# taz.de -- Gerichtsurteil zum Wohnprojekt „Unfug“: Bauwagen müssen weg | |
> Nach der Stadt Lüneburg verbietet auch das Verwaltungsgericht dem | |
> Wohnprojekt „Unfug“ die Bauwagen. Doch die Bewohner*innen wollen | |
> weiterkämpfen. | |
Bild: Liebevoll ausgebaut, trotzdem nicht geduldet: Bauwagen in Lüneburg | |
HAMBURG taz | Manche der Bauwagen haben die Form alter Zirkuswagen, sie | |
sind grün mit bunten Fensterläden oder aus Holz mit oberer Etage – und sie | |
alle sind nun verboten. Das Verwaltungsgericht Lüneburg hat entschieden, | |
dass die Bewohner*innen des Wohnprojekts „Unfug“ ab Juli nicht mehr in den | |
Bauwagen leben dürfen. Hier würden „aus politischem Kalkül Familien | |
obdachlos“ gemacht und versucht, „linke Freiräume und alternative | |
Wohnformen zu zerstören“, schreibt der Verein auf seiner [1][Webseite]. | |
Die Stadt Lüneburg [2][versucht schon lange], die seit 2018 auf dem | |
Grundstück in der Konrad-Adenauer-Straße stehenden Bauwagen des linken | |
Wohnprojekts „Unabhängig frei und gemeinsam wohnen“, kurz Unfug, | |
loszuwerden. Es sei neben der unrechtmäßigen Nutzung nach dem | |
vorgeschriebenen Flächennutzungsplan auch der Brandschutz nicht | |
gewährleistet, argumentiert die Stadt. Heizende Öfen auf dem Grundstück und | |
rauchende Bewohner*innen würden eine Gefahr für den angrenzenden Wald | |
darstellen. | |
Der Verein widerspricht: „Alle unsere Öfen wurden vom Schornsteinfeger | |
abgenommen und stellen keine Brandgefahr dar“, sagt Sven Schupp, der selbst | |
auch dort lebt. | |
Im November 2019 wurden die Bewohner*innen vom Fachbereich Stadtentwicklung | |
aufgefordert, die „Bauwagen vom Grundstück zu entfernen“, da der Verein sie | |
ohne die benötigte Baugenehmigung aufgestellt haben soll. Mitte Mai bekamen | |
die Bewohner*innen dann eine Anordnung von der Stadt, die ihnen verbietet, | |
weiter in den Bauwagen zu wohnen – gegen die sie sich wehrten. | |
## Wider den Flächennutzungsplan | |
Die Bauwagen widersprechen laut der Stadtverwaltung dem geltenden | |
Flächennutzungsplan, da auf dem Areal kein Wohnen vorgesehen sei. Es ist | |
offiziell eigentlich Friedhofsgelände. Theoretisch wäre es möglich, den | |
Flächennutzungsplan zu ändern, damit Unfug bleiben kann. Doch die | |
Verwaltung halte dies „nicht für genehmigungsfähig“, sagt Suzanne Moenck, | |
die Sprecherin der Stadt. | |
Sie begründet ihre Haltung damit, dass „Belange des Naturschutzes | |
beeinträchtigt“ würden, wenn in den Bauwagen Menschen lebten. Denn der | |
angrenzende Wald sei nicht nur „ein Landschutzgebiet, sondern zugleich ein | |
wertvolles Biotop“, sagt Moenck. Die Stadt schlägt den Bewohner*innen vor, | |
stattdessen auf den „planungsrechtlich abgesicherten Bauwagenplatz am | |
Kreideberg“ umzuziehen, der „Fango“ heißt. | |
Das wiederum kommt für die Unfug-Mitglieder nicht infrage. „Fango“ sei ein | |
eigenständiges Projekt mit einem Wohnkonzept, das Unfug nicht vertrete, | |
sagt Bewohner Schupp. | |
Überhaupt fühlen sich die Vereinsmitglieder von der Stadt und den | |
Ratsfraktionen übergangen. Zwar wurde die Zukunft des Wohnprojekts im Bau- | |
und Verwaltungsausschuss des Stafdtrates besprochen, die Bewohner*innen | |
seien aber nicht angehört worden, sagt Schupp. Die „politischen Mehrheiten | |
der Stadt“ seien „nicht gewillt, kooperativ mit uns zu arbeiten“. Die | |
Option, nachträglich die Baugenehmigungen für die Bauwagen zu beantragen, | |
sei mittlerweile vom Tisch. | |
Die Stadt lehnt auch eine Duldung des Wohnprojekts ab: „Es ist nicht so, | |
dass über eine Duldung nicht nachgedacht wurde. Wir sehen aber keine | |
Möglichkeit, die Bauwagen an der Stelle zu dulden“, sagt Moenck. | |
Unterstützung bekommt Unfug von der Partei Die Linke. Im Januar erhielt die | |
Fraktion auf Anfrage ein Gutachten, dass die Stadt von einer Kanzlei | |
eingeholt hat, aus dem hervorgeht, dass das Wohnprojekt mit dem | |
öffentlichen Baurecht vereinbar sei. Die Gründe der Stadt seien | |
vorgeschoben, kritisiert Ratsmitglied Lisa Apking. | |
Der fehlende Bebauungsplan sei kein Grund für eine Räumung: „Durch einen | |
Beschluss des Stadtrates könnte dieses Problem leicht behoben werden. | |
Allein der Wille dazu fehlt,“ sagt Apking. „Wir haben den Eindruck, dass | |
konservative Kräfte im Rat – von SPD bis nach rechts außen – die | |
Gelegenheit nutzen, sich eines alternativen und politisch unbequemen | |
Projektes zu entledigen“, sagt die Politikerin. | |
## Proteste in der Stadt | |
Auf seiner Webseite kritisiert der Verein gezielt die „SPD unter der | |
Führung von OB Mädge“ und ruft dazu auf, eben diesen Oberbürgermeister | |
Ulrich Mädge bei der nächsten Stadtratssitzung mit den Folgen der | |
Entscheidung zu konfrontieren. | |
Schon am 30 Mai hatte Unfug zu einem Aktionstag aufgerufen. Kundgebungen | |
auf dem Lüneburger Marktplatz und zahlreiche Soli-Demos von | |
Unterstützer*innen für die Verteidigung linker Freiräume haben an dem Tag | |
stattgefunden. Der Verein will trotz der Entscheidung des | |
Verwaltungsgerichts, das die Stadt in ihrem Verbot unterstützt, „den | |
politischen Kampf um ihr Zuhause und linke Freiräume generell | |
weiterführen“, heißt es. Sollten die Bewohner*innen jedoch in ihren | |
Bauwagen bleiben, drohen ihnen Zwangsgelder. | |
Die Stadt Lüneburg sieht die Entscheidung als „Bestärkung ihrer rechtlichen | |
Auslegung des geltenden Planrechts“. Die Bauaufsichtsbehörde müsse gegen | |
eine „solche illegale Nutzung im Regelfall einschreiten, damit rechtstreue | |
Bürger, die vor Aufnahme einer Nutzung um eine Genehmigung nachsuchten, | |
nicht benachteiligt würden“, sagt Lüneburgs Stadtbaurätin Heike Gundermann. | |
Und um zu verhindern, dass sich die rechtswidrige Nutzung festsetze. | |
25 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://unfug-lg.de/ | |
[2] /Lueneburg-will-Bauwagenplatz-raeumen/!5646134 | |
## AUTOREN | |
Michelle Bauermeister | |
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