# taz.de -- Vorsprung bei Vierschanzentournee: Polens Adler fliegen | |
> Skispringer Kamil Stoch steht vor dem Gesamtsieg, sein Kollege Dawid | |
> Kubacki auf Platz zwei. Bei der Konkurrenz herrscht Frust. | |
Bild: Freut sich für sich und die Kollegen: Kamil Stoch am Bergisel in Innsbru… | |
Dass Kamil Stoch bei der virtuellen Sieger-Pressekonferenz mit einem | |
breiten Lachen hinterm Mikrofon saß, braucht niemanden zu verwundern. „Es | |
war ein fantastischer Tag, mir sind gute Sprünge gelungen“, sagte der | |
33-Jährige. | |
Es ist bei dieser Vierschanzentournee eben nicht der Norweger Halvor Egner | |
Granerud, der Führende im Weltcup, der dominiert. Auch nicht [1][Karl | |
Geiger], der Skiflug-Weltmeister. Vor dem Abschlussspringen in | |
Bischofshofen haben die keine Chancen auf den Gesamtsieg. | |
In Führung liegt Kamil Stoch, der in Innsbruck gewann, vor seinem | |
polnischen Teamkollegen Dawid Kubacki, Sieger des Neujahrsspringens in | |
Garmisch-Partenkirchen. Neben den Siegern stand jeweils noch ein | |
Teamkollege auf dem Podest. | |
So viel polnische Dominanz schlägt sich auch in der Gesamtwertung nieder. | |
Hinter Spitzenreiter Stoch (809,9 Punkte) folgt Kubacki (794,7) auf Platz | |
zwei. Zyla belegt mit 763,3 Punkten Platz acht, Zehnter ist Andrzej Stekala | |
(760,3). | |
## „Ein wirklich richtig starkes Team“ | |
Entsprechend feiert Stoch seinen bevorstehenden Vierschanzen-Sieg nicht | |
alleine. „Sie sind auch toll gesprungen, das freut mich sehr für sie“, | |
lobte er die Kollegen. Nicht weniger euphorisch war Kubacki: „Ich bin | |
glücklich, dass wieder ein zweiter polnischer Junge neben mir stand.“ Dann | |
spielen sich die beiden die Bälle zu. „Es macht Spaß, Teil eines so tollen | |
Teams zu sein“, sagt Stoch. „Wir sind momentan ein wirklich richtig starkes | |
Team“, ergänzt Kubacki, „auch mit Piotr und Andrzej.“ | |
Als die Österreicher vor wenigen Jahren siebenmal hintereinander den | |
Gesamtsieger gestellt hatten, nannten sie sich selbst „Super-Adler“. So | |
hochtrabend wollen sich die Polen jedoch nicht bezeichnen, obwohl sie knapp | |
vor dem vierten Erfolg in fünf Jahren stehen. [2][2017 und 2018] war es | |
Stoch, bei seinem zweiten Triumph waren ihm als erst zweitem Springer nach | |
Sven Hannawald Siege bei allen vier Springen geglückt. Und im vergangenen | |
Jahr durfte Kubacki den goldenen Adler in Empfang nehmen. | |
24 Punkte, das sind etwa 14 Meter, beträgt Stochs Vorsprung auf den | |
Viertplatzierten Karl Geiger. „Vor mir liegen mit Stoch und Kubacki saugute | |
Sportler, saugute Skispringer – Kamil müsste schon ein Bock passieren“, | |
sagt der Oberstdorfer, der zum Auftakt sein Heimspringen gewinnen konnte. | |
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich ein Kamil Stoch das jetzt noch | |
nehmen lässt“, sagt auch Stefan Horngacher. Der Bundestrainer kennt Stoch | |
bestens, schließlich hat er ihn vor seinem Engagement beim Deutschen | |
Skiverband drei Jahre lang als polnischer Cheftrainer betreut. Und zu | |
seinen beiden Tournee-Triumphen geführt. | |
Man kann auch sagen, dass der 51-jährige Österreicher den Grundstein für | |
die jetzige Stärke des polnischen Teams gelegt hat. „Ich habe ihnen | |
wahrscheinlich schon viel Know-how hinterlassen und gezeigt, wie man es | |
machen muss“, sagte er am Montag. Vor allem im Nachwuchsbereich hat er die | |
entscheidenden Weichen auf Erfolg gestellt. | |
Man mag sich diese Tournee ohne die Polen gar nicht vorstellen. Doch es hat | |
nicht viel gefehlt und sie hätten unverrichteter Sprünge wieder heimreisen | |
müssen. Beim obligatorischen Coronatest in Oberstdorf war Klemens Muranka | |
mit einem positiven Ergebnis aufgefallen. Weil er mit fünf Teamkollegen | |
zehn Stunden während der Fahrt ins Allgäu gemeinsam in einem Bus verbracht | |
hatte, hatte das Gesundheitsamt entschieden: Quarantäne, keine Teilnahme an | |
der Qualifikation. | |
## Der Premierminister engagiert sich | |
Erst nachdem zwei Nachtests bei allen Probanten negative Ergebnisse | |
gebracht hatten, durften Stoch und Kollegen doch noch antreten. „Die | |
Vorfälle von Oberstdorf sind Geschichte“, sagte Stoch nach seinem | |
Innsbruck-Sieg, „ich kann nur denen danken, die sich für unseren Start | |
eingesetzt haben.“ Dazu hat auch Ministerpräsident Mateusz Morawiecki | |
gehört. | |
Die Konkurrenz ist frustriert. „Ich habe das Gefühl, dass die Bedingungen | |
die ganze Tournee für die Polen günstig waren“, sagt Halvor Egner Granerud. | |
„Es war furchtbar nervig, Kamil Stoch wieder gewinnen zu sehen.“ | |
Kurze Zeit später folgte die Entschuldigung. „Hallo an Kamil, ich wollte | |
nichts Schlechtes über deine Sprünge sagen, sondern es war der Frust über | |
mein eigenes Ergebnis. Es war ein harter Tag für mich. Ich hätte kein | |
Interview geben sollen, wenn ich wütend bin.“ | |
5 Jan 2021 | |
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## AUTOREN | |
Klaus-Eckhard Jost | |
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