# taz.de -- Nobelpreis für Ökonomie: Ein Hoch auf den Markt | |
> Die schwedische Reichsbank, die den Wirtschaftsnobelpreis stiftet, bleibt | |
> ihrer Linie treu, Arbeiten auszuzeichnen, die um das Thema „Markt“ | |
> kreisen. | |
Bild: Gewinner des Nobelpreises für Ökonomie: die Professoren Wilson und Milg… | |
Es war spannend: Wer würde in diesem Jahr den Nobelpreis für Ökonomie | |
erhalten? Denn die Welt der Wirtschaft ist in Aufruhr, seitdem Corona | |
grassiert. Globale Lieferketten brechen zusammen, Regierungen verschulden | |
sich in unbekanntem Ausmaß, und in vielen Ländern nimmt die Armut | |
dramatisch zu. Doch für diese Gegenwart interessiert sich die schwedische | |
Reichsbank nicht, die den Nobelpreis für Ökonomie stiftet. Sie blieb ihrer | |
Linie treu, Arbeiten auszuzeichnen, die um das Thema „Markt“ kreisen. Für | |
die schwedische Reichsbank reduziert sich die Ökonomie auf ein ganz enges | |
Feld – nämlich auf das Zusammenspiel von Angebot und Nachfrage. | |
Immerhin: [1][In diesem Jahr sind die Preisträger nicht peinlich]. Auch das | |
gab es schon. Man denke etwa an Eugene Fama, der 2013 den Nobelpreis | |
erhielt – für die Behauptung, dass Finanzmärkte immer „effizient“ seien. | |
Dabei hatte die Finanzkrise das Gegenteil bewiesen. | |
Die [2][diesjährigen Preisträger Paul Milgrom und Robert Wilson] haben | |
erforscht, wie sich Bieter auf Auktionen verhalten – und wie sich dieses | |
Wissen praktisch nutzen lässt, wenn etwa der Staat Frequenzen für den | |
Mobilfunk versteigern will. Auch Deutschland hat entsprechende Verfahren | |
angewandt, um die 5G-Frequenzen zu verkaufen – was am Ende 6,55 Milliarden | |
Euro brachte. Dafür kann man ruhig einen Nobelpreis verteilen. | |
Trotzdem bleibt ein unguter Nachgeschmack. Denn in den Texten der | |
schwedischen Reichsbank ist unverkennbar, dass sie die Arbeiten von Milgrom | |
und Wilson zum Standardmodell verklären will, wie man „Märkte“ generell | |
untersuchen sollte. | |
Doch Auktionen sind nicht der Normalfall, sondern seltene Ausnahmen. Denn | |
es gibt explizite Regeln, und oft verfügen alle Bieter über die gleichen | |
Informationen. Für Konkurrenz ist also gesorgt. Normale Märkte | |
funktionieren anders: Dort kontrollieren Großkonzerne die gesamte | |
Wertschöpfungskette – und hebeln den Wettbewerb aus. Diese unschöne | |
Realität ignoriert man in Stockholm jedoch lieber, weil sonst nicht mehr | |
viel übrig bliebe von der Lehre vom „freien Markt“. | |
12 Oct 2020 | |
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## AUTOREN | |
Ulrike Herrmann | |
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