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# taz.de -- Die Wahrheit: Die Quarantäne-Sirene
> Neues aus Neuseeland: Aotearoas stringente Coronamaßnahmen stoßen nicht
> bei allen Einreisenden auf ungeteilte Zustimmung.
Dass wir uns hier feiernd und reisend frei bewegen können, ist bekannt.
Dass man für das coronafreie Paradies einen Preis bezahlt, eher weniger.
Der heißt MIQ und kostet pro Kopf 3.100 Dollar. „Managed isolation
quarantine“ ist der antivirale Schutzwall des Bauern- und Anglerstaates:
zwei Wochen Hotelzimmerquarantäne nach Überschreiten der Grenze, streng vom
Militär bewacht, kontrollierter Hofgang.
Das fühlt sich an wie im Stasi-Knast, mit entsprechenden Zwangsmaßnahmen.
Statt in Verhören sollen die MIQ-Insassen regelmäßig mit Covidtests
gefoltert werden, um das Inselvolk vor Feindesviren zu schützen. Bei solch
krassen Menschenrechtsverletzungen dreht man schnell mal durch. So wie
Lucinda Baulch aus Australien, die ihre drei Pflegekinder nach Neuseeland
bringen musste.
Dort sollten die Kleinen nach Ankunft und MIQ neuen Eltern übergeben werden
– und ihre Begleitperson nach der Eingewöhnungszeit zurück nach Australien
fliegen. Allesamt kamen sie ins Grand Mercure Hotel in Wellington. Die
Kinder wurden routinemäßig getestet und nach 14 Tagen entlassen, da
negativ. Ihre Pflegemama saß noch mal so lange fest. Sie weigerte sich
nämlich, den vorgeschriebenen PCR-Test machen zu lassen.
Als Tierpflegerin habe sie einen „medizinischen Background“ und brauche
daher „informed consent“, bevor sie den Abstrich in der Nase machen lasse.
Radio New Zealand erzählte die Konsent-Kämpferin, dass sie Internetberichte
über den Covidtest gelesen habe, wonach er unwirksam sei. Erst wenn es
eindeutige Beweise dafür gäbe, dass er funktioniere, würde sie einwilligen.
Alles andere sei übergriffig und illegal.
Der letzte Test findet stets am zwölften Tag der Quarantäne statt. Wer ihn
verweigert, kann auch ohne Symptome bis zu 28 Tage in MIQ gehalten werden –
um sicherzustellen, dass kein Virus eingeschleppt wurde, der sich
spätestens bis dann bemerkbar gemacht hätte. Für Baulch eine Zumutung. Sie
drohte an, nach ihrem Rückflug vor Gericht zu gehen. Oppositionspolitikerin
Judith Collins dagegen forderte, sie lieber sofort abzuschieben.
Mit einmal Googeln hätte die Rebellin erfahren, dass der PCR-Test sehr wohl
verlässlich ist. Und mit ein wenig mehr Googeln hätten all die Medien, die
ihren Feldzug begleiteten, herausgefunden, dass Lucinda Baulch noch ganz
andere Plattformen bedient. Ihre Hotelisolation verbrachte sie damit,
neunmal im Youtube-Channel einer prominenten Verschwörungstheoretikerin
aufzutreten.
Karin Brewster heißt sie und verbreitet Lügen über Impfungen, Fluor im
Wasser und Freimaurer. Voriges Jahr musste Brewster einer australischen
Politikerin rund 500.000 Euro Schmerzensgeld zahlen, weil sie sie als
„Mitglied eines geheimen Pädophilen-Netzwerks“ bezeichnet hatte. Von
Lucinda Baulch wurde sie jedoch gelobt: Der Missinformationskanal habe sie
im MIQ-Knast gerettet. Amnesty International steht jetzt sicher bereit.
4 Mar 2021
## AUTOREN
Anke Richter
## TAGS
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