# taz.de -- Die Wahrheit: Freund Max | |
> Lebenslänglich Bayer: Ein nach dortigen Politmaßstäben fast schon | |
> harmloser Freundschaftsdienstleister, der halt ein bisschen korrupt war. | |
Bild: Schwarze Schafe gibt es auch in der Politik | |
Reden wir über Max Streibl. Der Mann, der im Jahr 1988 als | |
Ministerpräsident den im Amt verstorbenen Franz Josef Strauß beerbt hat, | |
ist der Nachwelt als Amigo in Erinnerung. In diesen Tagen, an denen die | |
Normalität der Korruption in der CSU wieder einmal so beschrieben wird, als | |
sei sie etwas Außergewöhnliches, erwähnt manch Kommentator den Rücktritt | |
Streibls vom Amt des Ministerpräsidenten im Jahr 1993. Nach der legendären | |
Amigo-Affäre war Streibl nicht mehr zu halten. | |
Der vormalige Schulspezl des nunmehrigen Ministerpräsidenten, ein Mann | |
namens Burkhart Grob, hatte Streibl Urlaubsreisen nach Brasilien spendiert. | |
In Kenia sollen die beiden auch gewesen sein. Und der CSU gegenüber war | |
Grob wohl auch spendabel. Dass Streibl der Burkhart Grob Luft- und | |
Raumfahrt GmbH & Co. KG dafür einen Großauftrag des | |
Bundesverteidigungsministeriums zugeschanzt hat, löste einen veritablen | |
Skandal aus. | |
Streibl, der seine Locken mit recht viel Frisiercreme nach hinten geklebt | |
und so schon seinerzeit ein wenig gestrig wirkte, hat wahrscheinlich die | |
Welt nicht mehr verstanden, als man ihm in dieser Sache Korruption | |
vorgeworfen hat. Man kann ihn da schon verstehen. Im Vergleich zu seinem | |
Amtsvorgänger war Streibl ja nur ein mäßig bestechlicher | |
Bagatellkorruptionär. | |
Seine Partei ließ ihn dennoch fallen. Um das zu verhindern, soll Streibl | |
damals bei einer Vorstandssitzung der CSU auf seinen Aktenkoffer gezeigt | |
haben, worin sich angeblich kompromittierendes Material „über jeden von | |
euch“ befunden hat. Ach, hätte er diesen Koffer doch der Presse übergeben! | |
Oder noch besser: Hätten sich die angegriffenen CSUler doch nur | |
einschüchtern lassen! | |
Dann wäre Streibl im Amt geblieben und Bayern hätte ein Fest gefeiert, wie | |
es noch nie eines gegeben hat. Denn der Oberbayer hatte alles vorbereitet | |
für die große Jubiläumsfeier zu „1.500 Jahre bayerische Staatlichkeit“. | |
Bayern wollte sich als der am längsten durchgehend bestehende Volksstaat | |
Europas feiern. 493 gab es zwar in Bayern nichts, was auf eine | |
Staatsgründung hingewiesen hätte. Bayern gab es damals sowieso noch nicht. | |
Auch von dem Stamm der Bajuwaren erfuhr die Welt erst 551, als der Chronist | |
Jordanes die „Baibari“, die Bajuwaren, in seiner „Geschichte der Goten“ | |
erstmals erwähnt hat. Vielleicht ahnte Streibl ja, dass er im Jahr 2051 | |
nicht mehr leben würde, und hat sich Bayerns Staatsgenese deshalb kreativ | |
nach hinten datieren lassen. Dass er zum geplanten Jubiläum dann gar nicht | |
mehr im Amt war, konnte er nun wahrlich nicht ahnen. Und dass die Feier | |
letztlich ganz ausgefallen ist, schon gar nicht. | |
So kam es, dass dieser im Vergleich zu vielen seiner Parteifreunde beinahe | |
schon harmlose Freundschaftsdienstleister als überaus korruptes Subjekt in | |
die bayerische Geschichte eingegangen ist. Und während ein riesiger | |
Flughafen nach Franz Josef Strauß benannt ist, gibt es keine einzige | |
Max-Streibl-Straße im Freistaat Bayern. So kann es halt gehen. | |
19 Mar 2021 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
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