Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Rechsextreme Burschenschaft: Nazimucke im Führerstübchen
> Die Heidelberger Burschenschaft Normannia fiel mit einem antisemitischen
> Angriff auf – und ist offenbar rechtsextrem durchsetzt. Es droht ein
> Verbot.
Bild: Das Haus der Burschenschaft Normannia in Heidelberg
Stuttgart taz | Der Vorfall vom Sommer müsste eigentlich genügen, um zu
wissen, welches Gedankengut seit Jahren im Burschenschaftshaus unterhalb
des Heidelberger Schloss gepflegt wird. Im August wurde bekannt, dass ein
Student mit laut Polizei „jüdischen Wurzeln“ auf einer Feier der
Burschenschaft „Normannia“ antisemitisch gedemütigt, mit Gürteln geschlag…
und mit Geld beworfen worden sein soll. Der Mann hatte leichte Verletzungen
davongetragen und Anzeige erstattet. Gegen acht Beschuldigte wird seitdem
in der Sache ermittelt.
Für ihre Nähe zur rechten Szene ist die Normannia seit Jahren bekannt.
Immer wieder gastieren Vortragsredner mit klar rechtsextremem Hintergrund
im Haus. Außerdem ist der bekannte neurechte Publizist Michael Paulwitz ein
Alter Herr der Verbindung. Er soll auch bei der fragwürdigen
Wahlkampfunterstützung der AfD im Landtagswahlkampf 2016 als Strohmann
fungiert haben.
Doch trotz der bekannten Nähe zum Rechtsextremismus taten die Funktionäre
der Normannia in der Öffentlichkeit so, als habe es sich bei der
„Gürtelung“ um eine einmalige Entgleisung gehandelt. „Man dulde keinen
Antisemitismus auf dem Haus“, heißt es in großen Lettern auf der Webseite,
die Gemeinschaft der Studenten im Haus wurde aufgelöst und mehrere Alte
Herren traten aus.
Interne Dokumente, aus denen die örtliche [1][Rhein-Neckar-Zeitung ]
zitiert, zeichnen allerdings ein anderes Bild. Danach haben seit Jahren
Mitglieder der Verbindung intern unverblümt rechtsextremes Gedankengut
gepflegt. Da beleidigt ein Mitglied einen schwarzen Bundeswehrkameraden und
prahlt damit, sich absichtlich nicht neben diesen gesetzt zu haben.
## Auflösung oder Verbot?
Hitlergrüße durch Armheben, Rufe und in schriftlicher Form sind in internen
Briefen und Mails dokumentiert, genauso wie das Tragen von
„wehrmachtsähnlicher Kleidung“. In der mit Kriegsdevotionalien dekorierten
Kellerbar des Hauses, intern „Führerstübchen“ genannt, soll bei
Verbindungsabenden immer wieder rechtsextreme Musik gelaufen sein. Etwas
dagegen zu tun, wurde zwar unter den Funktionären diskutiert, die
verfassungsfeindliche Haltung einiger Mitglieder sollte jedoch keinesfalls
nach außen dringen.
Zwei weitere Vorgänge haben nun Konsequenzen für die Verantwortlichen. So
wurde bekannt, dass sich zuletzt regelmäßig Mitglieder der vom
Verfassungsschutz beobachteten [2][Identitären Bewegung (IB)] im
Verbindungshaus getroffen haben. Der stellvertretende Kreisvorsitzende der
örtlichen CDU Egon Manz soll als Alter Herr und ehemaliger Vorsitzender der
Burschenschaft davon informiert gewesen sein, soll aber nichts dagegen
unternommen haben. Er erklärte auf öffentlichen Druck seinen Austritt bei
der Normannia. Die örtliche SPD forderte Manz auf, auch von seinen
Parteiämtern zurückzutreten. Er sei „für eine demokratische Partei nicht
tragbar“. Dies wies die CDU bisher jedoch zurück.
Einen weiteren Alten Herrn der Normannia kostete die Nähe zu
Rechtsradikalen seinen Job. Es war ein Foto von einem Burschenschaftsabend
der Normannia an die Öffentlichkeit gelangt, das den bisherigen
Geschäftsführer des MVV Regioplan, einem Tochterunternehmen der MVV Energie
AG, mit einem anderen Verbindungsmitglied zusammen zeigt, der den rechten
Arm zum Hitlergruß erhebt. Der Geschäftsführer wurde daraufhin von der MVV
Energie AG entlassen.
Nach Bekanntwerden dieser Vorfälle gibt sich der Vorstand der
Burschenschaft nun reuig und diskutiert sogar über die Auflösung des
Verbindung. Der [3][Antisemitismusbeauftragte des Landes Baden-Württemberg
Michael Blume], selbst CDU-Mitglied, wünscht sich via Twitter statt der
Selbstauflösung aber ein offizielles Verbot der Burschenschaft samt
Beschlagnahme von Unterlagen und Beweisstücken, um ein umfassendes Bild der
rechtsextremen Aktivitäten zu gewinnen.
„Die offizielle Auflösung sei nur ein „historisch bewährter Trick“, um …
einigen Jahren „wieder aufzutauchen“, ahnt Blume. Die SPD im Stuttgarter
Landtag findet, die Normannia sollte längst ein Prüffall für den
Verfassungsschutz sein, und hat beim Innenministerium eine entsprechende
Anfrage gestellt.
20 Oct 2020
## LINKS
[1] https://www.rnz.de/nachrichten/heidelberg_artikel,-heidelberg-die-normannia…
[2] /Twitter-sperrt-rechtsextreme-Accounts/!5698957
[3] /Antisemitismusbeauftragter-ueber-Corona-Leugner/!5712778
## AUTOREN
Benno Stieber
## TAGS
Rechtsextremismus
Burschenschaft
IG
Deutsche Burschenschaft
Rechtsextremismus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Rechtsextreme Verbindungen: Normannia auf Identitätssuche
Mit einem neuen Namen versucht sich die schlagende Verbindung
„Burschenschaft Normannia“ zu rehabilitieren. Glaubwürdig ist der Plan
nicht.
Legaler Waffenbesitz für Neonazis: Schwer bewaffnete Rechte
Rechtsextreme horten legal jede Menge Waffen. Das geht aus der Antwort des
Innenministeriums auf die Anfrage einer Linken-Abgeordneten hervor.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.