# taz.de -- Widerstand gegen Militärputsch in Myanmar: Weitere Tote bei Protes… | |
> Seit Beginn des Putsches sollen insgesamt mehr als 230 Menschen ums Leben | |
> gekommen sein. Die Einwohner Yangons fliehen vor der Gewalt aus der | |
> Metropole. | |
Bild: Die Demokratiebewegung in Myanmar braucht Hilfe, sonst geht sie unter: Pr… | |
YANGON dpa/rtr/afp | [1][Bei Protesten gegen den Militärputsch in Myanmar] | |
sind nach Berichten von örtlichen Medien und Augenzeugen erneut mehrere | |
Menschen ums Leben gekommen. Sicherheitskräfte hätten am späten | |
Freitagabend in der einstigen Hauptstadt Yangon (früher: Rangun) Schüsse | |
abgefeuert und mindestens einen Menschen getötet, berichtete eine | |
Anwohnerin am Samstag. Drei weitere Personen seien schwer verletzt worden. | |
„Das sind keine Soldaten oder Polizisten mehr, das sind Terroristen“, | |
kommentierte ein Demonstrant die jüngsten Ereignisse in Yangon. | |
Am Samstag wurden zudem zwei Menschen in dem für seine Rubinminen bekannten | |
Ort Mogok getötet, als Soldaten dort das Feuer eröffneten, wie das | |
Nachrichtenportal Myanmar Now meldete. In der zweitgrößten Stadt Mandalay | |
wurden nach Angaben eines lokalen Nachrichtenportals mehrere Demonstranten | |
verletzt, als ein Fahrzeug aus ungeklärten Gründen in die Menge fuhr und | |
die Polizei Gummigeschosse einsetzte. Auch aus mehreren anderen Orten | |
wurden meist kleinere Proteste gemeldet, etwa aus Kyaukme, Hsipaw, Hpa-an, | |
Myawaddy, Labutta, Myeik und Yay Oo. | |
In der südlichen Küstenstadt Dawei fuhren Menschen mit Plakaten der | |
abgesetzten De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi durch die Straßen. | |
Zu sehen waren in der Stadt auch Banner mit der Aufschrift: „Beendet die | |
Diktatur“. Einige Demonstranten trugen provisorische Schilde, auf denen die | |
Aufschrift „Schützt bewaffnete Zivilisten“ zu sehen war. | |
Nach Angaben der Gefangenenhilfsorganisation AAPP wurden seit dem Putsch | |
Anfang Februar bereits 235 Menschen getötet und mehr als 2300 zumindest | |
vorübergehend festgenommen. | |
Wegen der zunehmenden Gewalt der Sicherheitskräfte haben die Demonstranten | |
ihre Taktik angepasst. Manchmal versammeln sie sich nachts mit Kerzen und | |
Plakaten, fotografieren die Aktion und ziehen dann wieder ab. Oder sie | |
inszenieren „unbemannte Proteste“, bei denen sie reihenweise Plakate | |
aufhängen, auf denen Botschaften zu lesen sind wie: „Wir werden niemals | |
aufhören, solange wir keine Demokratie bekommen“. | |
„Wir protestieren, wenn keine Polizei oder Militärs da sind. Und wenn wir | |
sie kommen hören, verschwinden wir schnell“, sagte Aktivist Kyaw Min Htike | |
der Nachrichtenagentur reuters. „Ich will keinen einzigen meiner Kameraden | |
verlieren. Aber wir werden auf jede uns mögliche Art protestieren, bis | |
unsere Revolution die Oberhand gewinnt.“ | |
Das brutale Vorgehen der Junta in Myanmar treibt aber auch immer mehr | |
Einwohner der Handelsmetropole Yangon in die Flucht. Örtliche Medien | |
veröffentlichten am Freitag Bilder eines Mega-Staus auf einer | |
Haupt-Ausfallstraße nördlich von Yangon. | |
Mehrere Einwohner berichteten der Nachrichtenagentur afp, sie hätten Yangon | |
aus Angst vor der Gewalt verlassen. Andere bereiteten ihre Flucht in | |
