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# taz.de -- Neue*r Chef*in des Bayerischen Rundfunks: Doch eine Wahl
> Ende Oktober entscheidet der BR über seine neue Intendanz. Zum ersten Mal
> in der Sendergeschichte hat eine Frau gute Chancen.
Bild: Bewirbt sich als Intendantin beim Bayerischen Rundfunk: Katja Wildermuth
Normalerweise sind Intendant*innenwechsel im Bayerischen Rundfunk gut
vorbereitete Veranstaltungen, die wenig Raum für Überraschungen lassen. So
sollte es auch jetzt wieder sein, heißt es in München. Noch-Amtsinhaber
Ulrich Wilhelm habe ursprünglich erst im Herbst seinen Entschluss verkünden
wollen, nicht nochmal anzutreten. Dann wäre es bis zum Wahltermin Ende
Oktober für weitere Kandidat*innen knapp geworden, was Wilhelms
Wunschnachfolger, BR-Verwaltungsdirektor Albrecht Frenzel, genutzt hätte.
Doch das ging schief. Wilhelm, der ehemalige Sprecher der Bundesregierung,
musste schon im Juli Farbe bekennen.
Frenzel steht weiter auf der Kandidat*innen-Liste. Neben ihm kandidieren
jetzt MDR-Programmdirektorin Katja Wildermuth und Christian Vogg, Leiter
Dokumentation und Archive beim Schweizer öffentlich-rechtlichen Fernsehen
SRF. Wie schön: Die Rundfunkrät*innen haben am 22. Oktober nun eine echte
Wahl.
Im SRF heißt es wenig charmant: „Wir halten das für’n Witz“, dass der
gebürtige Augsburger Vogg in München eine Chance hat. So dürfte es auf ein
Rennen Wildermuth gegen Frenzel hinauslaufen. Dass es überhaupt dazu kommt,
ist auch der Lobbyarbeit der BR-Frauen zu verdanken. Deren Netzwerk „Female
for Future“ wirbt für eine Intendantin und hat übliche Behauptungen, es
gäbe ja leider nie genug in Frage kommende Kandidatinnen, souverän
gekontert: Female for Future legte eine Liste mit 20 Namen vor. Vor Kurzem
waren vier hochkarätige Medienfrauen bei den „unabhängigen“, also
parteipolitisch nicht festgelegten Rundfunkrät*innen zu Gast.
„Die Situation für Frauen im BR ist unterirdisch“, sagt jemand, der es
wissen muss. „Eine einzige Frau gibt es im bisher sechs-, seit Kurzem
fünfköpfigen Direktorium des BR – und das seit Jahren. Noch nie stand eine
Frau an der Spitze des Hauses“, formuliert das etwas weniger drastisch
Female for Future in einer Presseerklärung. Auch auf den mittleren
Hierarchieebenen seien Frauen anders als bei anderen Sendern „massiv
unterrepräsentiert“.
## Erste Frau in 70 Jahren Sendergeschichte
Das lose Netzwerk von rund 400 BR-Mitarbeiter*innen zeigte sich daher auch
„enttäuscht darüber, dass es bei den vielen hochqualifizierten und bestens
geeigneten Frauen, die für diese Position im Gespräch waren, nur eine auf
die Wahlliste geschafft hat“. Das passe nicht zu den „vollmundigen
Ankündigungen von fast allen politischen und gesellschaftlichen
Gruppierungen, nun erstmalig in der 70-jährigen Geschichte des BR eine Frau
als Intendantin ins Amt zu bringen“. Wobei man da geteilter Meinung sein
kann: Schließlich würden sich mehrere Kandidatinnen wohl gegenseitig
Stimmen abjagen.
Auf die beziehungsweise den Neu*en wartet kein leichter, aber immerhin ein
gutbezahlter Job. Ulrich Wilhelm habe in seiner Amtszeit vor allem
[1][seine persönliche Agenda gefahren] und am alten Hierarchiedenken
festgehalten, heißt es im BR. Zahlreiche Frauen gingen im Streit, wie die
Fernsehdirektorin Bettina Reitz oder Anke Mai, Leiterin des
BR-Programmbereichs Kultur und Gesellschaft. Reitz leitet heute die
Hochschule für Film und Fernsehen (HFF) München, Mai ist seit Februar
Programmdirektorin Kultur, Wissen und Junge Formate beim Südwestrundfunk.
„Es geht um mehr Miteinander und Augenhöhe“, sagt eine Redakteurin. Die
Stimmung im BR [2][sei mies]. „Ulrich Wilhelm [3][lächelt alles weg]. Es
gibt zwar formell jede Menge Arbeitsgruppen, aber wirklich einbezogen wurde
niemand.“ Dabei ist die eigentliche BR-Großbaustelle durch die
Coronapandemie noch unübersichtlicher geworden. Der Umzug des bisher auf
zwei Standorte verteilten Senders in einem neuen multimedialen Komplex in
Freimann zieht sich hin.
Auch das muss die oder der Neu*e managen. Der Rundfunkratsvorsitzende
Prälat Lorenz Wolf sagte im Juli der Augsburger Allgemeinen, er habe keine
Favorit*in, aber: „Ich würde mich über eine Intendantin freuen.“ Doch wenn
selbst CSU-Granden im Rundfunkrat unter der Hand Zustimmung für eine
Intendantin geäußert haben sollen: Für Vorfreude ist es zu früh. Dafür ist
der BR immer noch der BR.
22 Sep 2020
## LINKS
[1] /Spannungen-in-der-ARD/!5685724/
[2] /Richard-Gutjahr-gegen-BR-Chef/!5653204/
[3] http://xn--Ulrich%20Wilhelm%20braucht%20sein%20Lcheln-34c
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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