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# taz.de -- Konflikt um die Westsahara: Abschuss gegen Polisario-Bewegung
> Marokko tötet einen hohen Militär der sahrauischen Befreiungsbewegung
> Polisario per Drohne – eine Eskalation nach Aufkündigung des
> Waffenstillstands.
Bild: Algerien, Tindouf: Saharauische Soldaten während einer Übung
Madrid taz | Die marokkanische Armee hat den hohen Militär der sahrauischen
Befreiungsbewegung Polisario, Addah Al-Bendir, getötet. Der 65-jährige Chef
der Nationalgarde der Bewegung, die für die Unabhängigkeit der seit 1975
von Marokko besetzten ehemaligen spanischen Kolonie Westsahara kämpft und
eine Exilregierung in den sahrauischen Flüchtlingslagern in Südalgerien
unterhält, wurde Opfer eines Drohnenangriffes.
Es ist das erste Mal, das Marokko ein unbemanntes Kriegsflugzeug einsetzt.
Das Gerät stammte laut regimenahen Internetseiten und Foren aus
israelischer Produktion.
„Der Kommandant der nationalen Gendarmerie, Märtyrer Addah Al-Bendir, fiel
am Dienstag auf dem Feld der Ehre, wo er auf militärischer Mission war“,
verkündete die sahrauische Befreiungsarmee auf der Seite der offiziellen
sahrauischen Nachrichtenagentur SPS.
Die Meldung wurde kurz nach ihrer Veröffentlichung ohne Erklärung wieder
aus dem Netz genommen. Jedoch bestätigten im Laufe des Mittwochs und
Donnerstags Quellen der Polisario gegenüber französischen und spanischen
Medien den Angriff und den Tod Al-Bendirs. Die Regierung und Armee Marokkos
schweigen sich aus.
## Widersprüchliche Angaben über den Angriff
Es ist der vorläufige Höhepunkt des bewaffneten Konfliktes, der erneut
ausbrach, als die Polisario am vergangenen 13. November einen fast 30 Jahre
währenden [1][Waffenstillstand aufkündigte]. Zuvor hatte Marokko zivile
Proteste an einem Grenzübergang von den besetzten Gebieten der Westsahara
nach Mauretanien mit Gewalt aufgelöst.
Seither greift die Armee der Polisario immer wieder marokkanische
Stellungen entlang eines 2.700 Kilometer langen [2][Sandwalls] an, der die
besetzten Teile der Westsahara – rund 80 Prozent der einstigen spanischen
Kolonie – und die Gebiete unter Kontrolle der Polisario voneinander trennt.
Über den Angriff auf Al-Bendir, der seit 48 Jahren der Polisario-Armee
angehörte und an der algerischen Militärakademie studiert hatte – gibt es
zahlreiche Widersprüche. Während die Polisario in der gelöschten
Agenturmeldung davon sprach, er sei in den „befreiten Gebieten“ getötet
worden, zitiert die spanische Nachrichtenagentur EFE eine Polisario-Quelle,
die davon spricht, dass er mit einer Einheit ins marokkanisch kontrollierte
Gebiet vorgedrungen sei. Außerdem hält sich in der spanischen Presse das
Gerücht, der Angriff hätte in Marokko selbst stattgefunden. Das wäre der
Beweis dafür, dass die sahrauischen Kämpfer weiter vorgedrungen sind als
bisher angenommen.
Auf einer nicht offiziellen Seite von Angehörigen der marokkanischen Armee
bei Facebook – [3][FAR Maroc] – heißt es zudem, neben Al-Bendir wären
weitere hohe Militärs getötet worden, während der Vorsitzende der Polisario
und Präsident der Exilregierung in den sahrauischen Flüchtlingslagern,
Brahim Ghali, überlebt habe. Es gibt keine Quellen, die diese Informationen
bestätigen.
Über die Kampfhandlungen ist wenig bekannt. Marokko veröffentlicht keine
Opferzahlen, leugnet gar die Angriffe der Polisario. Die Befreiungsbewegung
selbst gibt an, insgesamt bisher vier Kämpfer verloren zu haben, Al-Bendir
inbegriffen. Die fast täglichen „Kriegsberichte“ der sahrauischen Armee
sprechen von „schweren Bombardierungen“, die „erhebliche menschliche und
materielle Verluste entlang der Mauer der Schande“ verursacht hätten.
Am 21. April wird die UN-Sicherheitsrat erneut über die Westsahara beraten.
Als die Vereinten Nationen 1991 den jetzt geplatzten Waffenstillstand
erreichten, wurde zwischen beiden Konfliktparteien ein Referendum über die
Zukunft der Westsahara vereinbart. Das wurde bis heute nicht abgehalten, da
es zu keiner Einigung über die Wählerlisten kam.
Marokko will mittlerweile nur noch über eine Autonomie innerhalb des
marokkanischen Königreichs von Mohamed VI. reden, während die Polisario
weiterhin die Unabhängigkeit fordert. Der ehemalige US-Präsident Donald
Trump erkannte kurz vor seinem Auszug aus dem Weißen Haus vorbei am
Völkerrecht und der UNO Marokkos Souveränität über die Westsahara an.
9 Apr 2021
## LINKS
[1] /Nach-Streit-um-Verkehr-nach-Mauretanien/!5725144
[2] /Konflikt-in-Westsahara/!5737297
[3] https://www.facebook.com/farmarocofficielle/
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Marokko
Westsahara
Polisario
Spanien
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Westsahara
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