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# taz.de -- Die Wahrheit: Heaven is the Backseat of my E-Bike
> Der lange Weg in die Bourgeousie mündet gleich in der Allgemeinen
> Straßenverkehrsordnung. Hauptsache, es pinkelt niemand aus dem Taxi.
Einer der lustigsten Sätze, die ich in letzter Zeit gehört habe, lautete:
„Diese pinkelnden Taxifahrer ruinieren den ganzen Kita-Rasen.“ So was aber
auch! Pinkelnde Taxifahrer ruinieren den ganzen Kita-Rasen!
Hintergrund: In Berlin gibt es eine Kita gleich neben einem Impfzentrum,
und Freifahrtscheine für die Seniorinnen und Senioren, die mit dem Taxi
dahin – also zur Impfstation, nicht zur Kita – fahren können und auch
wieder zurück. Schöne Sache. Führt aber zu was? Richtig, zu einem erhöhten
Aufkommen von Personenbeförderungsverkehr, sprich zu mit Taxen
vollgestopften Zufahrtsstraßen und Parkplätzen. Und was machen Taxifahrer,
die nicht fahren? Sie warten und trinken literweise Kaffee, wovon sie dann,
Sie verstehen, auf was es hinausläuft. Nämlich darauf, dass erst einmal
Wochen vergehen, die loveparadeähnliche Zustände auf dem englischen Rasen
der Kita erzeugen, Stichwort Tiergarten, Stichwort Übersäuerung, Stichwort
Nitrat, da ja auch keine öffentlichen Toiletten in der Nähe zugänglich
sind, wegen Gastronomieschließung, und in die Impfstation darf man nur mit
Vorladung und bis dann mal ein paar Dixi-Klos für die Taxifahrer
rangeschafft werden, vergehen Wochen, Stichwort deutsche Bürokratie.
Die Bürokratie gebiert ja regelmäßig schöne Paradoxa, die den
vernunftorientierten Bürgern die Haare ausfallen lassen. Dicht dran an der
Bürokratie und den Bürgern ist das Thema Straßenverkehr, ein Thema, das für
eine gewisse Verbürgerlichung steht wie sonst nur die Themen Kinder,
Kochen, Garten und alte Musik. Meist gehen diese Themen Hand in Hand durch
älter werdende Thementräger, also Menschen. Wer früher nächtelang in Bars
herumgestanden, über französische Poststrukturalisten diskutiert und
Diskurspop gehört hat, ist heutzutage Vater oder Mutter, hört Blues oder
Jazz, hat irgendwo draußen eine Datsche oder einen Schrebergarten
gepachtet, mag Jamie Oliver und hat Kinder, die er wegen noch früherer
Führerscheinlosigkeit nicht mit dem Taxi, sondern dem Fahrrad zur Kita
bringen muss und also genug Grund hat, sich über den in der Tat ja
unglaublichen Individualverkehr auf den Straßen unserer Welt aufzuregen.
Was dann meist folgt, sind Fotos auf Instagram, bei denen man erst denkt
„Oh, schöne Stadtlandschaft / schöner Straßenzug / nette Reihenhäuser“ …
Ähnliches, bis man den Kommentar unter dem Post liest, in dem es um
fehlende Bedarfsampeln, Parkwahnsinn, unmögliche Radfahrwege und stehende
Blechlawinen geht. In den nächtelangen Diskussionen, die inzwischen
vorzugsweise tagsüber stattfinden und statt in einer Bar auch lieber am
Spielplatz im Park werden dann Fragen verhandelt, ob „Schulwegsicherung“
oder „Fehlende Schulwegsicherung“ besser taugt als Überschrift in einem
Empörungspapier gegen die immer noch und von allen zu bekämpfende
Bürokratie.
Nun ist niemand vor solchen Entwicklungen gefeit, so prekär man auch ist.
Also bitte den Rasen nicht betreten, danke.
9 Mar 2021
## AUTOREN
René Hamann
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Straßenverkehr
Taxifahrer
Snapchat
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