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# taz.de -- Auftakt der Vierschanzentournee: Sprung in die Favoritenrolle
> Karl Geiger hat das Springen in seinem Heimatort Oberstdorf gewonnen.
> Nicht nur deshalb ist er ein Kandidat für den Sieg in der Gesamtwertung.
Bild: Überm Ski: Karl Geiger über Oberstdorf
Oberstdorf taz | Was wäre wohl gewesen, wenn …? Man möchte es sich gar
nicht vorstellen, wenn 25.000 Zuschauer in der [1][Schattenbergarena in
Oberstdorf] an diesem Tag dabei gewesen wären. Die Geräuschkulisse im
weiten Rund wäre ohrenbetäubend gewesen. Doch es saßen und standen keine
Zuschauer auf den Stahltribünen. Stadionsprecher Jens Zimmermann mühte sich
dennoch redlich um Stimmung.
Schließlich war es ein historischer Moment: Karl Geiger hat das
Auftaktspringen der Vierschanzentournee gewonnen. 61 Jahre nach Max Bolkart
ist er der erste Oberstdorfer, dem dies in seiner Heimatgemeinde gelungen
ist. „Ich bin sehr stolz, dass ich in Oberstdorf gewonnen habe“, sagte er
in seiner gewohnt unaufgeregten Art.
Nach seinem Triumph steht er in einer Reihe mit deutschen Skisprunggrößen
wie Jens Weißflog, Dieter Thoma, Jochen Danneberg, Sven Hannawald oder
Martin Schmitt. Sie alle haben zum Auftakt einer Tournee Oberstdorf als
Sieger verlassen. Einige dieser Erfolge hat er selbst live miterlebt. Denn
selbstverständlich war Geiger als Kind regelmäßig als Fan an der Schanze.
„Ich kann mich noch bestens an die Siege von Martin Schmitt erinnern, der
zwischen 1998 und 2000 dreimal hintereinander gewonnen hat“, erinnert er
sich, „das war schon ziemlich cool damals.“
Die Schanze ist zwar nur einen Kilometer Luftlinie von seinem Zuhause
entfernt, doch weil auf einen Sieger jede Menge Verpflichtungen warten, war
er erst spät ins Mannschaftshotel in Tiefenbach gekommen. Und so hatte er
selbst am Morgen danach mit seiner Frau Franziska und seinen Eltern Roman
und Monika lediglich per Whatsapp Kontakt. Persönlich konnte er mit den
Seinen noch nicht sprechen.
## Schwierige Bedingungen
Nicht allein der Sieg macht den 27-jährigen [2][Skiflug-Weltmeister] nun
zum Anwärter auf den Gesamtsieg dieser Tournee, es ist mehr die Art und
Weise, wie ihm das geglückt ist. „Es war kein einfacher Wettkampf, man hat
abliefern müssen“, sagt er. Vor den besten Springern hatte es zu schneien
begonnen. Und es war auch Wind aufgekommen. Geiger musste vor seinem
zweiten Sprung lange auf dem Bakken sitzen, ehe er diesen wieder räumen
musste.
Dann musste ein Vorspringer den Schnee aus der Spur fahren. Erst danach war
Geiger als Letzter des Wettbewerbs dran. „Was bleibt mir im Endeffekt
anderes übrig, als kühl zu bleiben?“, fragte er hernach und gab dann
umgehend die Antwort: „In Hektik zu verfallen wäre die falsche Lösung.“
Entsprechend abgeklärt fiel sein Kommentar auch am Morgen danach aus: „Dass
mir coole Sprünge in diesem Maße gelungen sind, macht mich unglaublich
glücklich.“ Natürlich gab’s für den Springer dann auch Lob von
Bundestrainer Stefan Horngacher: „Karl hat das durchgezogen – vom
Feinsten.“
Zwar liegen nach dem Erfolg alle Hoffnungen auf Karl Geiger, doch auch
Markus Eisenbichler hat sein Können aufblitzen lassen. Zumindest in einem
Durchgang. „Eisei hat seinen Sprung etwas vernudelt“, beschrieb Coach
Horngacher auf drastische Weise den 118-Meter-Hüpfer, „wir hatten schon
Angst, dass er ausscheidet.“ Als 27. hat es der Siegsdorfer aber gerade
noch in den zweiten Durchgang geschafft. Mit viel Wut im Bauch ließ er dann
einen 142-Meter-Flug folgen. Der weiteste Sprung des Wettbewerbs. „Eiseis
zweiter Sprung war schon der Hammer“, meinte auch Sieger Geiger.
Wie es seine bodenständige Art ist, agiert Karl Geiger sehr zurückhaltend,
wenn es ums Thema Gesamtsieg geht. „Es gibt einen Menge Jungs“, beginnt er
ganz allgemein, um dann konkret zu werden: „Kamil (Stoch) ist sehr stark.“
Auch die beiden Norweger Marius Lindvik, bei der vergangenen Tournee
überraschend Zweiter vor Geiger, und Saisonseriensieger Halvor Egner
Granerud dürfe man nicht unterschätzen. „Und Eisei hat im zweiten Durchgang
gezeigt, was er kann“, so Geiger.
Auf der Fahrt nach Garmisch-Partenkirchen konnte Geiger endlich mit seiner
Frau telefonieren. Und sich auch nach ihrer Tochter Luisa erkundigen, die
vor zwei Wochen geboren wurde. „Meine Tochter werde ich erst nach der
Tournee wieder sehen“, sagte er. Trotz Maske konnte man erkennen, dass ihn
das selbst in der Euphorie des Sieges traurig machte.
30 Dec 2020
## LINKS
[1] /Coronaschaeden-bei-Vierschanzentournee/!5734814
[2] /Weltmeister-im-Skispringen/!5733575
## AUTOREN
Klaus-Eckhard Jost
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Gerade wegen seiner Fähigkeiten hofft er auf schwierige Bedingungen.
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