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# taz.de -- Urteil gegen Ratko Mladić: Vergiftete Seelen
> Serbische Politiker sehen sich weiter als Opfer. Doch zunehmend tauchen
> in Serbien kritische Stimmen gegen die herrschende Meinung auf.
Bild: Ratko Mladic 1996 als General der bosnisch-serbischen Armee
Das Kapitel Ratko Mladić ist zunächst einmal abgeschlossen, [1][die
lebenslange Haft des serbischen Ex-Generals wegen Völkermords und
Verbrechen gegen die Menschlichkeit ist rechtskräftig]. Das UN-Tribunal von
Den Haag hat in dem langwierigen Prozess und durch die Sammlung von
Tausenden Dokumenten und Zeugenaussagen die Voraussetzung für Forscher und
Journalisten geschaffen, weiter über den europäischen Krieg, der von 1992
bis 1995 wütete, zu arbeiten.
Wer will, kann leicht via Internet forschen über die Verbrechen in Bosnien
und Herzegowina, den Genozid in Srebrenica und die dreieinhalb Jahre
währende Belagerung der Städte Sarajevo, Tuzla und Bihać.
Und das wird auch nötig sein. Denn der Krieg geht als Auseinandersetzung
über die Interpretation der Geschichte weiter. Schon kurz nach der
Verkündigung des Urteils erklärte der „starke Mann“ der bosnischen Serben,
Milorad Dodik, das Urteil als nichtig, weil es nicht der Wahrheit
entspräche. Einen Genozid in Srebrenica habe es nie gegeben; Mladić habe
nur seine Pflicht erfüllt. Diese Position ist reiner Selbstschutz.
Würde Dodik zugeben, dass der serbische Teilstaat in Bosnien nur auf der
Grundlage monströser Verbrechen entstehen konnte, entzöge er ihm jegliche
Legitimation. Zwar applaudierten auch die serbischen Oppositionsparteien im
Parlament der bosnischen Serbenrepublik, auch kann sich Dodik noch einer
Mehrheit der Menschen in Serbien gewiss sein, doch es tauchen in den
sozialen Medien zunehmend Zweifel auf.
Abschottung, Diskussionsverbote und Selbstbetrug vergiften die Seelen der
Menschen der eigenen Nation – die Deutschen wissen das nur zu genau. Wer
kann von den Ideologen morgens wirklich unbefangen in den Spiegel sehen?
Wie soll ein sich selbst belügendes Serbien Mitglied in der Europäischen
Union werden?
## Liberalisierung durch Internet
In einer Stadt mit der liberalen Tradition Belgrads gibt es auch kritische
Geister. Über kurz oder lang werden die Intellektuellen um ihrer selbst
willen der Wahrheit Gehör verschaffen müssen, wie es bisher isolierte, aber
mutigen Menschenrechtlerinnen schon tun. Der Film „Quo vadis, Aida?“ der
bosnischen Filmemacherin Jasmila Žbanić über [2][den Genozid von
Srebrenica] darf in Serbien und in der Republika Srpska nicht gezeigt
werden. Doch er kann heruntergeladen werden. Die totale Abschottung
funktioniert nicht mehr. Und dieser Prozess ist nicht zu stoppen. Heutige
Helden werden in der Zukunft zu Karikaturen schrumpfen.
Aber noch ist die Lüge dominant und verhindert so ein offenes Gespräch mit
den Opfern, die wie die Mütter von Srebrenica dazu bereit sind.
9 Jun 2021
## LINKS
[1] /Kriegsverbrechen-in-Ex-Jugoslawien/!5778090
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Massaker_von_Srebrenica
## AUTOREN
Erich Rathfelder
## TAGS
Srebrenica
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GNS
Bosnien und Herzegowina
Jugoslawien-Krieg
UN-Tribunal Ex-Jugoslawien
Bosnienkrieg
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