# taz.de -- Fußball als Geschäft: Deutscher Meister Liverpool | |
> Ein Millionen Pfund schweres Unternehmen wird überschwänglich gefeiert. | |
> You’ll never walk alone? Natürlich nicht, der Buchhalter ist stets dabei. | |
Bild: Siegesfeier: Fans des FC Liverpool vor dem Stadion | |
Tränen des Glücks laufen seit Donnerstagabend aus dem deutschsprachigen | |
Twitter. Wir sind englischer Meister! Seit der Wahl von Joseph Ratzinger | |
zum Papst ist der Titel des von Jürgen Klopp trainierten FC Liverpool wohl | |
der größte Erfolg eines Deutschen in der Welt. Dass der Klub nach 30 Jahren | |
endlich einmal wieder Meister geworden ist, hat er Deutschland zu | |
verdanken. Dass es Leute gibt, die so etwas glauben und sich deswegen | |
freuen, als hätten sie selbst daran mitgewirkt, sei’s drum! | |
Aber da ist noch etwas anders. Jede Menge Menschen freuen sich über den | |
Titel für Liverpool, als hätte damit das Gute im Fußball endlich wieder | |
gewonnen. Der Verein aus dem Nordwesten Englands gilt als der Inbegriff des | |
Kultklubs, als Repräsentant des echten Fußballs, wie man ihn von früher | |
kennt, als der Ball noch aus Leder und die Zeit gut und alt war. | |
Der FC Liverpool wird regelrecht angebetet, weil er als echt gilt oder, wie | |
man heute sagt, als authentisch. [1][Dem nunmehr 19-maligen Meister] wird | |
gehuldigt, als stünden da elf Freunde, die sich an der Theke einer | |
Liverpooler Hafenkneipe kennengelernt haben, auf dem Platz. Was für ein | |
Unfug! | |
553 Millionen Pfund haben die sogenannten Reds in der Saison 2018/19 | |
umgesetzt, in der sie die Champions League gewonnen haben – weit mehr als | |
eine halbe Milliarde Euro. Für den Titel hat Liverpool fast 250 Millionen | |
Euro in neue Spieler investiert. Einer der vermeintlichen elf Freunde, der | |
brasilianische Torhüter Alisson, kostete dabei mehr als 60 Millionen Euro. | |
Und Stürmer Mo Salah, der angehimmelt wird, als reiße er sich allein für | |
die Ehre den Allerwertesten für seinen Herzensklub auf, soll über 11 | |
Millionen Euro im Jahr verdienen. | |
Und wenn der Klub Gewinn macht – 2019 waren es 46 Millionen Euro, dann | |
freut sich vor allem der Besitzer. Das ist John Henry, ein Milliardär aus | |
dem Fußballland USA, der mit Wetten auf dem Weltmarkt für Lebensmittel die | |
Grundlage seines Vermögens gelegt hat. Wer diesem Klub „You’ll never walk | |
alone!“ zuruft, weil er ihn für das eingeborene Kind des Mutterlands des | |
Fußballs hält, dem ist nun wirklich nicht mehr zu helfen. | |
Einer der dämlichsten, dafür umso häufiger zitierten Fußballsprüche kommt | |
übrigens auch aus Liverpool. Bill Shankly, der langjährige Trainer des | |
Klubs, hat einmal gesagt. „Es gibt Leute, die denken, Fußball sei eine | |
Frage von Leben und Tod. Ich mag das nicht. Ich kann Ihnen versichern, dass | |
es viel ernster ist.“ Einen größeren Unsinn hat man selten gehört. | |
26 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Champions-League-Finale/!5596686 | |
## AUTOREN | |
Andreas Rüttenauer | |
## TAGS | |
Geht's noch? | |
Fußball | |
FC Liverpool | |
Jürgen Klopp | |
Kolumne Press-Schlag | |
Jürgen Klopp | |
Fußball | |
Champions League | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Neue Strategien nach der Corona-Pause: Nimm drei statt vier | |
Um die Laufwege zu verkürzen, entdecken Trainer in England und Italien die | |
Dreierkette für sich. Es könnte die perfekte Corona-Taktik sein. | |
Start der englischen Liga: Seit 30 Jahren im Wartestand | |
Jürgen Klopp hat die Wiederaufnahme der Premier League am Mittwoch | |
herbeigesehnt. Denn er möchte in Würde Meister werden. | |
Premier League: Auf der Suche nach Perfektion | |
Manchester City hat schon sechs Punkte Rückstand auf Liverpool. Der Meister | |
steht gehörig unter Druck vor dem Duell der beiden Teams. | |
Finale der Champions League: Alles, bloß nicht Zweiter | |
Jürgen Klopp ist erneut dazu verdammt, mit dem FC Liverpool den Titel zu | |
gewinnen. Gegner Tottenham Hotspur will das verhindern. |