# taz.de -- Autozulieferer tilgen Blei aus Produkten: Conti und Bosch entgiften… | |
> Die Firmen haben zu viel Blei in Leiterplatten verarbeitet, dies selbst | |
> entdeckt und die Produktion nun geändert. Die Deutsche Umwelthilfe nennt | |
> das einen Skandal. | |
Bild: Ein 48-Volt-Elektromotor in der Produktion bei Continental | |
HANNOVER/STUTTGART dpa/taz | Continental und Bosch haben Autoteile mit zu | |
hohen Bleiwerten aus ihren Lieferketten entfernt und damit nach eigener | |
Aussage frühere [1][Verstöße gegen eine EU-Richtlinie bereinigt]. „Die | |
Umstellung der betroffenen Komponenten erfolgte vollumfänglich“, heißt es | |
bei Conti. Man verringere die Menge des Schwermetalls in den Produkten | |
inzwischen auch über die gesetzlichen Vorgaben hinaus, so das Unternehmen | |
zur Deutschen Presse-Agentur über den aktuellen Stand der Aufarbeitung. Der | |
Konkurrent Bosch erklärte ebenfalls, es würden nur noch Teile geliefert, | |
die den Vorschriften entsprächen. | |
Vor rund einem Jahr war bekannt geworden, dass in zahlreichen Fahrzeugen | |
elektrische Komponenten wie auf Leiterplatten montierte Kondensatoren und | |
Widerstände mit überhöhten Blei-Konzentrationen eingebaut worden waren. | |
Dabei sollen keine unmittelbaren Risiken für die Umwelt und für die | |
Gesundheit von Verbrauchern bestanden haben, denn die Teile sollen keinem | |
Verschleiß ausgesetzt gewesen sein. | |
Blei kann gefährlich sein, in kleineren Mengen vor allem in Form von | |
gelösten Verbindungen oder feinem Staub. Das Schwermetall kann Krebs | |
verursachen, Bleivergiftungen, die mit Müdigkeit, Kopfschmerzen, einer | |
fehlerhaften Blutbildung einhergehen sowie Unfruchtbarkeit und Schäden im | |
Erbgut hervorrufen. Das niedersächsische Umweltministerium hatte den | |
Continental-Konzern mit Hauptsitz in Hannover im August 2019 aufgefordert, | |
„einen Maßnahmenplan zu erstellen, der eine schnellstmögliche Reduzierung | |
des Bleigehalts der betroffenen Komponenten auf das zulässige Maß | |
gewährleistet“. | |
„Die EU hat aus gutem Grund anspruchsvolle Vorgaben gemacht, um den Einsatz | |
von Blei auf ein Mindestmaß zu reduzieren oder ganz zu vermeiden“, sagt | |
Thomas Fischer von der Deutschen Umwelthilfe (DUH). „Es ist ein Skandal, | |
dass Autohersteller ausgerechnet die Schadstoffgehalte der Autokomponenten | |
nicht genau überprüft haben“. Das dürfe nicht passieren und es könne nicht | |
sein, dass die Konzerne nun dafür gelobt werden, dass sie sich an Gesetze | |
halten, die ohnehin einzuhalten sind. „Zudem kann [2][bei der Problematik | |
des illegalen Exports von Autos, beispielsweise nach Afrika oder Asien], | |
nicht ausgeschlossen werden, dass die Bleikomponenten anderswo gravierenden | |
Schaden anrichten“, kritisiert Fischer. | |
## Qualitätsmanagement verbessern | |
Maßgeblich für die zulässigen Bleimengen in Fahrzeugteilen sind etwa die | |
Regelungen der europäischen Altfahrzeug-Richtlinie. Diese legt abhängig vom | |
Datum der Typgenehmigung eines Automodells bestimmte Grenzwerte fest. Hier | |
hatten sich in den Jahren 2013, 2015 und 2016 Änderungen ergeben, die die | |
beiden Zulieferer zumindest teilweise nicht mitvollzogen. Eine angepasste | |
Ausnahmeregelung war übersehen worden – in der Folge könnten die belasteten | |
Teile in Millionen Autos weltweit verbaut worden sein. Im Fall von | |
Continental kamen seit 2016 zu stark bleihaltige Bauteile in Umlauf. Die | |
Kondensatoren selbst erhielten die Hannoveraner von einem chinesischen | |
Hersteller. | |
Conti waren die zu großen Mengen selbst aufgefallen, das Unternehmen hatte | |
das Problem den Behörden im Juni des vorigen Jahres gemeldet. Die | |
überhöhten Blei-Konzentrationen sollen mit durchschnittlich 0,3 Milligramm | |
je Komponente oberhalb des Grenzwerts noch relativ gering gewesen sein. | |
„Das Fahrverhalten, die Emissionen sowie die Sicherheit werden durch die | |
Verwendung nicht beeinträchtigt. Darüber hinaus werden die potenziell nicht | |
konformen Bleimengen mit den gesetzlich zulässigen Anteilen im | |
Recyclingprozess zusammen zurückgewonnen.“ | |
Es gebe nun die interne Verpflichtung, „künftig grundsätzlich alle | |
Komponenten gemäß den Grenzwerten der Altfahrzeug-Richtlinie auszulegen“, | |
erklärten die Hannoveraner. Bei Bosch hieß es, man habe „seinerzeit die | |
Auslieferung betroffener Produkte sofort gestoppt und in Abstimmung mit den | |
Kunden die Lieferung auf richtlinienkonforme Teile umgestellt“. | |
„Die Autohersteller und ihre Zulieferer müssen ihr Qualitätsmanagement | |
dringend verbessern“, sagt Fischer von der DUH, „aber nicht nur das, | |
sondern auch beim Vollzug von Umweltgesetzen müssen die Länder mehr | |
machen.“ Gerade die Ereignisse rund um den Dieselskandal hätten doch | |
gezeigt, dass in der Autobranche ganz genau hingeschaut werden sollte – | |
auch beim Blei. | |
11 Sep 2020 | |
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