# taz.de -- Neuer Führer der KP auf Kuba: Máximo Líder mit kleinem Radius | |
> Nach über sechs Jahrzehnten Castrismo übernimmt mit Miguel Díaz-Canel ein | |
> neuer Parteichef das Kommando. Mit 61 gehört er zur „neuen Generation“. | |
Bild: Miguel Diaz-Canel, der erste Nicht-Castro an der Spitze der Partei und Re… | |
Miguel Díaz-Canel heißt das Gesicht der neuen Generation, der Raúl Castro | |
am Montag den Vorsitz der kommunistischen Partei übergeben hat. Er und | |
Politiker wie Premierminister Manuel Marrero oder der Reformator Marino | |
Murrillo stehen nun vor der Mammutaufgabe, Kuba aus der existenziellen | |
ökonomischen Krise zu führen. | |
Mit seinem wichtigsten Slogan „Wir sind Kontinuität“ (Somos continuidad) | |
wird der gestern 61 Jahre alt gewordene Politiker aber nicht weiterkommen. | |
Die Unzufriedenheit ist quasi greifbar. In den letzten Monaten musste | |
Díaz-Canel mehrfach die Beine in die Hand nehmen und mit seinen Bodyguards | |
Stadtviertel verlassen, wo er nicht willkommen war und angepöbelt wurde. | |
Das belegen Videos in den sozialen Netzen, die auch dank des twitteraffinen | |
Díaz-Canel auf Kuba überaus populär sind. | |
Der Elektroingenieur aus Falcón im Zentrum der Insel gehört zu denjenigen, | |
die sich für das 4-G-Netz in Kuba starkmachten. Das hat dazu beigetragen, | |
dass die Bevölkerung besser informiert ist, kritischer agiert, so der | |
Dokumentarfilmer Michel Matos. Er ist einer der Kulturaktivisten, die sich | |
gegen staatliche Kontrolle und Repression wehren und Díaz-Canel und der | |
neuen Generation durchaus zutrauen, Reformen auf den Weg zu bringen. | |
Allerdings nur im ökonomischen Bereich, die politischen Strukturen seien | |
tabu, so Matos. | |
Doch auch da ist der Radius mit der Abschiedsrede Raúl Castros abgesteckt. | |
Vom Limit war da die Rede und nicht von einer neuen Reformwelle, die Kubas | |
marode Wirtschaft eigentlich brauche, analysiert Pavel Vidal, kubanischer | |
Sozialwissenschaftler. Er und andere fragen sich, ob die alte Garde, die | |
formell die Macht an die neue Generation abgetreten hat, sie wirklich | |
machen lässt. | |
## Mann ohne Uniform | |
Zudem fehlt Díaz-Canel eines: die Uniform eines Zwei-, Drei- oder | |
Viersternegenerals. Die geben in der Inselökonomie aber den Ton an und das | |
wichtigste Vehikel dafür ist die Militär-Holding Gaesa. Zu der zählt mit | |
Gaviota das wichtigste Tourismusunternehmen der Insel, aber auch | |
Import-Export-Gesellschaften, Bauunternehmen und Supermarktketten. | |
Mindestens 30 bis 40 Prozent der Inselökonomie und das Gros der | |
Deviseneinkünfte, so schätzen Experten, dürfte Gaesa kontrollieren. Damit | |
dürfte die Holding, die vom General Rodríguez López-Calleja geleitet wird | |
und weder vom Parlament noch von einem Rechnungshof kontrolliert wird, bei | |
strukturellen Reformen mit am Tisch sitzen. Gründe, weshalb es in Kuba auch | |
die Fraktion gibt, die Díaz-Canel als Marionette eines „Castrismo ohne | |
Castro“ bezeichnen. | |
Auf der anderen Seite weiß der neue Mann an der Parteispitze sehr genau, | |
wie wichtig es ist, dass sich die Versorgungslage auf der Insel schnell | |
verbessert. Für Reformen in der Landwirtschaft, die möglichst zügig zu mehr | |
Produktivität führen, tritt er ein. Dabei sollen allerdings die | |
traditionellen Strukturen erhalten bleiben, wie das bei den Bauern wenig | |
beliebte staatliche Ankaufsystem Acopio. Ob Díaz-Canel mit diesem Ansatz | |
Erfolg haben wird, dürfte sich schnell zeigen. | |
20 Apr 2021 | |
## AUTOREN | |
Knut Henkel | |
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