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# taz.de -- Von übervollen Abspülbecken: Dauerverstopfung am Küchenlokus
> Wozu gibt es in der Küche ein Spülbecken? Zum Spülen! Aber wie soll das
> gehen, wenn es andauernd voller Geschirr und Zeug steht,
> kruzifixnocheins?!??
Bild: Wie soll man so denn bitte abspülen?
Pedantisch bin ich ja nicht, aber manchmal liegen die Dinge einfach am
falschen Ort. Was ich zum Beispiel nie verstanden habe: warum manche Leute
Bücher am Lokus versammeln. Meistens sehen die dann auch noch aus wie, na
ja, etwas gequetscht eben, zerlesen oder was auch immer. Ich weiß es nicht.
Was macht man mit einem Buch auf dem Klo? Bei „Mensch ärgere Dich nicht“
kommt man doch auch nicht auf einmal mit einer Schachfigur um die Ecke.
Der Küchenlokus ist definitiv das Abspülbecken, in meinem Haushalt umso
akuter, seitdem meine Spülmaschine vor ein paar Wochen plötzlich zu brennen
anfing. Es muss also von Hand gesäubert werden, was auf dem anderen Lokus
seit noch gar nicht so langer Zeit unvorstellbar wäre. Und hier rückt nun
eine Fehlplatzierung in den Blick, die mir geradezu als praxeologisches
Paradox erscheinen will.
Für gewöhnliches Abspülen braucht man nur fünf Zutaten. Das sind, von links
nach rechts: dreckiges Geschirr; Wasserhahn, Seife, Säuberungsgerät;
Abtropfständer. Da der Wasserhahn aber die Zauberkraft der
Flüssigkeitszufuhr gezähmt hat, aus ihm, wie der Name sagt, W-a-s-s-e-r
herausläuft, er, mit nochmals anderen Worten, den Zugangskanal zu jener
fruchtbarkeitspendenden Ressource bietet, der das Leben sein Leben
verdankt, und die auch für das Abspülen von zentralster Bedeutung ist, wäre
es zur guten (um nicht zu sagen: flüssigen) Abwicklung dieser Prozesse
höchst wünschenswert, etwas Spiel-, ergo, Fließraum unterhalb jenes Hahns
zur Verfügung zu haben.
Die Krux: Den hat man oftmals nicht. Warum auch immer errichten Menschen
aller Altersgruppen ihre Geschirrberge ausgerechnet im Abspülbecken. Also
genau an dem Lokus, in den andere Kinder des Wassers gern so
alltagsnützliche Dinge wie Kochtöpfe, Gläser oder Taufbecken halten und sie
von der Macht des Stroms füllen und benetzen lassen würden, so sie denn
könnten.
Warum tun sie das? Prophylaktisch? In dem Fall wäre Nachsorge besser als
Vorsorge – denn diese Vorsorge macht noch mehr Sorge. Oder um Platz zu
sparen? An der falschen Stelle gespart. Man muss Platz investieren, um
Plätzchen zu ernten, und beim Nachbarn ist das Bad immer grüner.
Apropos Bad: Das dargelegte Verhalten ist in etwa so sinnvoll, wie die
Lokusbürste schon vor der Sitzung in der Schüssel zu parken. „Wird ja
sowieso dreckig“, wird die Pragmatikerin, in diesem Falle buchstäblich
kackendreist, Ihrem zerpflügten Gesicht entgegenschleudern. Doch Sie haben
die Zauberkraft der Spülung gezähmt – und sind, von innen wie von außen, so
alkalisch und rein wie ein Glas Babybrei im Sonnenschein.
16 Jan 2021
## AUTOREN
Adrian Schulz
## TAGS
Kolumne Ungenießbar
Küche
Klo
Abwasch
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