Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Gentrifizierung in Berlin: Von DW geschnappt
> Ein Haus in der Heidelberger Straße wurde wohl an die Deutsche Wohnen
> verkauft. Die Bewohner:innen sind vom Bezirk enttäuscht.
Bild: Oben saniert, unten die Substanz: Fassade der Heidelberger Straße 36
Berlin taz | Die Heidelberger Straße 36 in Neukölln liegt exakt an der
Grenze zu Treptow und damit an der Verlaufslinie der ehemaligen Berliner
Mauer. [1][Das machte das Gebäude in der Vergangenheit zu einer zentralen
Fluchtroute von Ost nach West], diverse Kellertunnel zeugen bis heute
davon. Am 27. März 1962 verblutete der bekannte Fluchthelfer Heinz Jercha
im Nebengebäude.
Doch der Altbau, der im Harzer Kiez gelegen ist, wurde verkauft – an die
Deutsche Wohnen, wie die Mieter:innen des Gebäudes glauben. Neuköllns
grüner Baustadtrat Jochen Biedermann mochte dies der taz gegenüber „weder
bestätigen, noch dementieren“. Er habe aber am Dienstag eine vom Käufer
unterzeichnete [2][Abwendungsvereinbarung] gegengezeichnet. In einer
solchen verpflichtet sich der Käufer eines Hauses zu diversen
Milieuschutzzielen – und kann so einen Vorkauf durch den Bezirk abwenden.
Die Mieter:innen des Hauses, von denen aus Angst vor dem neuen Besitzer
niemand namentlich genannt werden möchte, sind hierüber enttäuscht und
sauer. Seit Jahren kämpfen sie gegen die Verdrängung – und sie glauben
kaum, dass dieser Kampf mit der Deutschen Wohnen als Vermieterin aufhören
wird.
Symbolisch für das profitmaximierende Treiben des bisherigen Besitzers, dem
Immobilieninvestor Horant Elgeti, der durch die [3][GV Nordost
Verwaltungsgesellschaft] mbH vertreten wird, stehe die Fassade des Hauses,
sagt Mieter Martin, der eigentlich anders heißt. Es ist schwer zu
übersehen, was er meint: Denn die Fassade reicht nicht bis zum Boden,
sondern bricht kurz zuvor ab. Darunter ist die entblößte Bausubstanz zu
sehen – und das schon seit November 2019, wie Martin mitteilt.
## Eingestellte Luxussanierung
Die GV Nordost habe plötzlich alle Arbeiten an der Fassade eingestellt,
erzählt er. Die Bauarbeiter:innen hätten einfach die Gerüste abgebaut
und seien verschwunden. Eine Mieterin berichtet, sie habe beobachtet, wie
bereits geliefertes Material aus dem Hinterhof wieder abtransportiert
wurde.
Dabei sei erst circa ein Jahr zuvor, an Weihnachten 2018, ein äußerst
umfassender Modernisierungskatalog angekündigt worden. Das Datum der
Ankündigung sei dabei kein Zufall gewesen, vermutet Martin. Denn nur wenige
Tage später, am 1. Januar 2019, trat eine Reform in Kraft, welche die
mögliche Umlage von Modernisierungskosten auf die Jahresmiete von 11 auf 8
Prozent absenkte.
Martin vermutet, dass die GV Nordost so versucht habe, „noch auf den
letzten Drücker eine ordentliche Renditesteigerung zu erzielen“. Doch dann
habe man sich offenbar entschieden, zu verkaufen – und seitdem habe sich
die Verwaltung kaum noch blicken lassen.
Die Mieter:innen kritisieren, dass der Bezirk nicht genug getan habe:
Der Verkauf sei nur deshalb zustande gekommen, da die Deutsche Wohnen
bereit gewesen sei, einen spekulativ hohen Preis zu zahlen, sagen sie. So
sei es den landeseigenen Wohnungsunternehmen unmöglich gemacht worden, das
Haus zu übernehmen. Wer das akzeptiere, lasse sich von den
Wohnungskonzernen „auf der Nase herumtanzen“, sagt Martin.
Der Verkauf ist nun nicht mehr abwendbar – doch Martin warnt, die Deutsche
Wohnen solle sich warm anziehen, sie übernehme ein kampferprobtes Haus.
Diverse Mieter:innen würden jetzt verstärkt dazu übergehen, sich [4][in
jenem Volksbegehren] zu engagieren, welches die Enteignung des
Wohnungskonzerns anstrebt.
18 Feb 2021
## LINKS
[1] https://www.morgenpost.de/printarchiv/seite3/article106154418/Tunnel-in-die…
[2] https://dielinke.berlin/fileadmin/download/2020/Was_ist_eine_Abwendungsvere…
[3] https://www.gvnordost.de/
[4] https://www.dwenteignen.de/
## AUTOREN
Timm Kühn
## TAGS
Im Haifischbecken
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Deutsche Wohnen
SPD
Köpi
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Rigaer94
## ARTIKEL ZUM THEMA
Volksbegehren Deutsche Wohnen & Co enteignen: Demokratie wagen
Die Enteignung wird als revolutionär abgestempelt, dabei ist sie eine
Reform. Das vergisst die SPD beim Volksbegehren.
Gentrifizierung in Berlin: Köpi-Wagenplatz droht Räumung
Ultimatum bis Ende Februar: Besitzer Startezia GmbH will ein gerichtliches
Räumungsurteil für den Bauwagenplatz an der Köpenicker Straße erwirken.
Akelius auf dem Immobilienmarkt Berlin: Hai ändert Schwimmstil
Die viel kritisierte Wohnungsfirma Akelius strukturiert um: Mietshäuser
werden in neue Firmen verschoben. Plant Akelius Verkäufe wegen des
Mietendeckels?
Gerichtsentscheidungen zur Rigaer 94: Polizeischutz für Eigentümerin
Zwei Gerichte urteilen zu Gunsten der Eigentümerin des Hausprojekts
Rigaer94. Diese dürfte mit Hilfe der Berliner Polizei das Gebäude betreten.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.