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# taz.de -- Zentralbank erhöht Leitzins: Türkische Lira erholt sich
> Der neue Notenbankchef widersetzt sich Präsident Erdogan und erhöht den
> Leitzins. Umgehend zieht die türkische Währung an.
Bild: Nach Leitzinsehöhung: Die türkische Lira legt gegenüber dem Dollar um …
Istanbul taz | Der seit [1][zwei Jahren anhaltende Währungsverfall] der
türkischen Lira scheint erst einmal gestoppt. Nach einer am
Donnerstagmittag von der türkischen Zentralbank verkündeten Erhöhung des
Leitzinses um knapp 5 Prozent legte die türkische Lira gegenüber Dollar und
Euro sofort um 2 Prozent zu und kostet jetzt erstmals seit Monaten wieder
weniger als 9 Lira für einen Euro.
Die [2][Trendwende für die Lira hatte bereits vor zehn Tagen begonnen], als
Präsident Recep Tayyip Erdogan seinen Finanzminister und Schwiegersohn
Berat Albayrak vor die Tür setzte und sowohl Finanzministerium wie auch die
Leitung der Zentralbank neu besetzte. Seitdem hat die Lira mit der
Zinserhöhung insgesamt wieder rund 8 Prozent an Wert zugelegt.
Der neue Notenbankchef Naci Agbal hat sich mit der Zinserhöhung über die
Mahnung von Präsident Erdogan hinweggesetzt, der noch am Mittwoch gesagt
hatte, er sei gegen eine Zinserhöhung, weil dann türkische Unternehmen
weniger investieren und weniger Arbeitsplätze schaffen würden.
Seit Jahren hatte Erdogan mit seiner erklärten Gegnerschaft von Zinsen mit
dafür gesorgt, dass Investoren ihr Geld aus der Türkei abzogen und die
türkische Währung dadurch auf eine lang anhaltende Talfahrt schickten. Um
den Lira-Absturz auch ohne Zinserhöhungen abzubremsen, hatten
Finanzminister Albayrak und der frühere Notenbankchef Murat Uysal fast 120
Milliarden Dollar an Devisenreserven verbrannt, ohne den Abwärtstrend
stoppen zu können.
## Türkische Unternehmen investieren nicht
Jetzt ist die Zentralbank pleite und die türkischen Unternehmen investieren
dennoch nicht, weil viele von ihnen Milliarden Schulden in Dollar
begleichen müssen. Diese konnten sie immer schwerer aufbringen, solange die
Lira an Wert verlor. Das Ergebnis waren Firmenpleiten und eine hohe
Inflation, die vor allem für die ärmere Bevölkerung das Leben immer teurer
machte. Als die Zustimmungswerte für Erdogan daraufhin stark zurückgingen,
ordnete er einen Wechsel in der Finanzpolitik an – und opferte dafür seinen
Schwiegersohn, der eigentlich einmal hatte sein Erbe antreten sollen.
Erdogans Aufstieg als Alleinherrscher in der Türkei ist eng damit
verknüpft, dass es ihm und seinen früheren Wirtschafts- und Finanzministern
in den ersten Jahren der Regierung der AKP von 2002 bis 2012 gelungen war,
das Bruttosozialprodukt der Türkei nahezu zu verdreifachen. Damit erhöhte
er den Wohlstand in der Bevölkerung fühlbar. Davon ist nach diversen Krisen
seit 2013 nicht mehr viel zu spüren.
Je mehr Erdogan seine autokratische Herrschaft etablierte, umso mehr
stagnierte die Wirtschaftsentwicklung – und ging zuletzt sogar stark
zurück. Die meisten Beobachter sind deshalb auch der Meinung, dass eine
Zinswende allein nicht reicht, um wieder auf Wachstumskurs zu kommen. Ohne
eine Rückkehr zu einer unabhängigen Justiz und einer unabhängigen
Zentralbank, so Oppositionsführer Kemal Kilicdaroglu, werde sich an der
grundlegenden Misere nichts ändern.
19 Nov 2020
## LINKS
[1] /Neues-Rekordtief-fuer-Waehrung/!5702160
[2] /Absturz-der-tuerkischen-Lira/!5724004
## AUTOREN
Jürgen Gottschlich
## TAGS
Türkei
Recep Tayyip Erdoğan
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