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# taz.de -- Die Wahrheit: Quirrsinn
> Neues aus Neuseeland: Auch Downunder treibt der Irrsinn die schönsten
> Blüten. Selbst die Modebranche ist nicht davor gefeit.
Wir leben im Paralleluniversum: Sommerpartys, Segelregatten und nur 25
Coronatote seit der Pandemie. Das Virus haben wir im Griff, die Verseuchung
der Hirne jedoch nicht. Rechter Verschwörungsglaube treibt auch in Aotearoa
seltsame Blüten, besonders modische. Der Stürmer-Look von Capitol Hill hat
den America’s Cup in Auckland erreicht. Und der QAnon-Irrsinn, kurz
Quirrsinn, eine berühmte Dessous-Firma.
Unter Neuseelands Superreichen, die Champagner am Hafen trinken, tauchte
zum Regattastart am Wochenende auch Ollie Wall auf. Er ist Makler und Sohn
des Immobilienmoguls Graham Wall. Der ist eng mit dem deutschen Milliardär
Peter Thiel verbandelt, der auf dubiosem Wege neuseeländischer Staatsbürger
und zur umstrittenen Figur Down Under wurde. Jetzt hat Wall Junior seinen
eigenen Skandal – nachdem er ein Foto von sich postete, auf dem er dem
Segelteam American Magic zujubelt.
„We stormin’ the water“, steht darauf. Auf dem Kopf trug Wall eine
Fellkappe mit Hörnern – Abziehbild des „Q-Schamanen“ und Schauspielers J…
Angeli beim Sturm aufs Kapitol in Washington. Walls rechte Hand hielt ein
Megafon, die linke Pranke ruhte auf der Brust einer jungen Frau, und der
nackte Torso war mit den Symbolen verziert, die sein amerikanischer
Doppelgänger bereits als Tattoo ausgeführt hatte: Thors Hammer und andere
Neonazi-Embleme. Auf dem Arm prangte Trumps Mexiko-Mauer.
So reich, so dumm. In einer [1][öffentlichen PR-Entschuldigung] behauptete
der Segelfan am nächsten Tag, keine Ahnung von der politischen Bedeutung
seines Kostüms gehabt zu haben – obwohl eine seiner Insta-Stories den Titel
„Storm the capitol!“ trug. Ähnlich unglaubwürdig ahnungslos und noch
schlimmer agierten zuletzt andere betuchte Influencer aus Auckland: die
Besitzer der Dessous-Firma Lonely, Neuseelands erfolgreichster Mode-Export
und Liebling in Hollywood.
## So Lonely
Die Kardashians sind erklärte Lonely-Fans, „Girls“-Stars Lena Dunham und
Jemima Kirke modelten BHs für sie – umsonst, da die Wäschemarke mit
positivem Körpergefühl in allen Größen warb. Die progressive Unterwäsche
bekam im letzten Jahr jedoch braune Spuren. Firmenchef Steve Ferguson haute
monatelang verstrahlte Social-Media-Post raus: von Pizzagate bis „Covid is
fake“, „climate change is fake news“ und „Jacinda Ardern is a transsexu…
Elite Cabalist“. Q-Schlüpfer statt G-Strings.
Als Zwangsideologie von oben kursierte in der Firma außerdem „Starseeds“,
eine Art UFO-Religion aus Kalifornien. Als der Rechtsruck der [2][New-Ager]
aufflog, redeten sie sich damit heraus, ihre Profile seien gehackt worden.
Ob ihr neuer Flagship-Laden in Los Angeles jemals eröffnet wird, ist noch
unklar. Und auch für Ollie Walls Favorit [3][American Magic] sieht es
schlecht aus: Anfang der Woche kenterte deren Jacht im Hafen von Auckland.
„Patriot“ heißt sie.
21 Jan 2021
## LINKS
[1] https://www.nzherald.co.nz/nz/top-real-estate-man-ollie-wall-apologises-for…
[2] https://www.ensemblemagazine.co.nz/articles/lonely
[3] https://www.newsroom.co.nz/patriot-games-the-grim-rise-and-fall-of-american…
## AUTOREN
Anke Richter
## TAGS
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Neuseeland
Verschwörung
QAnon
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