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# taz.de -- Eiskunstlauf-Comeback in Oberstdorf: Unverhoffter Aufstieg
> Die europäische Eiskunstlaufelite könnte von der Coronakrise profitieren.
> In Oberstdorf findet der erste Saisonwettbewerb statt.
Bild: Zählen bei der Nebelhorntrophy zu den Favoriten: Minerva-Fabienne Hase u…
In diesem Jahr ist die Nebelhorntrophy im bayerischen Oberstdorf etwas ganz
Besonderes. Der seit mehr als 50 Jahren jährlich ausgetragene Wettkampf
zieht immer große Namen im Eiskunstlauf an. Doch [1][die am Mittwoch
startende 52. Auflage] ist der erste Wettbewerb in dieser Saison überhaupt,
wenn man von Wettkämpfen in den USA und Weißrussland absieht, die zwar
international ausgeschrieben waren, aber mit ausschließlich nationalen
Sportlern stattfanden. Zugelassen hat der Weltverband ISU nur LäuferInnen,
die in der Europäischen Union und angrenzenden Staaten trainieren.
Eistanz-Bundestrainer Martin Skotnitzki erzählt, noch nie in seiner mehr
als 40 Jahre währenden Tätigkeit als Trainer sei er in einer Situation
gewesen, dass er nicht wusste, auf welche Wettkämpfe er seine Schützlinge
überhaupt vorbereiten kann. Das wäre aber wichtig, weil Wettkämpfe Sportler
motivieren.
Und im Training müssen zudem Be- und Entlastungsphasen einander abwechseln,
die sich normalerweise am Wettkampfkalender orientieren: Im März waren die
Weltmeisterschaften als traditioneller Saisonabschluss ausgefallen.
Weltweit wurden Eishallen abgetaut, denn das Coronavirus liebt die feuchte
Kälte, wie sie in Eishallen herrscht. Und seit August wären normalerweise
Grand-Prix-Wettbewerbe der Junioren ausgetragen worden, die alle abgesagt
wurden.
Auch die Trainingsabläufe, die ab Mai auf dem Eis mit Einschränkungen
wieder möglich waren, sind anders organisiert. Traditionell reisen viele
europäische Spitzenläufer zum Sommertraining und zur Choreografie ihrer
neuen Programme nach Nordamerika oder Russland. Dort arbeiten die
internationalen Spitzentrainer und -choreografen. Das war in diesem Jahr
nicht möglich. Europa ist näher zusammengerückt und europäische
Chrorografen, die in früheren Jahren eher Nachwuchsläufern ihre neuen
Programme gestalten durften, arbeiteten jetzt mit europäischen
Spitzenläufern.
## Debüts der europäischen Choreografen
„Das war aber nicht zum Nachteil der Läufer“, findet Paarlauf-Bundestrainer
Alexander König aus Berlin. „Sie haben von den neuen Choreografen
profitiert.“ [2][Das deutsche Meisterpaar Minerva-Fabienne Hase/Nolan
Seegert] ließ sich diese Saison die Choreografie von dem Oberstdorfer
Rostislav Sinicyn schneidern. Bei den Vizemeistern Annika Hocke/Robert
Kunkel haben [3][Olympiasiegerin Aljona Savchenko] und der ehemalige
deutsche Eistanzmeister Joti Polizoakis ihr Choreografiedebüt gegeben.
Bietet Corona neben allen Nachteilen vielleicht eine Chance für die
Eislaufstützpunkte in Europa? Schaut man in die Schweiz, könnte man die
Frage bejahen. Der dortige Trainer Stephane Lambiel konnte seine
Eislaufschule vergrößern: Die in New York beheimatete Schweizer Meisterin
Alexia Paganini ist zu ihm gewechselt. Zudem führte die Schweizer
Eislaufschule ein Sommercamp durch, wo europäische Spitzenläufer an ihren
Pirouetten, der Schritttechnik und dem Ausdruck arbeiteten. Ein Erfolg ist
auch, dass trotz der widrigen Bedingungen keine europäischen Spitzenläufer
ihre Karriere beendet haben. Einige Sportler haben sich mehr Zeit genommen,
Verletzungen auszukurieren, ihre Schulabschlüsse zu machen, ihrer
Kreativität mehr Raum zu geben, statt von Wettkampf zu Wettkampf zu denken.
Der deutsche Eistanz-Bundestrainer Martin Skotnitzki sieht hingegen eher
die Nachteile. In Oberstdorf waren stets auch internationale Sportler zu
Gast, die die einheimischen Talente motiviert hätten. „Die fehlen“, sagt er
der taz. Und dass er in diesem Jahr seit Langem wieder Choreografien
erarbeitet und zudem die deutschen Eistanzmeister Katarina Müller/Tim Dieck
trainiert, die normalerweise in Moskau Unterricht nehmen, diene nicht
seiner Karriere. „Ich bin ja schon 73. Ich mache das, weil Not am Mann
ist.“
Reinhard Ketterer, der Vizepräsident der Deutschen Eislauf-Union, sagt
hingegen: „Die Einschränkungen sind nicht erfreulich. Aber wenn Europa
kreativ damit umgeht, kann der europäische Eiskunstlauf sogar profitieren.“
Er denkt nicht nur an Choreografen. Auch spezialisierte Trainer in Europa
seien in der Coronakrise mehr gefragt.
In Deutschland werden die nationalen Spitzenläufer mangels internationaler
Startchancen bei Wettkämpfen im Inland an den Start gehen, auf denen sich
normalerweise nur der Nachwuchs zeigt. So können sich Zuschauer in Dresden,
Berlin und Dortmund im Herbst auf Wettkämpfe mit der nationalen Spitze
freuen.
23 Sep 2020
## LINKS
[1] https://www.eislauf-union.de/events/nebelhorn-trophy
[2] /Deutsche-Meisterschaften-im-Eiskunstlauf/!5648803
[3] /Olympische-Winterspiele/!5485073
## AUTOREN
Marina Mai
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Schwerpunkt Sport trotz Corona
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Wintersport
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