Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Monsterkatzenjagd
> Neues aus Neuseeland: Kaum ist Corona down under verschwunden, da wird
> Aotearoa von der nächsten biologischen Plage heimgesucht.
Während Donald Trump noch immer glaubt, dass er Präsident ist, schlagen wir
Kiwis uns mit einer weit größeren Glaubensfrage herum. Schottland hat
Nessie, Tibet seinen Yeti – aber haben wir wilde Tiger? Vergesst die
Schlangen, Spinnen und Dingos Australiens! Mysteriöse Monsterkatzen machen
angeblich unsere Südinsel unsicher.
Da Corona seit Monaten kein wirkliches Thema mehr in Aotearoa ist, werden
wir jetzt von anderen biologischen Plagen heimgesucht. Eigentlich ist es
eine uralte Mär, die in den letzten Monaten wieder aufkochte. Aber
vielleicht ist es doch keine „urban tale“, sondern ein Scherz der Natur,
dass ausgerechnet auf dem Kontinent ohne gefährliche Tiere heimlich
Raubtiere herumstreunen.
Mitte des Jahres trudelten die Sichtungen ein: Riesenkatzen, fast so groß
wie ein Labrador, wurden auf Feldern und in einem Steinbruch gesichtet. Ein
Possumjäger, der einem Biest im Busch begegnete, schwor, nach dem Anblick
nicht mehr allein auf die Pirsch zu gehen. Schon sieben Jahre zuvor sah ein
Mann in Timaru ein pantherähnliches Tier auf dem Highway: „Ein Meter lang,
mit einem tiefen, kehligen Fauchen.“
Die Legende der Riesenkatzen reicht lange zurück: 1962 sah jemand einen
Puma in der Cromwell-Schlucht, 1977 wurde ein Tiger auf den Straßen von
Kaiapoi der Polizei gemeldet. Trotz Suche fand man nichts außer Spuren am
Strand. Über die Jahre folgten weitere Fälle, aber noch nie so viele wie in
diesem Jahr. Sind durch den Lockdown und den reduzierten Verkehr nicht nur
Vögel zurückgekehrt, sondern auch Monsterkatzen?
Woher sie stammen, ist ebenfalls ungeklärt. Goldwäscher hätten einst zahme
Pumas mit ins Land gebracht, heißt es. Oder ein Wanderzirkus. Eine
beliebte, aber inzwischen entkräftete Theorie: Ein schwangeres Pumaweibchen
wurde 1915 auf einem Cargo-Schiff von Amerika nach Australien gebracht und
büxte beim Zwischenstopp im Hafen von Lyttelton aus.
Der Orana Wildlife Park in Christchurch ist der einzige Zoo mit offenen
Gehegen in der Gegend und sagt, ihnen sei noch nie solch ein Tier
entkommen. Die Agrarbehörde hat sich mehrfach in großem Stil auf die Suche
in den Wäldern gemacht, aber nichts gefunden. Rätselhaft bleibt auch, dass
keiner der Panther, Pumas oder Tiger gefangen werden konnte – trotz Fallen
mit lebenden Ziegen.
Yolanda van Heezik ist Zoologieprofessorin in Dunedin und sagt, die
Sichtungen seien echt – aber es seien keine Buschtiger, sondern über die
Jahre mutierte, verwilderte Hauskatzen. „Die Leute haben diese falsche
Vorstellung, dass Katzen klein und dünn sind“, sagt sie. In kälterem Klima
werden sie über die Jahre jedoch riesig. Im März wurde eine wilde Hauskatze
mit siebzehn Eidechsen im Magen gefunden.
Ich habe meine eigene Theorie, warum Kiwis plötzlich überall Monsterkatzen
sehen: Während des Lockdowns haben sie alle die irre Netflix-Serie „Tiger
King“ geschaut.
10 Dec 2020
## AUTOREN
Anke Richter
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Neuseeland
Katzen
Hysterie
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
Kolumne Die Wahrheit
Verschwörungsmythen und Corona
Kolumne Die Wahrheit
Neuseeland
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Quirrsinn
Neues aus Neuseeland: Auch Downunder treibt der Irrsinn die schönsten
Blüten. Selbst die Modebranche ist nicht davor gefeit.
Die Wahrheit: Der Lupinen-Friedhof
Neues aus Neuseeland: Auf der Südhalbkugel ist gerade Sommer. Wirklich!
Zeit, einen Ausflug an den See zu unternehmen.
Die Wahrheit: Liebesquarantäne
Neues aus Neuseeland: Die Top-Kiwis des Jahres 2020 sind gewählt. Auf Platz
eins findet sich ein besonderes Coronapaar.
Die Wahrheit: Tanz mir den Icke
Neues aus Neuseeland: Die von Corona verstrahlten Verschwörungstrottel
tummeln sich down under gern auf Hippie-Festivals.
Die Wahrheit: Federn gegen Tattoo
Neues aus Neuseeland: Eurozentristisches Exotik-Getöse ist in Aotearoa
vernehmbar, geht es um das Kinn-Tattoo der neuen Außenministerin. Come on!
Die Wahrheit: Männerköpfe rollen
Neues aus Neuseeland: Nach der Wahl ist in Aotearoa die Zeit des großen
Aufräumens angebrochen. Alte Säcke verschwinden.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.