# taz.de -- Alltagsrassismus in der Kneipe: Ermittlungen eingestellt | |
> Das Bündnis „Bremerhaven bleibt bunt“ hat erfolglos Anzeige erstattet | |
> gegen einen Wirt, der auf seiner Getränkekarte „Bimbo“ anbietet. | |
Bild: Bei manchen Kneipen wäre es kein Verlust, wenn sie auch nach dem Lockdow… | |
HAMBURG taz | Wenn die Bremerhavener „Union-Stuben“ nach dem Lockdown | |
wieder geöffnet haben, wird dort wohl ein umstrittenes Getränk besonders | |
häufig bestellt werden: ein Mix aus Lakritz, Wodka und Türkischem Pfeffer, | |
Preis: 1,80 Euro, Name: „Bimbo“. Der Geschäftsführer der Gaststätte nebst | |
Kiosk darf die Mischung mit der rassistischen Bezeichnung weiter anbieten. | |
Das Bündnis „Bremerhaven bliebt bunt“ hatte Anzeige erstattet. Ohne Erfolg: | |
Die Staatsanwaltschaft Bremen hat die Ermittlungen eingestellt. | |
Zu Weihnachten erreichte das Bündnis ein zweiseitiges Schreiben der | |
Staatsanwaltschaft. Strafrechtlich, so heißt es darin, sei „die bloße | |
Verwendung eines diskriminierenden, beleidigenden Begriffs noch kein | |
Angriff auf die Menschenwürde“ und es hätten sich „auch keine ausreichend… | |
Anhaltspunkte für böswilliges Verächtlichmachen“ ergeben, gibt das Bündnis | |
das Schreiben wieder. | |
„Man fragt sich, wie der Verfasser zu diesen Schlussfolgerungen gekommen | |
ist“, sagt Hannelore Beutel vom Bündnis, die Anzeige erstattet hatte. Und | |
sie sagt weiter: „Bereits das aufmerksame Lesen der Presse und ein Blick in | |
die sozialen Medien hätte gereicht, um zu erkennen, dass die ‚Union Stuben‘ | |
gerne von Leuten besucht wird, die aus ihrer rechten und rassistischen | |
Einstellung kein Geheimnis machen.“ | |
Im Juli vergangenen Jahres war das Bündnis auf das Getränk auf der Karte | |
aufmerksam geworden. Neben dem Namen: eine Karikatur, eine schwarze, dicke | |
Figur mit breiten roten Lippen. Die Figur trägt einen Pullover, auf dem | |
„Bimbo“ steht, und eine zerfranste Hose. | |
## Einladung, rassistisch zu sprechen | |
„Der Begriff ist im Kontext mit dem Bild zu sehen, wo Sprache und Bild sich | |
wechselseitig verstärken. Auf klassische, rassistische Weise werden da | |
körperliche Merkmale hervorgehoben“, sagte Silke Betscher damals der taz. | |
Für die Ethnologin und Kulturwissenschaftlerin an der Universität Bremen | |
ist die Abbildung ein „klassischer Fall von Alltagsrassismus und kolonialen | |
Stereotypen“. Der Begriff „Bimbo“ sei in Deutschland in der Kolonialzeit | |
populär geworden, eben auch als diskriminierende Bezeichnung für Menschen | |
vom afrikanischen Kontinent. Die Verwendung auf der Karte sei „eine | |
Einladung dazu, rassistisch zu sprechen“, so Betscher. | |
Diese Einschätzung teilt Sönke Florian Gerhold, Professor für Strafrecht an | |
der Universität Bremen auch. „Diese Getränkekarte mag geschmacklos und | |
politisch nicht korrekt sein“, sagt er. Den Straftatbestand der Beleidigung | |
erfülle sie jedoch nicht. Auch volksverhetzend sei sie nicht, da eine | |
ausreichend abgrenzbare Personengruppe betroffen sein müsste. | |
Auf Facebook platzierte der Geschäftsführer der Gaststätte daraufhin „aus | |
aktuellem Anlass der hitzigen Diskussion“ eine Werbung für ein neues | |
Getränk: „Rotgrüner Faschist“. Zur Illustration bildete er eine | |
Mussolini-Figur ab, mit einer Aufschrift, die die Nachnamen des | |
italienischen Faschisten und der Anzeigeerstatterin kombiniert: „Damit | |
einem auch nachhaltig klar wird, was einem hier seinem Geschmack | |
aufzwängt.“ Gegen die Einstellung der Ermittlungen will das Bündnis | |
Beschwerde einlegen. | |
7 Jan 2021 | |
## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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