# taz.de -- Portugal verfehlt Recycling-Ziel: Müllpolitik ist gescheitert | |
> Es gibt zu wenig Recycling, aber Dörfer, in denen Müllkippen die Luft | |
> verpesten. Bürgerinitiativen kämpfen gegen Abfallimporte nach Portugal. | |
Bild: Pfui Spinne – Eher ungesunde Dämpfe über einer Müllhalde in Sobrado,… | |
Madrid taz | Portugal verfehlt sein selbst gestecktes Ziel in Sachen | |
Müllvermeidung und Recycling. Statt wie im Strategieplan für urbane Abfälle | |
(Persu) vorgesehen, bis Ende des Jahres die 453 Kilogramm Haushaltsmüll pro | |
Kopf aus dem Jahr 2012 um 10 Prozent zu senken, produzierte jeder der 10,3 | |
Millionen Portugiesen 2018 fast eine halbe Tonne Abfall pro Jahr. | |
„Die Tendenz ist weiter steigend“, beschwert sich Rui Berkemeier, | |
Spezialist für Müllpolitik bei Zero, einer der wichtigsten | |
Umweltschutzorganisationen in Portugal. Die Coronakrise beschleunige diesen | |
Prozess sogar noch. Es gibt wieder mehr [1][Plastikverpackungen]. Masken | |
und Handschuhe landen in den Mülltonnen. Es fehle an Geld, um Mülltrennung | |
und Müllverarbeitung auszubauen, sagt Berkemeier. | |
Statt 50 Prozent wird deshalb nur eine Recyclingquote von rund 30 Prozent | |
erreicht. „In Wirklichkeit liegen wir noch weiter zurück“, fügt Berkemeier | |
hinzu. Denn die 30 Prozent beziehen sich nicht auf den gesamten | |
Siedlungsabfall, sondern auf den recycelbaren Teil. Als recycelt gilt, was | |
in die Anlage eingebracht wird, egal wie viel anschließend trotz allen | |
Mühen in der [2][Müllverbrennung] oder auf der Kippe landet. | |
„Administratives recyceln“ nennen die Umweltschützer das spöttisch. Posit… | |
ist: Portugal hat den Import von Müll, vor allem aus Italien und | |
Großbritannien, erst einmal bis zum Jahresende gestoppt. Elf private | |
Unternehmen führen jährlich 330.000 Tonnen Müll ein. Zum Großteil ist es | |
Haushaltsmüll, der nicht recycelt werden kann. | |
Was Mitte der 2010er Jahre als Hilfe für das marode und von der Mafia | |
unterwanderte Abfallsystem in Italien gedacht war, wurde schnell zum | |
einträglichen Geschäft. Denn Portugals private Müllentsorger haben einen | |
entscheidenden Wettbewerbsvorteil. Der Staat erhebt nur 11 Euro Gebühr pro | |
eingeführte Tonne. Zwar werden es Ende des Jahres 22 Euro sein, doch das | |
liegt noch immer weit unter dem Europaschnitt von 80 Euro. Für Müll, der | |
von Zementfabriken in deren Produktionsöfen verbrannt wird, sind es weniger | |
als 3 Euro. | |
## Unerträglicher Gestank | |
Einer der Orte, die am stärksten von der Mülleinfuhr betroffen sind, ist | |
Sobrado im Norden des Landes. Rund 300 Tonnen Importmüll kommen täglich auf | |
einer privaten Müllkippe vor den Toren der 7.000-Seelen-Gemeinde an. „Die | |
Müllhalde ist nur 200 Meter von den ersten Häusern und 300 Meter von der | |
Schule entfernt“, erklärt Marisol Marques von der Bürgerinitiative „Stoppt | |
die Müllkippe“. Der Gestank sei oft unerträglich. „Wir wollen atmen“, s… | |
Marques. Er wisse nicht, was genau in den Containern ist, die | |
Betreiberfirma der Müllkippe mache dazu keine Angaben. Das Unternehmen hat | |
die Genehmigung, rund 400 unterschiedliche Abfallsorten zu verarbeiten. | |
Die Bürgerinitiativen kämpfen gegen neue Müllimporte. Ob es dann weniger | |
stinken wird, ist unklar. Statt abgelagertem Müll aus Italien wird dann | |
heimischer Müll verscharrt. | |
26 Jul 2020 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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