# taz.de -- Hafenwirtschaft: Kein Schiff wird kommen | |
> Der Boom in der Hafenwirtschaft ist vorerst vorbei - in den bremischen | |
> Häfen verlieren demnächst wohl bis zu 1.400 ArbeiterInnen ihren Job. Auch | |
> in Hamburg, Rostock und Lübeck ist die Lage kritisch. Noch behilft man | |
> sich mit Kurzarbeit. | |
Bild: Ein Bild aus besseren Tagen: Bremerhaven wie es boomt und lacht. Jetzt dr… | |
Norddeutschlands Häfen geht die Arbeit aus. Weil der Containerumschlag in | |
den ersten Monaten dieses Jahres um ein Viertel, der Auto-Export sogar um | |
die Hälfte eingebrochen ist, drohen jetzt die ersten Entlassungen. Davon | |
betroffen sind zunächst 1.400 von rund 2.500 Beschäftigten des fast 100 | |
Jahre alten Gesamthafenbetriebsvereins in Bremen und Bremerhaven (GHB). Er | |
ist einer der größten Arbeitgeber in den bremischen Häfen. In den Häfen in | |
Hamburg, Lübeck oder Rostock wird die Lage als "angespannt" beschrieben. | |
Schon fordern Politiker wie Bremens SPD-Landeschef Uwe Beckmeyer | |
Bürgschaften und finanzielle Hilfen vom Bund. Darüber wird am Wochenende | |
auf der Maritimen Konferenz in Rostock debattiert. | |
Die Hafenbetriebsvereine wurden einst gegründet, um die konjunkturellen | |
Schwankungen in den Häfen auszugleichen. Sie halten Fachkräfte vor, die von | |
Unternehmen bei Bedarf angefordert werden. Sie dienen als Konjunkturpuffer | |
- und sollen das Prinzip von "Hire und Fire" verhindern. Dank einer | |
"Garantielohnkasse" bekommt auch Lohn, wer nicht beschäftigt wird. Doch | |
dieser Topf, in Bremen gefüllt mit rund 14 Millionen Euro, ist spätestens | |
im Herbst leer. Dann wäre die GHB pleite. | |
Auch in Rostock sei die Lage "desolat", sagt Harald Bethge von der | |
Gewerkschaft Ver.di. Das falle nur nicht so ins Gewicht, weil der dortige | |
Pool nur 80 HafenarbeiterInnen enthält. Und auch in Lübeck, sagt | |
Betriebsrat Holger Wochnik, "sieht es nicht viel besser aus als in Bremen". | |
275 MitarbeiterInnen hat der Lübecker Hafenbetriebsverein, rund 70 davon | |
haben derzeit keine Beschäftigung. Bald werde Kurzarbeit geschoben, sagt | |
Wochnik, von Kündigungen sei noch nicht die Rede. Doch der | |
Container-Umschlag - im vergangenen Jahr mehr als 30 Millionen Tonnen - ist | |
um ein Drittel zurückgegangen. | |
In Hamburg, wo der Hafenbetriebsverein 1.100 feste MitarbeiterInnen und | |
täglich bis zu 300 Aushilfen einsetzt, gibt es schon seit Januar | |
Kurzarbeit, die Personalanforderungen aus der Hafenwirtschaft seien um 40 | |
Prozent gesunken, sagt Betriebsrat Matthias von Dombrowski. Derzeit | |
arbeiten hier nicht mehr als 30 Prozent der Beschäftigten, beim GHB in | |
Bremen und Bremerhaven sind es sogar nur 20 Prozent. Für Aushilfen mit | |
Zeitvertrag ist da gar kein Platz mehr, 800 von ihnen wurde allein beim GHB | |
gekündigt, auch andernorts werden befristete Verträge nicht verlängert. | |
Noch im vergangenen Jahr, als von Rekordzahlen die Rede war, wurden Leute | |
eingestellt, 200 allein in Hamburg, mehr als je zuvor in einem Jahr. Dass | |
es in Bremen derzeit schlechter aussieht als in Hamburg, führt Ver.di | |
darauf zurück, dass die Logistik dort eine viel stärkere Rolle spielt als | |
in Hamburg, wo vornehmlich umgeschlagen wird. | |
Zunächst nicht betroffen sind beispielsweise die 5.000 HafenarbeiterInnen | |
des halbstaatlichen Logistik-Dienstleisters BLG. Ihre Jobs seien sicher, | |
sagte ein Firmensprecher. Auch bei der Hamburger Hafen und Logistik AG oder | |
Eurokai sind keine Entlassungen geplant. Beim Containerterminal-Betreiber | |
Eurogate erwägt man Kurzarbeit am Hauptstandort Bremerhaven. Die Gesamtzahl | |
der Hafenarbeiter in den 16 bedeutendsten Seehäfen wird auf 12.300 | |
beziffert. | |
Die Krise trifft also zunächst die Hafenbetriebsvereine. Ver.di hält sie | |
für "systemrelevant" und auch aus dem Bremer Wirtschaftsressort heißt es, | |
eine so "sinnvolle Einrichtung" dürfe "nicht verloren gehen". Der Bremer | |
SPD-Wirtschaftssenator Ralf Nagel signalisierte "Gesprächsbereitschaft", | |
von konkreten Hilfen ist nicht die Rede. Die Rettung der GHB sei eine | |
Aufgabe der Hafenwirtschaft, sagt ein Behördensprecher. Man gebe der GHB | |
"so viele Aufträge wie möglich", sagt dazu die BLG. Zu Spitzenzeiten | |
arbeiteten 2.500 GHB-Leute für die BLG. Derzeit sind es halb so viel. | |
23 Mar 2009 | |
## AUTOREN | |
Jan Zier | |
Jan Zier | |
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Verdi | |
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