Rüttenauer
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