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# taz.de -- Pädophilie-Skandal in Frankreich: Er war 50, sie 14
> Die Verlegerin Vanessa Springora berichtet in einem Buch über die
> krankhafte Sexualität ihres Ex. Nun wird gegen den Schriftsteller
> ermittelt.
Bild: Schildert ihre Erfahrungen ohne Scheu: Vanessa Springora
Paris taz | Wenn Vanessa Springora von Gabriel Matzneff spricht, nutzt sie
die Begriffe der Jagd. Den bekannten französischen Schriftsteller nennt sie
das Raubtier, sich selbst seine Beute. Jahrzehntelang leidet die
Verlagsdirektorin nach eigener Aussage unter der Beziehung, die der damals
50-jährige Matzneff ihr, der damals 14-Jährigen, aufzwang. Bis sie ihre
Erfahrungen in einem Buch verarbeitet – und damit in Frankreich einen
[1][Pädophilie-Skandal ausgelöst] hat.
„Le Consentement“ („Das Einverständnis“) heißt das autobiografische W…
der 47-Jährigen. Fast 10.000 Exemplare verkauften sich innerhalb von drei
Tagen. Die Enthüllungen haben dazu geführt, dass die Pariser
Staatsanwaltschaft vergangene Woche Ermittlungen gegen den heute
83-Jährigen aufgenommen hat. Dabei versichert Springora, sie erzähle nichts
Neues. Matzneff selbst hatte seine pädophilen Neigungen schon in den 70er
Jahren ausführlich in seinen Büchern beschrieben.
Davon wusste Vanessa Springora allerdings nichts, als sie noch vor ihrem
14. Geburtstag den kahlköpfigen Schriftsteller bei einem Abendessen
kennenlernte, zu dem ihre Mutter sie mitgenommen hatte. Sie sei ein
schüchternes Kind gewesen, bekennt sie in ihrem Buch. Ihr Vater verließ die
Familie, als seine Tochter fünf war. „Ein starkes Interesse für Bücher.
Eine gewisse sexuelle Frühreife. Und vor allem ein riesiges Bedürfnis
danach, beachtet zu werden“, schildert sie ihre Gefühlswelt von damals.
Schnell entstand eine ungleiche Beziehung, in der der Autor das Kind zu
seiner Muse erklärte und sich mit ihr in Hotelzimmern traf. Als „kleine V.“
taucht sie in seinen Büchern auf, für die er mehrere Auszeichnungen
erhielt, darunter 2013 den begehrten Literaturpreis Renaudot. Matzneff
wurde wegen seiner Beziehung zu Springora von der Polizei vorgeladen,
ermittelt wurde bislang nie.
## „Weißt du nicht, dass das ein Pädophiler ist?“
„Mit 14 Jahren wird man in der Regel nicht von einem 50-Jährigen von der
Schule abgeholt. Man lebt nicht im Hotel mit ihm und findet sich nicht zur
Stunde des Pausenbrots in seinem Bett wieder“, beschreibt [2][Springora in
der Zeitung Le Monde] ihre Erfahrungen.
Ihre Mutter machte sie damals zwar auf die Gefahr aufmerksam, die von „G.“
ausging, wie Springora Matzneff in ihrem Buch nennt: „Weißt du nicht, dass
das ein Pädophiler ist?“, fragte sie die Tochter. Mehr hat sie nicht
unternommen. Springora war es selbst, die das Verhältnis nach zwei Jahren
beendete. Sie las die Bücher, in denen ihr Liebhaber ganz offen seine
amourösen Abenteuer mit Mädchen und Jungen und seinen Sextourismus auf den
Philippinen schilderte – „auf der Suche nach frischen Hintern“.
„Unter sechzehn“ heißt das bekannteste Essay zu dem Thema, das bereits 1974
erschien. Damals sei ihr bewusst geworden, dass Matzneff eine krankhafte
Sexualität habe, bekennt Springora, die mit ihrem Buch die Pariser
Staatsanwaltschaft vergangene Woche zu Ermittlungen gegen den heute
83-Jährigen brachte. „Eine Liebesgeschichte zwischen einem 14-jährigen
Mädchen und einem 50-jährigen Mann kann passieren. Das Problem ist der
systematische und pathologische Charakter seiner Vorliebe für Jugendliche
und der Schaden, den er damit anrichtet“, sagt sie [3][der Zeitung Le
Parisien].
Damals sei ihr bewusst geworden, dass Matzneff eine krankhafte Sexualität
habe. Angstzustände und Depressionen waren die Folgen ihres traumatischen
Kindheitserlebnisses. Gute Freunde und eine Psychotherapie halfen der
Verlegerin, die krankhafte Beziehung über Jahrzehnte hinweg zu verarbeiten.
NaN NaN
## LINKS
[1] /!5650346/
[2] https://www.lemonde.fr/idees/article/2020/01/10/avec-le-consentement-vaness…
[3] http://www.leparisien.fr/podcasts/code-source/affaire-gabriel-matzneff-la-r…
## AUTOREN
Christine Longin
## TAGS
taz.gazete
Schwerpunkt #metoo
Vanessa Springora
Schwerpunkt Frankreich
Pädophilie
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