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# taz.de -- Häusliche Gewalt in der Corona-Zeit: Ein uneinheitliches Bild
> Zu Beginn der Corona-Krise warnten Expert*innen vor einer Zunahme von
> häuslicher Gewalt. Erste Zahlen aus den Bundesländern liegen nun vor.
Bild: Mehr Fälle von häuslicher Gewalt: In einem Frauenhaus in Berlin
Berlin dpa | Seit dem Beginn der Corona-Krise sind in einigen Bundesländern
mehr Fälle von [1][häuslicher Gewalt] gemeldet worden. Das hat eine Umfrage
der Deutschen Presse-Agentur bei den zuständigen Ministerien und Behörden
der Länder ergeben. Ein gesichertes Gesamtbild für Deutschland wird es laut
Bundesfamilienministerium allerdings erst im November geben.
Wie Wissenschaftler*innen der TU München jüngst herausfanden, sollen Frauen
in Quarantäne und bei akuten finanziellen Sorgen während der Krise
verstärkt Gewalt erfahren haben. Dass die Zahlen aus den Ländern bisher ein
uneinheitliches Bild zeichnen und die Erkenntnisse aus München nur bedingt
bestätigen, liegt vermutlich auch daran, dass viele Menschen die
Gewalttaten (noch) nicht angezeigt haben.
In Berlin ist es nach Einschätzung von Justiz und Rechtsmedizin zu einem
deutlichen Anstieg an Gewalttaten zu Hause gekommen. Zum Höhepunkt der
Lockerungen im Juni 2020 habe die Berliner Gewaltschutzambulanz zum
Beispiel einen Anstieg von 30 Prozent der Fälle im Vergleich zum Juni 2019
verzeichnet. Zunächst hatten die Behörden während der Ausgangs- und
Kontaktbeschränkungen weniger Fälle registriert, was daran gelegen haben
könnte, dass kaum jemand vor die Tür gegangen sei. Mit den Lockerungen
seien die Fallzahlen in die Höhe geschnellt.
In Hamburg verzeichnete die Polizei in den Monaten Januar bis Juni 2020
eine höhere Zahl an Delikten im Bereich der Beziehungsgewalt (2252) im
Vergleich zum Vorjahreszeitraum (1812). Sie rechne mit einer weiterhin
ansteigenden Fallzahl, da Straftaten aus diesem Bereich des Öfteren mit
Zeitverzug anzeigt würden. Sichere Ergebnisse liefere daher erst die
Jahresauswertung der polizeilichen Kriminalstatistik.
Rückläufige Zahlen in Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen
In Bremen ist nach Informationen des Justizressorts anhand der bei der
Staatsanwaltschaft eingehenden Verfahrenszahlen im Bereich „häusliche
Gewalt“ kein Anstieg der Fälle zu erkennen. Gleichwohl verzeichnen die
Frauenhäuser laut der Gesundheitssenatorin seit Mitte Juni eine erhöhte
Nachfrage: Die Auslastung der Plätze liege derzeit bei über 100 Prozent.
In Mecklenburg-Vorpommern erfasste die Polizei in den Monaten März bis Mai
2020 deutlich mehr Vorgänge und Straftaten im Zusammenhang mit häuslicher
Gewalt als im Vorjahreszeitraum – im April waren es sogar doppelt so viele,
wie die Landesregierung mitteilte. Im Frauenschutzhaus Rostock sei eine
kurzzeitige Überbelegung durch zusätzliche Plätze in einem Hostel
ausgeglichen worden.
Die beiden Bundesländer Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen registrierten
nach eigenen Angaben hingegen rückläufige Zahlen im Zusammenhang mit
häuslicher Gewalt. Wie das Justizministerium Niedersachsen mitteilte, gab
es in den Monaten von März bis Mitte Mai einen Rückgang der Fallzahlen um
11,7 Prozent. In NRW waren es nach Angaben des Innenministeriums sogar 21
Prozent.
Das Innenministerium in Schleswig-Holstein wies darauf hin, dass die
[2][Corona-Situation das Anzeigeverhalten stark beeinflusse]: So habe es in
den vergangenen Monaten weniger Sozialkontrolle durch Schule, Freund*innen,
Verwandte, Ärzt*innen und Betreuer*innen gegeben. Es sei grundsätzlich von
einer hohen Dunkelziffer auszugehen, die statistische Erfassung der Fälle
von häuslicher Gewalt sei grundsätzlich nur bedingt möglich, teilte auch
das Sozialministerium des Saarlandes mit.
In Schleswig-Holstein und im Saarland ist den Angaben der Ministerien
zufolge genau wie in Bayern, Baden-Württemberg, Hessen und den anderen
Ländern bislang kein Anstieg der Fälle von häuslicher Gewalt verzeichnet
worden – oder es lagen zum aktuellen Zeitpunkt keine aussagekräftigen Daten
vor.
13 Jul 2020
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