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# taz.de -- Verleger Manuel Herder als CDU-Kandidat: Der große Erklärer
> Manuel Herder, der bisher den Freiburger Traditionsverlag führte, will
> für die CDU in den Landtag. Warum tut er sich das an?
Bild: Möchte jetzt für die CDU in den Landtag: Manuel Herder
Manuel Herder zeigt sich als großer Erklärer, der die Probleme durchdringt.
Wenn er auf seinen digitalen Kundgebungen über das Weltklima spricht,
formen seine Hände eine Kugel. Wenn er die Lösungsschritte für dieses
globale Problem beschreibt, hackt er mit der Handkante die Luft vor sich in
Scheiben. Herder, immer charmant und weltgewandt, führte bisher den
Freiburger Traditionsverlag Herder in sechster Generation.
Jetzt zieht es den studierten Betriebswirt, Theologen und Japanologen für
die CDU in den Landtag. Wenn er vorrechnet, [1][dass das Paris-Ziel längst
nicht ausreiche], um den Planeten zu retten, hat der ausgebildete
Controller dafür selbst eine Excel-Tabelle angelegt. Wenn er erklärt, dass
der CO2-Gehalt in der Luft in der Menschheitsgeschichte das Entstehen von
Hochkulturen bedingt, beruft er sich auf Experten, die das passende Buch
praktischerweise bei Herder herausgebracht haben. Und so gleichen seine
Wahlkampfveranstaltungen manchmal einem Bücherabend, bei dem der Verleger
nach dem Gespräch mit Walter Kohl, Hans Werner Sinn oder Lars Feld das Buch
zum Thema in die Kamera hält.
„Wenn ich etwas kann“, sagt Herder, „dann ist es, die richtigen Fragen zu
stellen.“ Das wirkt sympathisch gelehrt, aber auch ein wenig
überdimensioniert für einen einfachen Landtagskandidaten, der einen sehr
heterogenen Wahlkreis gewinnen will. Denn der Wahlkreis Freiburg I besteht
aus ein bisschen Freiburg und ganz viel Schwarzwald.
Auch das ländlichere Milieu weiß Herder anzusprechen, schließlich ist er
dort groß geworden. Deshalb veranstaltet Herder auch einen runden Tisch zum
Thema Motorradlärm im Schwarzwald. Einerseits sorgen die Motorradrotten in
normalen Zeiten für Tourismus, andererseits passt das ungebremste Rasen
auch nicht so ganz zu einem, der die Welt ökologisch zum Sanierungsfall
erklärt. Eine Antwort auf das Problem will Herder deshalb vorerst nicht
geben, sondern erst mal zuhören.
## Warum tut er sich das an?
Aber warum tut sich das einer an, der aus dem Traditionshaus Herder
spätestens durch die Beteiligung an Thalia zu den Großen der Buchbranche
zählt? Hat sich der Verleger von zwei lebenden Päpsten und einer Kaiserin
(der japanischen) schon jemals eine Landtagsdebatte über, sagen wir, das
„Gesetz zur Änderung des Gesetzes über den Kommunalen Versorgungsverband
Baden-Württemberg, des Gesetzes zur Reform des Gemeindehaushaltsrechts und
der Gemeindehaushaltsverordnung“ angehört?
Herders Standardantwort zu seiner Motivation ist sein Opa, der in den 70er
Jahren für die CDU im Bundestag saß und immer gesagt habe, Politik sei
nicht schön, aber der Einsatz lohne sich. Die weniger pathetische Antwort
liefert er danach. Nach der harten, aber letztlich erfolgreichen
Umstrukturierung des Verlags in den letzten Jahren wolle er die
Verantwortung dort in die Hände von Jüngeren geben. Herder ist nur noch
Chef der Holding.
## Die Rolle könnte schnell beendet sein
Deshalb will er sich eigentlich auch nicht zu der Meldung äußern, [2][dass
sein Unternehmen Thalia aus dem Flächentarifvertrag flieht], und verweist
dazu an die Pressestelle. „Tarifflucht“, sagt er dann aber doch, fände er
einen „polemischen Begriff“. Es sei doch die Freiheit des Unternehmers,
einem Tarifvertrag beizutreten oder ihn zu kündigen, wenn der zu unflexibel
geworden sei.
Ob der Politiker Herder funktionierende Flächentarifverträge für
wünschenswert hält? Diese Frage lässt er offen. Und während Herder sich
noch an seine neue Rolle gewöhnt, könnte sie fürs Erste auch schon wieder
beendet sein. Freiburg ist schon länger tiefgrünes Pflaster. Und die
Wahlkreistrends sprechen nicht gerade für den Verleger. Herder weiß: „Das
ist kein Selbstläufer.“
10 Mar 2021
## LINKS
[1] /5-Jahre-Pariser-Klimaschutzabkommen/!5734348
[2] /Betriebsratschef-ueber-Thalia-Buchlaeden/!5741429
## AUTOREN
Benno Stieber
## TAGS
Schwerpunkt Landtagswahl in Baden-Württemberg
Verleger
CDU
Schwerpunkt Landtagswahl in Baden-Württemberg
Susanne Eisenmann
Schwerpunkt Fridays For Future
Lesestück Recherche und Reportage
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