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# taz.de -- Corona und Übergewicht: Nach der Fat-Tax das Impfprivileg
> Wer dick ist, erlebt oft Diskriminierungen und wird vielerorts abgelehnt.
> Jetzt gibt es allerdings zum ersten Mal ein Privileg.
Bild: Menschen mit einem BMI über 30 sind bei der Impfung in der Stufe „erh�…
Dick sein bedeutet [1][ein Leben voller erschwerter Zugänge]. Wortwörtlich
gesprochen etwa durch dickenfeindliches Möbeldesign. Sei es im Flugzeug, im
Café oder in Konferenzräumen: Ab bestimmten Körpermaßen betritt maus nicht
einfach einen Raum und lässt sich auf die nächstbeste Sitzmöglichkeit
fallen. Sie könnte brechen oder zu eng sein. Abstrakter ist der Zugang zu
Zärtlichkeit.
Ich meine nicht nur Intimität, sondern die Tatsache, dass dicken Menschen
selten Verletzlichkeit zugestanden wird. Da sind Physiotherapeut_innen, die
sich vor dicken Körper ekeln. Da sind aber auch diese Gedanken darüber, ob
Leute mich eigentlich genauso sehr als Bedrohung wahrnehmen würden,
[2][wäre ich zierlich und nicht fett]. Dicke Leute, so der Mythos, haben
dickere Haut. Du kannst sie härter anpacken. Sie können das ab.
Oder der Zugang zu Sicherheit. Obwohl es nicht legal ist, die Verbeamtung
von Menschen mit einem BMI über 30 pauschal abzulehnen, gibt es immer
wieder Fälle, in denen entsprechende Anträge erst durch juristische
Verfahren bewilligt wurden. Manche Versicherungen, wie die bei
Berufsunfähigkeit, gibt es für dicke Menschen nur gegen Risikozuschlag oder
manchmal auch gar nicht.
Die sogenannte Fat-Tax, also Dickensteuer, ist auch beim Klamottenkauf
fällig: Den Aufpreis zahlen dicke Leute nicht nur beim Buchen eines
Flugzeugsitzes, sondern auch beim Shoppen. Davon abgesehen, dass nicht jede
Kleidung in allen Größen erhältlich ist, kostet sie oft mehr. Im Klartext
heißt das: Nachdem ich ewig darauf warte, ob und wann es einen bestimmten
Style in meiner Größe gibt, während skinny Leute ihn monatelang vorher
präsentieren, darf ich für den mittlerweile ausgelutschten Style noch schön
draufzahlen. Nein, danke.
## Ungebetene Diättipps
Noch sorgfältiger wähle ich meine Ärzt_innen aus. In Netzwerken für
mehrgewichtige Personen checke ich, welche Praxen empfohlen werden.
Ungebetene Diättipps von medizinischem Personal, das keine Ahnung davon
hat, wie viel ich mich bewege, wie ich mich ernähre, wie ich lebe, nerven.
Ich will am liebsten schreien: „Bitch, ich weiß, wie maus abnimmt, ich
hatte den Großteil meines Lebens eine Essstörung.“
Doch jene falschen Annahmen sind nicht die Hauptsache; das sind solche
Fälle, in denen dicke Menschen statt der Krebsdiagnose von Ärzt_innen den
Ratschlag bekommen, ihr Gewicht zu reduzieren. Dieser Tage wendet sich das
Blatt. Während meine gesunden schlanken Freund_innen noch keinen
Corona-Impftermin in Aussicht haben, überlege ich, was ich zu meinem
anziehe und ob ich vorher ins Solarium soll, damit das Foto von meinem
geimpften Arm mehr ballert.
Verbirgt sich hinter der pauschalen Einstufung von Menschen mit Ü-30-BMI
als Risikogruppe Fat-Shaming? Mag sein. Ist der BMI ein fragwürdiges
Konzept? Safe. Feiere ich diese Entscheidung trotzdem? Definitiv. Zum
ersten Mal springt aus meinem Gewicht ein Privileg für mich raus. Yallah,
Fatccine auf Ex!
6 May 2021
## LINKS
[1] /Fatshaming-trifft-vor-allem-Frauen/!5668334
[2] /Dickenfeindlichkeit-in-sozialen-Medien/!5684787
## AUTOREN
Hengameh Yaghoobifarah
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