# taz.de -- GHBV Bremen ist am Ende: Insolvenz nach über 100 Jahren | |
> Die Rettung des Gesamthafenbetriebsvereins ist gescheitert. Schuld soll | |
> der Betriebsrat sein, der den ausgehandelten Tarifvertrag abgelehnt hat. | |
Bild: Bremens Hafenarbeiter gucken künftig auch im übertragenen Sinn in die R… | |
BREMEN taz | Es könnte das Ende einer über hundertjährigen Geschichte | |
werden: Der Gesamthafenbetriebsverein im Land Bremen (GHBV) ist insolvent. | |
Laut Gewerkschaft Ver.di wurde der Ausschuss für Personal und Arbeit des | |
Unternehmens am Dienstag darüber informiert. Anfang Dezember soll der | |
Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung eingereicht werden. | |
Dass sich der Hafen-Personaldienstleister in finanzieller Schieflage | |
befindet, ist nicht neu: Über ein mögliches Ende des GHBV gab es schon seit | |
der Finanzkrise 2009 immer wieder Spekulationen. Im Frühjahr 2018 wickelte | |
er seinen [1][kompletten Bereich Distribution ab –] zu groß war der | |
Konkurrenzdruck mit anderen Leiharbeitsfirmen. | |
Denn während in den Häfen andere Personaldienstleister nur aktiv werden | |
können, wenn der GHBV das genehmigt, besitzt er dieses Monopol im | |
hafennahen Logistikbereich nicht. Rund 500 GHBV-Angestellte waren damals | |
von der Schließung betroffen. Zwar wurde ein guter Teil von ihnen vom | |
Logistikkonzern BLG übernommen, an dem Bremen mehrheitlich beteiligt ist – | |
allerdings zu schlechteren Konditionen als zuvor. | |
Auf die Beine kam der GHBV trotz der Spartenschließung nicht wieder. „Wir | |
haben 2018 kein positives Ziel erreichen können“, sagte am Donnerstag bei | |
einer Pressekonferenz anlässlich der Insolvenz Michael Blach, | |
Vorstandsvorsitzender des GHBV. Deswegen habe man im März 2019 begonnen, | |
ein Zukunftskonzept zu entwickeln, bei dem klar gewesen sei, „dass | |
schmerzhafte Einschnitte folgen müssen“. | |
Konkret habe aus dem GHBV eine aus drei eigenständigen Geschäftsbereichen | |
bestehende GmbH aus dem Unternehmensverband Bremische Häfen (UBH) und der | |
Gewerkschaft Ver.di werden sollen. Personal sollte abgebaut werden in Form | |
von Vorruhestandsregelungen und Altersteilzeit, sowohl die | |
Wochenarbeitszeiten als auch bezahlte freie Tage sollten reduziert, dafür | |
aber die Standorte in Bremerhaven und Bremen erhalten bleiben. | |
Betriebsbedingte Kündigungen sollten bis Ende 2023 ausgeschlossen werden | |
„und die Unternehmen haben sich bereit erklärt, ihren finanziellen Anteil | |
zu erhöhen“, sagte Blach. Die Umsetzung der Pläne sei allerdings verzögert | |
worden, weil ab August wesentliche Bestandteile des Konzepts infrage | |
gestellt worden seien. | |
Was genau Blach damit meinte, geht aus einer am 19. August gestarteten | |
[2][Online-Petition] des Bremerhavener GHBV-Mitarbeiters Steven Geibel | |
hervor: Die Gewerkschaft, die die Arbeitnehmer der deutschen Seehäfen | |
vertritt, entpuppe sich im Rahmen des „GHB-Zukunftskonzepts“ immer mehr als | |
ein Arbeitgebervertreter, kritisiert er da. Durch das Konzept würden sich | |
die Arbeitsbedingungen, für die Jahrzehnte gekämpft worden sei, | |
verschlechtern. Das dürfe in einer modernen Arbeitswelt nicht das Ziel | |
einer Gewerkschaft sein. Im September dann lehnte der GHB-Betriebsrat den | |
von Ver.di ausgehandelten Haustarifvertrag rundweg ab und drohte sogar mit | |
Klage. | |
„Die finanzielle Schieflage ist in der Zeit zu groß geworden“, so Blach. | |
Die Umsetzung des Zukunftskonzepts sei wegen der Verzögerung durch den | |
Betriebsrat nicht mehr möglich gewesen „und somit gescheitert“. | |
Das Vertrauen zu Ver.di sei im Rahmen der Tarifverhandlungen auf eine harte | |
Probe gestellt worden, räumte Ver.di-Bezirksgeschäftsführer Markus | |
Westermann ein. Dennoch sei die Enttäuschung sehr groß, „weil wir uns auf | |
einem guten Weg mit den Betriebsräten befunden haben“. Ob das Konstrukt der | |
Beteiligung von Hafenunternehmen und Ver.di noch für die Zukunft tauge, | |
müsse nun geprüft werden. Wichtig sei nun, alle Arbeitsplätze in einem | |
tariflichen Bereich zu behalten: „Das Land Bremen ist in der Verantwortung, | |
dass wir hier keinen Niedriglohnbereich bekommen“, sagte Westermann. | |
Laut UBH-Präsident Hans-Joachim Schnitger sind die Löhne der rund 1.300 | |
GHBV-Mitarbeiter samt Sonderzahlungen bis Jahresende gesichert. Wie viele | |
Stellen auf dem Spiel stünden, wisse derzeit niemand. „Nach dem | |
Insolvenzantrag müssen wir so viel von der GHB halten, wie es eben geht“, | |
sagte Michael Blach. | |
Der Betriebsrat des GHBV war bis Redaktionsschluss nicht erreichbar. | |
5 Nov 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Hafen-Jobs-in-Bremen/!5389652 | |
[2] https://www.openpetition.de/petition/online/stellungnahme-von-verdi-geforde… | |
## AUTOREN | |
Simone Schnase | |
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