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# taz.de -- Emissionshandel und Weihnachten: CO2 statt Goldbarren
> Bitte schicken Sie unserem Autor zu Weihnachten keine geräucherte
> Rinderhälfte und auch keine fair gehandelten Goldbarren. Er hat eine
> bessere Idee.
Bild: Bitte ausnahmsweise dieses Jahr keine fair gehandelten Goldbarren zu Weih…
Ich weiß doch, wie es Ihnen geht, liebe LeserInnen: Nächste Woche ist
Weihnachten, jetzt sind die Läden zu und Sie haben wieder mal keine Idee,
was Sie schenken sollen. Sie fragen sich: Mit welchen guten Gaben zeige ich
zu Weihnachten Dankbarkeit und Zuneigung? Vor allem solchen Menschen, die
a) nichts brauchen, b) nichts wollen, c) alles haben, aber d) insgeheim
doch eine tolle Überraschung erwarten?
Ich selbst bin da ein gutes Beispiel. Jedes Jahr zur Weihnachtszeit meldet
sich mein Briefträger krank, weil er es nicht schafft, all die Kartons,
Päckchen, Säcke und Container zu meinem Schreibtisch zu schleppen, mit
denen mich meine LeserInnen überschütten.
[1][Ich muss Sie deshalb dringend bitten,] von Geschenken in diesem Jahr
ausnahmsweise einmal abzusehen: An der geräucherten Rinderhälfte der
letzten Weihnacht hat meine teilvegetarische Familie immer noch zu
knabbern; in unserer Tiefgarage ist inzwischen einfach kein Platz mehr für
das alljährliche neueste Tesla-Modell.
Und bitte schicken Sie auch keine fair gehandelten Goldbarren mehr an mein
Postfach bei der taz. Der Kollege am Empfang hat’s im Rücken, und die
Dinger sind wirklich unglaublich schwer.
## Geld in Kohlendioxid anlegen
Aber es wird Weihnachten, und ich will Sie nicht ohne einen guten Tipp in
die Dunkelheit des Shutdowns entlassen. Wenn Sie also mir, sich, der Welt,
Ihren Kindern und der Zukunft ein Geschenk machen wollen, könnten Sie Ihr
Geld in Kohlendioxid anlegen. Und ganz einfach und bequem mit ein paar
Mausklicks am Europäischen Emissionshandel teilnehmen.
Auf der Website [2][compensators.org] können Sie ganz nach Lust, Laune und
Kontostand CO2-Emissionen reduzieren. Einfach derzeit 35 Euro pro Tonne
Klimagas überweisen, und – zack – schon haben Sie der Atmosphäre 1.000
Kilogramm Klimakiller erspart. Danke dafür!
Das Ganze ist seriös, keine Angst. Denn Sie machen, was sonst nur
Chemiefabriken oder Kohlekraftwerke tun: Sie kaufen eine Lizenz zum
Verschmutzen. Aber die nutzen Sie nicht. Nein, Sie lassen Sie einfach
liegen. Die Vorteile: Sie helfen dem Klima, Sie entlasten Ihr Ökogewissen
(wenn Sie Ihre jährliche Klimaschuld von 10 Tonnen abbüßen, ist für ein
Jahr Ruhe), Sie unterstützen über den „Energie- und Klimafonds“ die
Energiewende und Sie ärgern die Industrie, weil die Preise steigen.
Außerdem können Sie bei Ihren Freunden angeben. Das ist schon mal 35 Euro
wert.
Seit 2006 haben die Compensators, eine Idee von Klimawissenschaftlern, nach
eigenen Angaben rund 40.000 Tonnen CO2 stillgelegt. Nicht schlecht.
Allerdings gibt die EU jedes Jahr knapp 2 Milliarden Zertifikate aus. Da
wartet also noch ein großer Schlitten voller Weihnachtsgeschenke. Sie
können die Luftbuchungen schließlich auch für einen lieben Menschen tätigen
und ihm oder ihr das gute Gewissen schenken.
Also, wie gesagt: Behalten Sie in diesem Jahr bitte die Rolex-Uhren, die
Kästen voller Champagnerflaschen und die Krawatten mit Goldrand für sich –
wenn Sie Ihrem Kolumnisten eine Freude machen wollen, überraschen Sie ihn
mit einem romantischen CO2-Zertifikat. Und falls ich doch dringend etwas
zum Einpacken unterm Weihnachtsbaum brauche, kann ich immer auf meine
Nachbarn zählen: Bei [3][nebenan.de] gibt es nur zwei Straßen weiter ein
Lillifee-Einhorn-Schaukelpferd zu verschenken. Nicht ganz mein Stil. Aber
für die Rettung der Welt kann man zu Weihnachten schon mal ein Opfer
bringen.
18 Dec 2020
## LINKS
[1] /Superhelden-als-Oeko-Monster/!5736561
[2] https://www.compensators.org/
[3] https://nebenan.de/
## AUTOREN
Bernhard Pötter
## TAGS
Wir retten die Welt
CO2-Zertifikate
Schwerpunkt Klimawandel
China
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