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# taz.de -- Boxverband und Ramie Al-Masri: „Der Ausschluss droht“
> Ramie Al-Masri erklärt, wie er als künftiger Präsident den korrupten
> Weltverband der Amateurboxer in die Sportfamilie zurückbringen würde.
Bild: Zweifelhafter Geltungsdrang allerorten: Das Image des Weltverbands der Am…
taz: Herr Al-Masri, Sie wollen Präsident der Aiba werden, des Weltverbands
der Amateurboxer. Warum? Einen undankbareren Sportfunktionärsjob gibt es
aktuell nicht.
Ramie Al-Masri: Das ist wohl wahr. Aber abgesehen davon, dass mein Sport
nun mal der Boxsport ist, glaube ich, dass ich in der Lage wäre, die
gröbsten Probleme der Aiba so weit zu richten, dass man den Verband auf
einer soliden Basis wieder nach vorn bringen könnte.
Das klingt sehr optimistisch. Immerhin wurde der Verband im vergangenen
Jahr [1][vom Internationalen Olympischen Komitee (IOC) suspendiert.]
Missmanagement im Finanzbereich wurde festgestellt, Korruption,
Ethikverstöße, intransparente Verbandsführung und Mängel im
Antidopingkampf.
Nebst einem [2][mangelhaften Kampfrichterwesen.]
Da spielt die Korruption rein. Kämpfe wurden teils sehr deutlich nicht nach
Leistung entschieden.
Richtig. All diese Mängel, die im Bericht des IOC aufgeführt werden, müsste
man akribisch analysieren und dann Lösungsansätze liefern, die das IOC
akzeptieren kann. Das ist bisher nur mangelhaft geschehen. Ich glaube, dass
die aktuell Verantwortlichen sich der Tragweite ihrer Entscheidungen nicht
ganz bewusst sind.
Wieso nicht? Die Zuschüsse des IOC sind seit 2016 eingefroren, und weder
die Qualifikation für die Spiele in Tokio noch das Olympiaturnier darf die
Aiba ausrichten. Deutlicher kann ein Verband nicht abgestraft werden.
Das IOC hat eine grundlegende personelle Erneuerung gefordert. Das Problem
daran: Wenn Sie bei der Aiba an der Macht wären und feststellen würden,
dass „grundlegende personelle Erneuerung“ bedeutet, dass Sie den Ast
absägen müssen, auf dem sie sitzen, würde das Ihre Bereitschaft, selbiges
zu tun, auch entscheidend verringern.
Es nutzt aber auch nichts, auf diesem Ast zu sitzen und in der großen Welt
des Sports nicht mehr mitspielen zu dürfen.
Genau das ist das Problem. An dieser Stelle komme ich ins Spiel. Ich will
versuchen, die strukturelle und personelle Erneuerung der Aiba anzugehen.
Nur so hat der Verband eine Chance, wieder vom IOC anerkannt zu werden. Als
Informatiker bin ich gewöhnt, Sachverhalte zu analysieren und so zu
zerlegen, dass daraus bequeme Einzelschritte werden, die leicht
realisierbar sind. Eine solche analytische Vorgehensweise ist meiner
Meinung nach in der Aiba jetzt nötig, um die Forderungen des IOC zu
erfüllen.
Am 12. Dezember wählen die 202 Delegierten der nationalen Verbände den
neuen Aiba-Präsidenten …
… wobei etwa 30 Prozent der Mitgliedsländer gar nicht stimmberechtigt sein
sollen, weil sie finanziellen Verpflichtungen nicht nachgekommen sind und
so ihr Wahlrecht verloren haben.
Weshalb der Kandidat Domingo Bienvenido Solano aus der Dominikanischen
Republik die Abgaben für etliche Karibikländer übernommen hat – damit diese
ja für ihn stimmen.
Ja. So ist es wohl gewesen.
Was ihn als Kämpfer gegen die Korruption disqualifiziert.