ländliche Regionen vor. „Ich fühle mich nicht mehr sicher, in manchen | |
Nächten kann ich nicht einmal schlafen“, sagte eine Bewohnerin von Yangon. | |
„Ich habe Angst, dass als Nächstes das Schlimmste passiert.“ | |
Ein 29-jähriger Goldschmied berichtete afp per Telefon, er habe die Stadt | |
bereits verlassen. „Es war zu qualvoll zu bleiben“, sagte er mit Blick auf | |
das brutale Vorgehen der Junta. | |
In der an Myanmar angrenzenden thailändischen Provinz Tak bereiteten die | |
Behörden unterdessen Notunterkünfte für Flüchtlinge vor. Seine Provinz sei | |
in der Lage, zwischen 30.000 und 50.000 Menschen aufzunehmen, sagte | |
Gouverneur Pongrat Piromat. Etwa 90.000 Flüchtlinge aus Myanmar leben | |
bereits in der durchlässigen Grenzregion, sie waren vor [2][dem seit | |
Jahrzehnten anhaltenden Bürgerkrieg zwischen dem Militär und bewaffneten | |
Gruppen ethnischer Minderheiten] geflohen. | |
## Reporter der BBC von „Unbekannten“ verschleppt | |
Die Militärführung [3][schränkt auch die Pressefreiheit massiv ein]. Die | |
britische BBC teilte am Freitag mit, ihr Reporter Aung Thura sei bei einer | |
Reportage vor einem Gerichtsgebäude in der Hauptstadt Naypyidaw von | |
„unbekannten Männern“ verschleppt worden. Der myanmarische Journalist | |
arbeitet für das lokale Programm des Senders. | |
Die BBC rief die Behörden in Myanmar auf, dabei zu helfen, den Kontakt zu | |
ihrem vermissten Reporter herzustellen und zu bestätigen, „dass er in | |
Sicherheit ist“. Nach Angaben der myanmarischen Nachrichtenwebsite | |
„Mizzima“ wurde einer ihrer Reporter, Than Htike Aung, zusammen mit Aung | |
Thura in Naypyidaw festgenommen. | |
Das Militär hatte nach dem Putsch die Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi in | |
Gewahrsam genommen und einen einjährigen Ausnahmezustand verhängt. Die | |
Demonstranten fordern die Rückkehr zu demokratischen Reformen, die | |
Freilassung der unter Hausarrest gestellten Suu Kyi und die | |
Wiedereinsetzung ihrer zivilen Regierung. Die 75-Jährige hatte die | |
Parlamentswahl im November klar gewonnen. | |
Der UN-Sonderberichterstatter für die Menschenrechtslage in Myanmar, Tom | |
Andrews, warnte die Junta am Samstag, sie könne eine Bevölkerung nicht | |
besiegen, die „in friedlichem Widerstand vereint ist“. Die Junta sei | |
„verzweifelt“ und versuche durch „rücksichtslose Angriffe eine gewaltsame | |
Antwort“ der Bevölkerung provozieren, um „noch mehr Gewalt zu | |
rechtfertigen“, twitterte Andrews. „Es funktioniert nicht. Die Welt muss | |
reagieren, indem sie ihren Zugang zu Geld und Waffen unterbricht. Jetzt“, | |
forderte er. | |
[4][Wegen des Militärputsches will die EU unterdessen erstmals Sanktionen | |
verhängen]. Wie afp von Diplomaten erfuhr, sollen elf Militär- und | |
Polizeivertreter auf die Sanktionsliste gesetzt werden. Diese soll beim | |
Treffen der EU-Außenminister am Montag endgültig beschlossen werden. Die | |
Betroffenen werden mit Einreiseverboten belegt und mögliche Vermögen in der | |
EU eingefroren. Gleichfalls geplante Sanktionen gegen vom Militär | |
kontrollierte Firmen wird es wegen rechtlicher Probleme dagegen erst im | |
April geben. | |
20 Mar 2021 | |
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