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# taz.de -- Literaturfest Downtown Spandau Medina: Büchertisch mit Samowar
> Das Literaturfest „Downtown Spandau Medina“ bringt aktuelle Literatur an
> ungewöhnliche Orte. Ronya Othmann liest aus ihren Debütroman „Die
> Sommer“.
Bild: Ronya Othmann (li.) hat beim Literaturfestival Downtown Spandau Medina au…
Berlin taz | Zwischen Rosen, langen Gräsern und Brennnesseln sind die
distanzierten Sitzplätze. Abseits springt ein Nachbarsmädchen Springseil
und ein Hund läuft umher. Im Erdgeschoss eines
80er-Jahre-Brutalismus-Mietkomplexes befindet sich die Pizzeria Zamazingo,
einer der fünf Spielstätten des Leseparcours durch Spandau. Geplant war die
Lesung eigentlich in der Pizzeria, coronabedingt wurde diese nun in deren
Hinterhofgarten verlegt.
Neben Büchertisch und Rotwein steht der Samowar mit schwarzem Tee. Eine
neongrüne „Geöffnet“-Leuchtreklame und Zimmerpflanzen deuten auf der Büh…
eine Spätkaufästhetik an. Passend zum vorgestellten Buchcover – und zum
trüben Wetter – stehen lilafarbene Regenschirme bereit. Unter dem Titel
„Parallele Diasporien“ stellt Ronya Othmann, die bis vor Kurzem bei der taz
die Orient-Express-Kolumne schrieb, ihren Debütroman „Die Sommer“ vor.
Bente Scheller moderiert, sie ist Politologin und Leiterin des Referats
Nahost und Nordafrika der Heinrich Böll Stiftung.
Umhüllt von Pizzaduft und Nieselregen liest Ronya Othmann aus dem Leben von
Leyla, die ihre Sommer als jesidisch-deutsches Kind in Kurdistan verbringt
und sonst ihren Alltag in München. Sie ist eine Protagonistin, an der
„alles für alle irritierend ist“: In Deutschland sagen alle zu ihr:
Kurdistan gibt es nicht, und keiner versteht, was Jesiden sind – bis es
2014 zu deren Genozid durch den IS in Sindschar kommt. Die Nachrichten sind
von den Bildern voll, und Leylas Sommer im syrisch-kurdischen Dorf werden
nur noch Erinnerungen und keine Erlebnisse mehr.
„Die Sommer“ erzählt nicht nur eine Erinnerung des noch andauernden
Bürgerkriegs im Nahen Osten, sondern auch über das Leben zahlreicher
Jugendlicher, die zu Hause Gespräche mit den Eltern beim
Sonnenblumenknacken über bevorstehende Revolutionen in deren Heimatländern
haben und in einer dafür verständnislosen Gesellschaft in Deutschland
aufwachsen.
## Familiäre Atmosphäre, niedrigschwellige Begegnungen
Die Nähe zur Figur erkennt man nicht nur am leichten Münchner Akzent von
Othmann, sondern auch im Nachgespräch mit Scheller und dem Publikum. Denn
in der familiären Atmosphäre von [1][Downtown Spandau Medina] kommt es
schnell zu niedrigschwelligen Begegnungen. Das Publikum stellt Fragen,
erzählt aber auch von eigenen Erfahrungen als Kurd*innen.
„Ich wollte in meinem Umfeld Räume schaffen, an denen solche Gespräche
stattfinden können. Und da ich seit zwei Jahren in Spandau wohne, ist das
Projekt in Spandau“, erzählt Sandra Hetzl, Leiterin des Leseparcours, nach
der Lesung in der Pizzeria. Sie wirkt müde, aber auch glücklich, dass es
jetzt endlich funktioniert hat. Die Idee für Lesungen an unüblichen, aber
zum Programm passenden Orten außerhalb der hippen Bezirke stand schon seit
einem Jahr. Hetzl hat viele Hürden gemeistert: Erst mussten sie die
Lesungen in den Herbst verschieben, dann konnten sie einige Orte aus
hygienetechnischen Gründen nicht bespielen.
„Weil ich einen Bildenden-Kunst-Hintergrund habe, habe ich die Orte auch
unter einem ästhetischen Kriterium ausgewählt“, sagt sie. So stellt Gamerin
Aşkın Hayat Doğan am Mittwoch ihre Textsammlung „Urban Fantasy: Going
Intersectional“ auf dem Parkhaus der Spandauer Arkaden vor. „Es ist jetzt
nicht die Anfrage, aber es hat funktioniert“, sagt Hetzl.
Downtown Spandau Medina glänzt als Festival aber nicht nur mit den Orten,
sondern auch mit der Selbstverständlichkeit, mit der moderne
deutschsprachige Autor*innen zu Wort kommen, deren sprachliche Wurzeln
über den westeuropäischen Raum hinausgehen.
13 Oct 2020
## LINKS
[1] https://www.downtownspandau.org/
## AUTOREN
Jean Dumler
## TAGS
Kolumne Orient Express
Literatur
Spandau
Literatur
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Berlin
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