# taz.de -- Skiverbandswahlen in Österreich: Die Kandidatin des Altbauern | |
> Österreichs Skiverband muss künftig ohne Präsident Schröcksnadel | |
> auskommen. Bei der Auswahl seiner Nachfolgerin verfolgt er eigene | |
> Interessen. | |
Bild: Kandidatin von Schröcksnadels Gnaden: Renate Götschl | |
Wien taz | Wenn der Altbauer seinen Hof übergibt, geht es nicht immer | |
reibungslos ab. So auch beim Österreichischen Skiverband (ÖSV), wo im | |
Sommer Präsident Peter Schröcksnadel nach 31 Jahren nicht mehr antreten | |
wird. Der Multiunternehmer wird im Juli 80 und lässt einen | |
Generationenwechsel zu. Die von ihm gewünschte Nachfolgeregelung nährt | |
allerdings Spekulationen über ökonomisch motivierte Hintergedanken. | |
Lange sah alles nach einer klaren Sache für Michael Walchhofer aus. Der | |
46-jährige Salzburger Hotelier war 2003 Weltmeister in der Abfahrt und ist | |
dreimaliger Gewinner des Abfahrtsweltcups. Seit 2013 hat er als | |
ÖSV-Vizepräsident Erfahrung im mächtigen Verband gesammelt. Er konnte auch | |
ein Konzept für die Modernisierung des Riesenapparates, bei dem noch mit | |
Karteikarten aus Papier gearbeitet wird, vorlegen. Plötzlich brachte | |
Schröcksnadel aber eine Gegenkandidatin ins Spiel: die 45-jährige Steirerin | |
Renate Götschl, Abfahrtsweltmeisterin 1999. | |
Seit ihrem Rückzug vom Rennsport vor zwölf Jahren hat sie zwei Töchter zur | |
Welt gebracht und war seither in erster Linie Hausfrau und Mutter. Sie | |
könne mit Sicherheit keine Bilanzen lesen oder Geschäftsberichte erstellen, | |
heißt es auf den Sportseiten der österreichischen Zeitungen. | |
„Schröcksnadel will ein bekanntes, nettes Gesicht zum Repräsentieren“, | |
mutmaßt die 62-jährige Nicola Werdenigg, die vor 40 Jahren selbst | |
erfolgreich Speed-Rennen fuhr: „Die Leute, die er etabliert hat, ziehen die | |
wirtschaftlichen Strippen.“ Walchhofer, der mit seinem Bruder Rupert drei | |
Hotels betreibt, versteht sicher mehr von Wirtschaft. Sein Fehler, so | |
Werdenigg, sei gewesen, in seinem Konzept die Unternehmen von Schröcksnadel | |
auszuschließen. | |
## Multiunternehmer Schröcksnadel | |
Der ist als Aktionär, Gesellschafter, Geschäftsführer oder | |
Aufsichtsratsmitglied an [1][mehr als einem Dutzend Firmen beteiligt], von | |
der [2][Austria SKI WM und Großveranstaltungs-GmbH] über | |
Medientechnologieunternehmen, Bergbahngesellschaften und eine | |
Immobiliengesellschaft bis zur Olympic Austria GmbH. | |
ÖSV-Präsident ist zwar nur ein durch schicken Dienstwagen und großzügiges | |
Spesenkonto versüßtes Ehrenamt, doch Schröcksnadels Wirtschaftsbetriebe | |
haben in den vergangenen Jahrzehnten an den Umsätzen des ÖSV kräftig | |
mitgenascht. Der ÖSV, dem 1.100 Vereine und 140.000 Mitglieder angehören, | |
gebietet über ein Jahresbudget von 40 Millionen Euro und macht | |
durchschnittlich 100 Millionen Umsatz im Jahr. | |
Schröcksnadel hat vor seinem Abgang noch seine Leute in den zentralen | |
Positionen installiert. Der ehemalige Herrentrainer Anton Giger wurde 2019 | |
Sportdirektor, der 35-jährige Christian Scherer ist seit vergangenem | |
Oktober Geschäftsführer. Schröcksnadels Hinweis, um die Wirtschaft müsse | |
sich Götschl nicht kümmern, kann also so verstanden werden, dass seine | |
Leute schon alles regeln werden. Außerdem, so wurde in der Presse | |
kolportiert, wolle er als Geschäftsführer einer Holding aller vier fürs | |
Geschäft zuständigen ÖSV-Tochtergesellschaften weiter die Kontrolle | |
ausüben. | |
Im [3][Interview mit dem Standard] weist Schröcksnadel diese Vorwürfe | |
zurück. Sie seien „einfach falsch“. Seinen Einsatz für Götschl erklärt … | |
notorische Macho ganz feministisch: „Der Renate kannst du nichts einreden, | |
du kannst sie nicht steuern, sie ist eine Person, die ihren eigenen Weg | |
geht.“ Abgestimmt wird demnächst in der Präsidentenkonferenz, wo die | |
Landesverbände des ÖSV – je nach Anzahl ihrer Mitglieder – gewichtetes | |
Stimmrecht haben. Nach heutigem Stand hat Götschl Tirol, Vorarlberg, Wien | |
und die Steiermark in der Tasche und damit die Wahl so gut wie sicher. | |
29 Apr 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Skisport-in-Oesterreich/!5232761 | |
[2] /Alpinbusiness-in-Oesterreich/!5073841 | |
[3] https://www.derstandard.at/story/2000126170264/peter-schroecksnadel-und-die… | |
## AUTOREN | |
Ralf Leonhard | |
## TAGS | |
Wintersport | |
Ski Alpin | |
Österreich | |
Doping | |
Österreich | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Skisport in Österreich: Wieder so ein Einzelfall | |
Lasch reagiert Österreichs Skiverband auf einen mutmaßlichen Dopingfall. | |
Umso engagierter ist er in Vermarktungsfragen. | |
Alpinbusiness in Österreich: Das Wintermärchengeschäft | |
Peter Schröcksnadel ist Boss des österreichischen Skiverbands. Den hat er | |
zu einem rentablen Monopolunternehmen geformt. | |
Kolumne Einen Versuch legen: Der weiße Rausch | |
Heldentum wird in Österreich auf der Abfahrtspiste begründet und nirgendwo | |
sonst. |