Richtig. Ich kenne die Hintergründe dieser Aktion nicht. Sollten die
Zahlungen mit seinem Wissen erfolgt sein, würde ihn das natürlich
disqualifizieren. Er beteuert aber, nichts damit zu tun gehabt zu haben.
Bei mir gibt es auch eine finanzielle Verbindung zur Aiba – die ich
allerdings von Anfang an offen gelegt habe: Mit meiner Firma haben wir eine
Software für den Verband entwickelt, aber wegen ihrer
Zahlungsschwierigkeiten hat die Aiba die Rechnung bis heute nicht
beglichen.
Sie hätten also auch einen privaten Grund, diesen Verband zu retten.
Das eine hat mit dem anderen nichts zu tun. Früher oder später wird der
Verband entweder pleite sein, dann muss ich das Geld abschreiben, oder –
wenn nicht ich – jemand anderes rettet die Aiba. Dann kann ich die
Forderungen geltend machen. Würde ich dem Verband vorstehen, wäre das für
meine finanziellen Forderungen eher kontraproduktiv. Um jeglichem Verdacht
des Machtmissbrauchs vorzubeugen, wäre ich sicherlich der Letzte, dem ich
Geld anweisen lassen würde.
Der russische Kandidat Umar Kremljow ist in der Vergangenheit damit
aufgefallen, dass er die Ausrichtung von Europameisterschaften in Polen
oder Montenegro finanzieren wollte und dass er verspricht, die rund 20
Millionen Euro Schulden der Aiba in nur sechs Monaten zu begleichen.
Kremljow hat schon im letzten Jahr angeboten, aus seiner privaten Schatulle
… – inwieweit die wirklich privat ist, da kann man nur spekulieren...
… er gilt als Mann des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
So heißt es, ja. Auf jeden Fall wollte er die Schulden begleichen, um den
olympischen Boxsport zu retten.
Und welche Verbindlichkeiten damit verbunden wären, hat er wahrscheinlich
nicht erwähnt.
Ganz genau. Das Problem: In Zeiten knapper Kassen wird man möglicherweise
einem solchen Strohhalm, der ja schon eher einem Baumstamm gleicht, Glauben
schenken und sich dem Geld zuwenden. Man darf aber nicht vergessen,
[3][dass auch der letzte Präsident, Gafur Rachimow aus Usbekistan,
seinerzeit ähnliche Versprechungen machte und sie nicht einhielt.]
Das ist jener Präsident, dessen Kontakte in die organisierte Kriminalität
die Entscheidung des IOC zur Suspendierung mit befeuert haben.
Richtig. Und Kremljow hat zuletzt die Sitzungen des Exekutivkomitees der
Aiba finanziert. Es darf bezweifelt werden, dass dies ohne Hintergedanken
und vollkommen uneigennützig geschehen ist. Die Hand, die einen füttert,
beißt man nicht. Wenn es bei russischen Boxern zu knappen Kämpfen kommt,
kann eine solche Vorarbeit entscheidend dafür sein, wem der Sieg
zugesprochen wird.
Und Kandidaten wie Kremljow haben dennoch Chancen, Präsident zu werden?
Ja, leider ist dem so. Das erklärt die Sorge, dass das Boxen aus der
olympischen Familie ausgeschlossen werden könnte.
Warum verdient es das Amateurboxen dennoch, gerettet zu werden?
Boxen ist ein toller Sport. Neben der körperlichen Fitness ist gerade im
Boxen eine enorme Disziplin erforderlich, um erfolgreich zu sein. Es ist
eine der ältesten Sportarten der Welt und hat meiner Ansicht nach eine gute
Zukunft verdient. Deshalb will ich die Mammutaufgabe angehen, den
Weltverband zu reformieren.
16 Nov 2020
## LINKS
[1] /Kolumne-Pressschlag/!5597561
[2] /Boxen-bei-Olympia/!5330259
[3] https://www.spiegel.de/sport/sonst/boxen-umstrittener-aiba-praesident-gafur…
## AUTOREN
Susanne Rohlfing
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