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# taz.de -- Eine Panne in Berlin: Guck doch mal, da hinten
> Frauen haben es in Autowerkstätten nach wie vor nicht leicht. Dabei
> könnte alles so einfach sein. Der ADAC hat es vorgemacht.
Bild: Bloß nicht ins Café schicken lassen: In der Autowerkstatt
Es gibt in meinem Leben Rollenklischees, die zu erfüllen sich im Alltag
einfach als effizient erwiesen haben, ohne dass ich dabei das Gefühl hätte,
das Opfer sei zu groß. Eines davon ist alles rund ums Auto. Ich halte Autos
für fahrbare Untersätze, die ihre Funktion zu erfüllen haben und deren
Reparatur dem anderen Geschlecht zu überlassen ist. Ich bewundere
Kinderfreundin Silke, die heute beim TÜV arbeitet, ich fand auch die
Filmszene in Jim Jarmuschs „Night on Earth“ gut, als Winona Ryder als
Taxifahrerin einen Job beim Film ausschlägt, weil sie lieber
Automechanikerin werden will.
Dennoch schickte ich bis heute immer meinen Partner zur Werkstatt, wenn es
auch nur darum ging, das fertige Gefährt abzuholen. Ich hatte keine Lust
auf die mitleidige Herablassung, die mir da gern entgegenschlägt. Nur so
als Beispiel: Einmal hat mir einer vorgeschlagen, im Café nebenan zu
warten, hier werde es gleich ungemütlich. Ein andermal sagte einer, ich
könne gleich wieder shoppen fahren.
Am Montagabend allerdings, da wurde alles anders. Ohne jegliche Vorwarnung
fiel der Auspuff ab. Ich war allein, also rief ich den ADAC, wartete zwei
Stunden – und erlebte schließlich ein regelrechtes Wunder. Kaum war der gut
zwanzig Jahre jüngere, kleine Mann mit tätowierten Unterarmen aus seinem
gelben Auto gestiegen, da fragte er auch schon, ob ich hier in der Gegend
einen guten Döner wisse, er habe solchen Hunger. Während ich noch
fürchtete, er müsse mein armes Auto zur nächsten Werkstatt schleppen,
kramte er schon nach einer Matte, legte sich unters Auto und lud mich ein,
es ihm nachzutun. „Guck mal“, sagte er. „Da vorn sind beide Halterungen a…
also hat er sich da hinten auch gelöst.“
## Bitte fahr vorsichtig
Er erklärte mir, dass er das Ding jetzt wieder in Position drücken und dann
befestigen werde. Dann stand er auf, holte aus seinem Auto ein Stück Draht,
wie es wohl jeder, der ein altes Auto fährt, immer dabeihaben sollte, und
erledigte die Sache freundlich plaudernd und jeden Handgriff erklärend
binnen fünf Minuten. „Leider habe ich allein nicht genug Kraft, das ohne
Hebebühne richtig festzumachen“, sagte er am Ende. „Deshalb fährst du jet…
am besten ganz vorsichtig und langsam zur Werkstatt“, fügte er an und
vergaß abschließend nicht einmal zu erwähnen, dass ich dafür höchstens 50
Euro bezahlen sollte – „wenn überhaupt“.
Lieber ADAC, du hast mir echt geholfen. Ich finde es toll, wen du so
einstellst. Und ich werde mich bald wieder unters Auto legen. Spätestens
wahrscheinlich dann, wenn mich mal wieder einer ins Café schicken will.
19 Aug 2020
## AUTOREN
Susanne Messmer
## TAGS
Feminismus
Sexismus
Gender
Generalsekretär
Podcast „Passierte Tomaten“
Gleichstellung
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