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# taz.de -- Gesetzesverschärfung in Frankreich: Mehr Schutz vor sexueller Gewa…
> Die Abgeordneten stimmen dafür, sexuelle Handlungen von Erwachsenen an
> unter 15-Jährigen zu kriminalisieren. Der Senat muss noch zustimmen.
Bild: Der französische Justizminister Eric Dupond-Moretti betont: Kein Erwachs…
Paris taz | Die französische Nationalversammlung hat in der Nacht auf
Dienstag einstimmig eine Gesetzesvorlage verabschiedet, die alle Arten von
Geschlechtsverkehr zwischen Erwachsenen und Minderjährigen unter 15 Jahren
prinzipiell für illegal erklärt. Das heißt, dass Erwachsene sich nicht mehr
auf ein angebliches Einverständnis der Jugendlichen berufen können. Bereits
im Februar hatte sich das Parlament für ein solches Schutzalter
ausgesprochen.
„Damit kann sich kein Erwachsener mehr auf die Einwilligung eines
Minderjährigen berufen“, betonte Justizminister Eric Dupond-Moretti. Bisher
kam es vor, dass bei Prozessen erwachsene Angeklagte wegen einer
angeblichen „Zustimmung“ von 11- oder 12-jährigen vom Gericht
freigesprochen wurden.
Der Schwachpunkt der Gesetzesvorlage ist es aber nach Ansicht der
Feministin Suzy Rojtman vom Collectif national pour le droits des femmes,
dass der fehlbare Erwachsene laut neuen Bestimmungen gewusst haben musste,
dass sein Opfer unter 15 Jahre alt war. Die Angeklagten könnten immer noch
behaupten, ihre Opfer hätten gesagt, dass sie älter als 15 seien.
Nach einer längeren Diskussion wollten die Abgeordneten in der Nacht zu
Dienstag auch der Realität von Beziehungen unter Jugendlichen Rechnung
tragen. Sie machen darum für jugendliche Paare eine Ausnahme von der
strikten Altersgrenze von 15 Jahren, sofern nicht mehr als fünf Jahre die
beiden trennen und ihre Beziehung vor dem 18. Lebensjahr des älteren
Partners begonnen hat. Dies geht als „Romeo und Julia“-Klausel in die
Parlamentsgeschichte ein.
## Gesetzesanpassung ist Konsequenz mehrerer Skandale
Die Gesetzesrevision sieht außerdem vor, dass ein Richter bei einer
Verurteilung für Sexualdelikte und -verbrechen zusätzlich ein definitives
Verbot beruflicher und außerberuflicher Kontakte mit Kindern anordnen kann.
Auch werden die Strafen für Kunden von minderjährigen Prostituierten
wesentlich verschärft.
Das Rechtsempfinden hat sich in Frankreich verändert. Dass die Abgeordneten
das Gesetz anpassen, ist aber auch eine direkte Konsequenz von Skandalen
und Enthüllungen im Bereich der Pädokriminalität. [1][Vor allem das Buch
„Le consentement“ (Das Einverständnis) von Vanessa Springora], die im
vergangenen Jahr mit Vorwürfen gegen einen gefeierten Schriftsteller an die
Öffentlichkeit ging, sowie der Fall des bekannten Politologen Olivier
Duhamel haben viele schockiert. [2][Die Juristin Camille Kouchner hat ihren
Stiefvater Duhamel in einem Anfang Januar veröffentlichten Buch
beschuldigt], er habe ihren Bruder mehrfach vergewaltigt, als dieser 13 und
14 Jahre alt war.
Andere Affären wurden im Zuge der #MeToo-Kampagne unter dem neuen Hashtag
[3][#MetooInceste] in den sozialen Netzwerken publik. Wegen der besonderen
Abhängigkeit der familiären Bindungen wird für Sexualverbrechen mit
Inzestcharakter eine Altersgrenze von 18 Jahren festgelegt, unter der
keinesfalls von einer Zustimmung ausgegangen werden kann.
Da der Senat sich bereits am Mittwoch mit der Vorlage befasst, hofft die
Regierung, dass das revidierte Gesetz bereits im Frühling in Kraft treten
kann.
16 Mar 2021
## LINKS
[1] /Paedophilie-Skandal-in-Frankreich/!5652482
[2] /Paedophilie-in-Frankreich/!5742700
[3] /Missbrauchsdebatte-in-Frankreich/!5743771
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
sexueller Missbrauch
Inzest
Pädophilie
Schwerpunkt Frankreich
Minderjährige
Nationalversammlung
sexuelle Belästigung
Kolumne Stadtgespräch
Schwerpunkt Frankreich
taz.gazete
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