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# taz.de -- Nach dem Brand im Hambacher Wald: Einseitige Berichterstattung
> Verletzter nach Baumhausbrand außer Gefahr. Medial machen Vorwürfe gegen
> die BesetzerInnen die Runde. Wer will hier eigentlich was?
Bild: Die verbrannten Reste und ein Holzofen aus dem abgebrannten Baumhaus
Aachen taz | Die Nachricht war vom Dienstag: [1][Bei einem Feuer in einem
Baumhaus im Hambacher Wald] war am Montagabend ein Mann schwer verletzt
worden. Er kam mit einem Rettungshubschrauber in eine Aachener Klinik. Was
folgte, waren Spekulationen und tendenziöse Halbwahrheiten über die
BesetzerInnen, die den Wald seit Jahren gegen die Abbaggerung für den
Braunkohletagebau verteidigen.
In den Meldungen der Agenturen und in sozialen Medien war von „Barrikaden
im Wald“ zu lesen, die im Dunkeln Zufahrt und Einsatz behindert hätten.
Tatsächlich sind die einzigen Barrikaden in der Umgebung die Steinpoller,
die der Braunkohlekonzern RWE rund um die alte Autobahn A4 platziert hat,
in unmittelbarer Nähe zum Brandort.
Ein Polizeisprecher bestätigte der taz: „Alle Zuwegungen waren frei. Das
Wort Barrikade haben wir nie in den Mund genommen. Das Wort hat über die
Agenturen Beine bekommen. Es gab laut Einsatzprotokoll lediglich Gerümpel
und Baumaterial unter dem Baumhaus.“
In der Aachener Zeitung schrieb Reporter Marlon Gego von „linksextremen
Waldbesetzern“. Er zitierte einen Eil-Tweet der BewohnerInnen aus der
Brandnacht, man möge Blaulichtfahrzeuge „bitte nicht angreifen“, es habe
einen Unfall gegeben. Ein Leser kommentierte das so: „Es ist dort offenbar
üblich, Dienstfahrzeuge anzugreifen. Dass die Rettungsdienste überhaupt
bereit waren, in dieses Waldgebiet zu fahren, muss ihnen hoch angerechnet
werden.“
## Aufgeputschte Situation
Tatsächlich gibt es über Jahre hinweg beidseitig [2][dokumentierte Gewalt –
von RWE-Sicherheitsleuten, Polizei] und auch aus der Waldszene, wo
beispielsweise auch schon Zwillen eingesetzt wurden. Die Wortwahl im Tweet
unterschied sich nicht von der längst etablierten martialischen Sprache,
die im Wald gegenüber Werkschützern und PolizistInnen verwendet wird.
Der Text über den Verunglückten aus dem Baumhaus, das in dem Text
„Krähennest“ genannt wird, was aber der Name der ganzen Siedlung ist, war
mit Fotos des angekohlten Baumhaus-Inventars am Boden illustriert.
LeserInnen kommentierten auch hier schnell abwertend: „Wenn man sich die
Bilder anschaut, muss man sich doch die Frage stellen, inwiefern es sich
hier um ‚Waldschützer‘ handelt. Brandrodung und Vermüllung trifft es wohl
eher!“
Gego schrieb, das Opfer werde per Haftbefehl gesucht, erklärte aber nicht,
dass es dabei um geringe nicht bezahlte Geldstrafen geht. Einen
Zusammenhang mit dem Braunkohlewiderstand gibt es nicht. „Irgendwelche
Lappalien“, so der Polizeisprecher zur taz. Das sehe man an den geringen
Beträgen. Ausgestellt hat ihn die Staatsanwaltschaft Mühlhausen/Thüringen.
Unklar ist auch, was überhaupt passiert ist: Hat der Mann fahrlässig mit
offenem Feuer geheizt, gekocht? Das Brandgutachten dauert. Hinweise zu
Fremdverschulden gibt es laut Polizei „überhaupt nicht“. Die Aufklärung
kann dauern. Zu Weihnachten gabe es bereits einen Brand in der Mahnwache
vor dem Hambacher Wald. Der Polizeisprecher sagt nur: „Die Ermittlungen
laufen. Zeugen werden noch vernommen.“ Ein Anschlag, von Rechtsaußen oder
aus militanten RWE-Sympatisantenkreisen, sei „weiterhin nicht
auszuschließen“.
Im Wald zwischen Köln und Aachen, den der Kohlegigant RWE bis vor Kurzem
weggraben wollte, harren [3][trotz einer politischen Bestandsgarantie] nach
wie vor zwischen 50 und 100 Menschen in Dutzenden Baumhäusern aus.
Nach Auskunft des Polizeisprechers ist der am Montag verletzte Mann
operiert worden, es bestehe keine Lebensgefahr. Ob er nach Genesung
wirklich vom Krankenbett ins Gefängnis muss, sei wegen der Coronalage
unklar. Da will man niemanden wegen Lappalien unnötig gefährden.
14 Jan 2021
## LINKS
[1] /Brand-im-Hambacher-Forst/!5743007
[2] /Polizeigewalt-im-Hambacher-Forst/!5695542
[3] /Archiv-Suche/!5714915&s=hambacher&SuchRahmen=Print/
## AUTOREN
Bernd Müllender
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
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Kohle
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