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# taz.de -- Massenproteste in Israel: Unterwegs im Autokonvoi
> Bevor Premier Netanjahu Demonstrationen wegen Corona einschränkt, drehen
> sie nochmal richtig auf. Die Menschen finden vorsorglich neue
> Protestformen.
Bild: Ob im Auto oder zu Fuß: Menschen demonstrieren in und vor Jerusalem gege…
Jerusalem taz | Der Konvoi will einfach nicht enden. „Es ist so aufregend“,
sagt Rivi Diamond. Man sieht ihr breites Lächeln auch unter der Maske. „Was
auch immer Netanjahu unternimmt, um die Proteste einzudämmen, es macht uns
nur stärker.“ Mit Hunderten anderen Demonstrant*innen steht sie auf einer
Autobahnbrücke kurz vor Jerusalem. Neben ihr liegen Aufkleber: „Geh!“ steht
darauf, im schwungvollen Schriftzug der Likud-Partei von Benjamin
Netanjahu.
In ihrer Hand hält Diamond eine schwarze Fahne, die zum Symbol der
[1][Protestbewegung gegen den Premier] geworden ist, eine Warnung vor dem
Ausverkauf der Demokratie. Sie schwenkt sie über den Autos, die hupend
unter ihr Richtung Jerusalem fahren, zum Amtssitz des Regierungschefs. Die
Laune der Demonstrant*innen ist ausgesprochen gut. Von der Brücke schallen
Protestsongs der Beatles und von Arik Einstein, dem israelischen Sänger.
Einige tanzen.
Seit Freitagmittag [2][gilt in Israel ein harscher Lockdown]. Ein großer
Teil der Bevölkerung geht davon aus, dass Netanjahu damit Demonstrationen
gegen sich verhindern wollte. Doch die Regierung konnte vor dem Wochenende
trotz Marathonsitzung eine Gesetzesänderung nicht rechtzeitig durchbringen,
die eine Einschränkung des Demonstrationsrechts erlaubt hätte. Und so
finden trotz Lockdown die Demonstrationen vorerst statt – wie jeden
Samstag, wenn Tausende und Zehntausende den Rücktritt des Regierungschefs
fordern.
Nichtsdestotrotz entwickeln die Israelis neue Formen des Protests. Der
Autokonvoi ist eine davon. Für manche sind die neuen Rekordinfektionszahlen
– 8.153 neue Covid-19-Fälle am Freitag – ausschlaggebend. Andere möchten
dem Premier keinen Vorwand liefern, gegen die Proteste zu hetzen.
## Protest-Konvoi bis zum Horizont
Seit mehr als eineinhalb Stunden reißt die Autoschlange auf der Autobahn
von Tel Aviv nach Jerusalem jetzt nicht ab, mehrere tausend Autos dürften
bereits unter der Brücke entlanggefahren sein. Der Konvoi reicht bis zum
Horizont.
Bereits vor dreieinhalb Monaten, als die Proteste begannen, stand Diamond
in der Balfour-Straße vor Netanjahus Amtssitz und forderte seinen Rücktritt
wegen der Korruptionsprozesse: „Wir waren eine Handvoll von Leuten“, sagt
sie und zeigt auf die Autos unter ihr: „Und jetzt sieh dir an, was daraus
geworden ist.“ Wollte Netanjahu die Proteste eindämmen, so hat er wohl das
Gegenteil bewirkt.
Verschiedene Initiativen riefen außerdem dazu auf, in kleineren Gruppen zu
demonstrieren, in der Nähe der eigenen Wohnung. Abertausende über das ganze
Land sind dem Aufruf gefolgt. Sie nehmen damit die verschärften Regelungen
vorweg, die vermutlich am Dienstag kommen. Dann werden sich die Israelis
auch dann nur noch einen Kilometer vom Haus entfernen dürfen, wenn sie
demonstrieren. Proteste werden voraussichtlich auf Gruppen von je 20
Personen begrenzt.
27 Sep 2020
## LINKS
[1] /Verschaerfter-Corona-Lockdown-in-Israel/!5716761
[2] /Verschaerfung-der-Coronaregeln/!5716404
## AUTOREN
Judith Poppe
## TAGS
Israel
Benjamin Netanjahu
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