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# taz.de -- Pippi und die Coronaleugner:innen: Lieber langweilig als Langstrumpf
> Die politisch am häufigsten bemühte Kinderbuchfigur ist zurück. Nur: Was
> wollen Coronaleugner:innen im Pippi-Kostüm uns eigentlich sagen?
Bild: Die Schauspielerin Inger Nilsson im Film „Pippi in Taka-Tuka-Land“ vo…
Sie war wieder dabei: Pippi Langstrumpf. Ihren Auftritt hatte sie bei einer
Coronaleugner:innen-Demo am Sonntag in Berlin. Es war natürlich nicht
Pippi, sondern eine erwachsene Frau, die [1][als Pippi verkleidet] auf dem
Mittelstreifen der Karl-Marx-Allee im Stadtteil Friedrichshain tanzte –
zwischen zurückhaltenden Polizist:innen und maskenlosen Demonstrant:innen.
Immer wieder taucht Astrid Lindgrens berühmte Kinderbuchfigur im
politischen Diskurs auf und meistens geht es dabei um [2][alternative
Realitäten]. 2013 sang Andrea Nahles im Bundestag eine Zeile aus dem
Titellied der Pippi-Fernsehreihe, um zu sagen, dass die schwarzgelbe
Regierung sich etwas vormache: „Ich mach mir die Welt, widdewidde wie sie
mir gefällt.“
Auch unter Fußball-Ultras ist das Lied sehr beliebt. Die grölen zwar meist
nur die Melodie, doch ein Blick auf den Text des Liedes verrät etwas über
das Selbstverständnis von Pippi: „Jeder, der uns mag, kriegt unser
Einmaleins gelehrt“, heißt es darin. Mit anderen Worten: Erst wenn ihr auf
uns zukommt, verraten wir euch, wie unsere Welt funktioniert. Bei Kindern
ist die Faszination für diesen Zugang zum Miteinander absolut
nachvollziehbar. Aber wenn sich Erwachsene ernsthaft damit schmücken, wird
es unheimlich.
In der Streetart ist Astrid Lindgrens Figur oft mit dem Spruch „Sei Pippi,
nicht Annika“ zu sehen. Pippis Freundin Annika gilt, im Gegensatz zu der
rebellischen Pippi, als bürgerlich und behütet – und ein bisschen
langweilig. Der Spruch soll dazu ermuntern, sich den gesellschaftlichen
Normen zu entziehen.
## Ein Hauch von kindlicher Unantastbarkeit
Das Problem dabei ist: Als Pippi Langstrumpf in die Bücherregale und ins
Fernsehen kam, mag es erfrischend unkonventionell gewesen sein, dass ein
Mädchen dafür einsteht, Kind sein zu dürfen – und mit seiner entwaffnenden
Art starre Gesellschaftsmuster wie etwa die damalige rabiate Pädagogik
herausforderte und durchbrach.
Die Langstrumpf-Maskerade soll vermeintlich alternativen Weltanschauungen
einen Hauch von kindlicher Unantastbarkeit verleihen, so auch der diffusen
Bewegung der Coronaleugner:innen. Doch wer sich heute auf einer Demo mit
Pippi Langstrumpf schmückt, der:dem darf man unterstellen, dass es dabei
weniger ums Brechen von gesellschaftlichen Normen geht, sondern um das
eigene Recht auf kindlichen Egoismus.
27 Oct 2020
## LINKS
[1] https://www.tagesspiegel.de/berlin/nach-wilden-protesten-in-berlin-schluss-…
[2] /Astrid-Lindgren-und-die-Rechten/!5605205
## AUTOREN
Leonard Maximilian Schulz
## TAGS
Pippi Langstrumpf
Coronaleugner
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