# taz.de -- Sozialplan: Der verschmähte Rettungsring | |
> Neue Entlassungen verkündet der Gesamthafenbetriebsverein, bleibt aber | |
> unter seinen Befürchtungen. Die Beschäftigten wollen trotzdem gegen den | |
> Sozialplan klagen | |
Bild: Nicht jeder Rettungsring hält kritischer Prüfung stand | |
Statt der befürchteten 1.400 wird es beim Gesamthafenbetriebsverein (GHB) | |
in Bremen und Bremerhaven nur 1.000 Entlassungen geben. 103 Beschäftigte | |
gehen Ende Juli, 217 Beschäftige erhalten Änderungskündigungen. Das haben | |
Betriebsrat und Geschäftsführung in einem Sozialplan ausgehandelt. Der | |
stößt bei der Belegschaft aber auf Unmut: Viele GHB-Mitarbeiter wollen nun | |
gegen die Einigung klagen. | |
Als einer der größten Arbeitgeber der Bremer Häfen unterhält der GHB einen | |
Beschäftigten-Pool, der von Unternehmen bei Bedarf angefordert wird. Gibt | |
es dort keine Arbeit, werden die GHB-Beschäftigten aus der so genannten | |
Garantielohnkasse bezahlt. So gleicht der GHB die Konjunkturschwankungen im | |
Hafengeschäft aus. Der Einbruch im Zuge der Weltwirtschaftskrise trifft den | |
GHB hart. | |
Bei den Beschäftigten sorgen nun vor allem die Änderungskündigungen für | |
Ärger. Die sehen vor, dass die Betroffenen statt in Bremerhaven zukünftig | |
in Bremen arbeiten - für weniger Geld. Denn die Änderungskündigungen sind | |
mit Tarifwechseln verbunden. Statt 15 werde es nur noch acht Euro | |
Stundenlohn geben, erklärt der Betriebsratsvorsitzende Peter Frohn. | |
"Das ist den Leuten schwer zu erklären", sagt Harald Bethge, | |
Landesfachbereichsleiter Verkehr bei Ver.di. Nach dem Arbeitsrecht müsse | |
ein Arbeitgeber seinen Angestellten freie Stellen innerhalb des Betriebes | |
anbieten, statt ihnen zu kündigen. Auch wenn das einen geringeren Lohn | |
bedeute. | |
"Natürlich fühlen sich viele von diesem Angebot verschaukelt", sagt der | |
GHB-Geschäftsführer Hubertus Ritzke. In Zeiten der Wirtschaftskrise seien | |
die Maßnahmen aber "nackte Notwendigkeiten". | |
Die Enttäuschung besonders zu spüren bekommt Frohn. Von Zwist im | |
Betriebsrat ist die Rede, manche behaupten, der Vorsitzende sei Opfer von | |
Drohungen geworden. Frohn selbst sieht sich genötigt, Schmiergeldvorwürfe | |
zu dementieren: "Ich habe nie Geld genommen", beteuert er. Der Betriebsrat | |
in Bremerhaven wie auch der Gesamtbetriebsrat hätten dem Sozialplan | |
einstimmig zugestimmt. "Ich verstehe den Ärger der Beschäftigten", sagt | |
Frohn. "Persönlich werden sollte man aber nicht." | |
Heftigen Streit löse auch das Punktesystem des Sozialplans aus, sagt der | |
Ver.di-Mann Bethge. So würden zum Teil Ältere entlassen, Jüngere | |
weiterbeschäftigt. Das liege an den unterschiedlichen Qualifikationen, | |
erklärt Geschäftsführer Ritzke. Und es sei eine Frage der | |
"Vergleichbarkeit". Das Punktesystem, das Beschäftigungsdauer, Alter, | |
Familiensituation und Behinderungen berücksichtigt, sei auf Berufsgruppen | |
angewandt worden. "So kommt es, dass vielleicht ein einfacher Hafenarbeiter | |
entlassen wird, ein jüngerer aber bleibt, weil er Containerbrücken fahren | |
kann." | |
Für ihn ist der Sozialplan ein "Fortschritt". Derzeit gebe es für den GHB | |
nur 32 Prozent der Arbeitsauslastung vom Vorjahr. "Für 100 Prozent der | |
Belegschaft ist das zu wenig", sagt er. Dass es dennoch weniger | |
Entlassungen als erwartet gibt, gehe auf eine "beachtliche Leistung der | |
Hafenwirtschaft" zurück, so Ritzke. Unternehmen wie die BLG oder Eurogate | |
fahren Kurzarbeit und verzichten auf Mehrarbeit - so können sie weiterhin | |
GHB-Beschäftigte anfordern. Das sei bis Jahresende vereinbart. "Wie es dann | |
weitergeht", sagt Ritzke, "weiß niemand." | |
29 Jun 2009 | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
Teresa Havlicek | |
## TAGS | |
Verdi | |
Bremen | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
GHBV Bremen ist am Ende: Insolvenz nach über 100 Jahren | |
Die Rettung des Gesamthafenbetriebsvereins ist gescheitert. Schuld soll der | |
Betriebsrat sein, der den ausgehandelten Tarifvertrag abgelehnt hat. | |
Hafen-Jobs in Bremen: Nicht konkurrenzfähig | |
Von 530 Bremer GHB-Mitarbeitern haben 137 jetzt nur noch die Wahl zwischen | |
Transfergesellschaft und Abfindungen |