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# taz.de -- Mögliches Corona-Medikament Dexamethason: Hoffnung für Schwerstkr…
> Eine britische Studie zeigt: Ein Entzündungshemmer senkt die
> Sterblichkeit bei Patienten, die künstlich beatmet werden müssen.
Bild: Dexamethason: Der Entzündungshemmer senkt die Sterblichkeit bei Covid19 …
Berlin taz | Im Kampf gegen die Pandemie hat nicht nur die Suche nach einem
[1][Impfstoff] Priorität – auch die Forschung nach Medikamenten, die
Patienten heilen oder den Verlauf ihrer Infektion mit dem Coronavirus
mildern könnten, läuft auf Hochtouren, bislang allerdings ohne nachhaltige
Erfolge. In der Nacht zum Mittwoch nun vermeldete der Präsident der
[2][Weltgesundheitsorganisation (WHO)], Tedros Adhanom Ghebreyesus, einen
„lebensrettenden wissenschaftlichen Durchbruch“: Endlich hätten Forscher
der Universität Oxford in einer klinischen Studie ein Mittel identifiziert,
das die Sterblichkeit von Covid-19-Patienten nachweislich verringere.
Der Wirkstoff Dexamethason, ein Entzündungshemmer, der schon seit
Jahrzehnten etwa bei Rheuma oder Asthma verwendet wird, könne die
Sterberate bei schwer erkrankten, künstlich beatmeten Covid-19-Patienten
auf der Intensivstation um etwa ein Drittel senken, hatten Wissenschaftler
der Universität Oxford am Dienstag bekannt gegeben.
Der britische Gesundheitsminister Matt Hancock kündigte umgehend an,
Dexamethason auf die Liste der Standardverfahren des Nationalen
Gesundheitsdienstes NHS zur Behandlung von Covid-19 aufzunehmen.
„Dexamethason ist kostengünstig, verfügbar und kann sofort eingesetzt
werden, um weltweit Leben zu retten“, sagte Peter Horby, einer der
Studienleiter aus Oxford.
Wissenschaftler in Deutschland warnten indes vor verfrühter Euphorie. „Die
Ergebnisse aus Großbritannien sind erfreulich und deuten auf eine enorme
Reduktion der Sterblichkeit hin, allerdings nur bei Patienten mit der
schwersten Verlaufsform“, sagte der Präsident der Deutschen
Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (DIVI), Uwe
Janssens, der taz. Bei Patienten, die keinen Sauerstoff und keine
künstliche Beatmung brauchten, also nicht so schwer erkrankt waren, habe
das Medikament keine Wirkung gezeigt. Zudem handele es sich um vorläufige
Daten, die bislang weder in einem Fachjournal veröffentlicht noch durch
andere Wissenschaftler begutachtet worden seien.
## Belastbare Daten fehlen
„Als Heilversuch“ in Einzelfällen und bei sehr schwer erkrankten
Covid-19-Patienten sei der Einsatz nach entsprechender Aufklärung zwar auch
in Deutschland jetzt schon denkbar, sagte Janssens; in eine entsprechende
Leitlinie zur Therapie jedoch solle das Medikament frühestens aufgenommen
werden, „wenn eine Publikation mit validen und belastbaren Daten endgültig
vorliegt“.
Auch der SPD-Gesundheitsexperte und Epidemiologe Karl Lauterbach würdigte
die Leistung der britischen Forscher im Gespräch mit der taz als
„Durchbruch“: Dexamethason sei ein „relativ sicheres Medikament“, und d…
Mechanismus sei „überzeugend“. Dennoch, so Lauterbach, „bleibt eine hohe
Sterblichkeit“.
Die Daten, die bislang bekannt sind, stammen aus einem Arm der so genannten
Recovery Studie mit mehr als 11.500 Patienten in Großbritannien, in der
mehrere Therapieansätze gegen Covid-19 in 175 Kliniken untersucht werden.
Dabei wird jeweils die Eignung bereits zugelassener Medikamente zur
Behandlung von Covid-19 getestet. Die Studie wird von der britischen
Regierung mitfinanziert.
In diesem Teil der Studie bekamen 2.104 Patienten zehn Tage lang das
Medikament Dexamethason, ein Cortison-Derivat, das die Immunreaktionen
dämpft, oral oder intravenös verabreicht. Ihre Daten zur Sterblichkeit
verglichen die Wissenschaftler mit denen von 4.321 Patienten, die nicht mit
Dexamethason behandelt wurden.
## Sterblichkeit sinkt um ein Drittel
Das Ergebnis: Bei Patienten, die so schwer krank waren, dass sie künstlich
beatmet werden mussten, reduzierte Dexamethason die Sterblichkeit um 35
Prozent. Bei Kranken, die lediglich Sauerstoff verabreicht bekamen, wurde
die Sterblichkeit um ein Fünftel gesenkt. Bei Patienten mit milderem
Verlauf dagegen zeigte Dexamethason keinerlei Wirkung. Basierend auf diesen
Zahlen, so die Forscher, würde bei der Behandlung von acht schwerkranken
Covid-19-Patienten durch Dexamethason ein Todesfall verhindert.
Der Infektiologe Gerd Fätkenheuer vom Universitätsklinikum Köln erklärte,
er halte „die noch sehr kursorischen Daten für glaubwürdig“. Die Ergebnis…
passten gut zu der von Wissenschaftlern geteilten Annahme, „dass im späten
Verlauf der Covid-19-Erkrankung eine Überreaktion des Immunsystems eine
entscheidende Rolle spielt“.
Ähnlich äußerte sich Clemens Wendtner, Chefarzt der Infektiologie und
Tropenmedizin der München Klinik Schwabing. „Der Benefit wird am ehesten
auf eine Unterdrückung eines überschießenden Immunsystems in der späten
Krankheitsphase zurückzuführen sein“, so Wendtner. Damit sei der erzielte
Effekt vermutlich „ein indirekter, nicht primär gegen das Virus
gerichteter“. Wichtig sei nun, die Nebenwirkungen des Medikaments aus den
Daten herauszuarbeiten, sagte die Leiterin des Schwerpunkts Infektiologie
am Universitätsklinikum der Goethe-Universität Frankfurt, Maria
Vehreschild.
Weltweit haben sich nach Angaben der WHO bislang mehr als acht Millionen
Menschen mit dem Coronavirus infiziert; mehr als 400.000 sind an oder mit
dem Virus gestorben. In Deutschland müssen derzeit lediglich 429 am
Coronavirus erkrankte Menschen intensivmedizinisch behandelt werden.
17 Jun 2020
## LINKS
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## AUTOREN
Heike Haarhoff
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