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# taz.de -- Straffreiheit für mündige Fußballer: Ein erster Schritt
> Die Bundesligaspieler, die auf dem Rasen George Floyd gedacht haben,
> werden vom DFB nicht bestraft. Der Fußball gibt sich antirassistisch.
Bild: Protest und Gedenken: Gladbachs Marcus Thuram
War doch gar nicht so schwer, möchte man dem Deutschen Fußball-Bund
zurufen. Oder: Hat doch bestimmt nicht wehgetan. Und dann wird man sich
vielleicht die Augen reiben. Der Kontrollausschuss des DFB, die
Staatsanwaltschaft für Regelbrüche auf dem Fußballplatz, hat am Mittwoch
entschieden, keine Verfahren [1][gegen die vier Bundesligaspieler]
einzuleiten, die am vergangenen Spieltag auf dem Platz ihre Solidarität mit
dem von einem weißen Polizisten zu Tode gebrachten George Floyd Ausdruck
verliehen haben. Der DFB tut endlich einmal, was er in PR-Aktionen immer
wieder von sich behauptet: Er agiert im Sinne des Kampfs gegen Rassismus.
Weil das ja nun wahrlich nicht allzu häufig vorkommt, ist das durchaus
bemerkenswert.
Überraschend kam die Entscheidung indes nicht. Gianni Infantino, der
Präsident des Internationalen Fußballverbands hatte die Tür weit
aufgestoßen für die Straffreiheit von [2][antirassisitschen Bekundungen].
Am Dienstagabend verschickte die Fifa ein Statement ihres Bosses an die
Medien: „Um Zweifel zu vermeiden: In einem FIFA-Wettbewerb würden die
jüngsten Demonstrationen von Spielern in der Bundesliga einen Applaus
verdienen und keine Bestrafung“, wird Infantino da zitiert.
Der DFB konnte sich also sicher sein, im Sinne der Fifa zu handeln, als er
die Regel, nach der politische, religiöse oder persönliche Botschaften auf
dem Spielfeld verboten sind, im Sinne der Spieler Jadon Sancho, Achraf
Hakimi, Marcus Thuram und Weston McKennie interpretiert hat.
Auf der [3][Website des DFB] wird der Vorsitzende des Kontrollausschusses
Anton Nachreiner so zitiert: “Im konkreten Fall handelt es sich um gezielte
Anti-Rassismus-Aktionen der Spieler, die sich damit für Werte starkmachen,
für die der DFB ebenfalls steht und immer eintritt. Daher werden keine
Verfahren eingeleitet, auch bei vergleichbaren Anti-Rassismus-Aktionen in
den nächsten Wochen nicht.“ Es darf also weiter protestiert werden gegen
strukturellen Rassismus “im konkreten Fall“.
## Wiedervorlage Katar 2022
Die Einlassung von Gianni Infantino sowie die Stellungnahme Nachreiners
sollte man sich jedenfalls an einem gut auffindbaren Ort abspeichern. Mal
sehen wie der Weltverband reagiert, wenn bei der Fußball-Männer-WM 2022 in
Katar eine derartige Botschaft auf das Feld getragen wird. Wie wird der vom
Gastgeberland Katar mit seiner notorisch homophoben Gesetzgebung so
abhängige Weltverband wohl reagieren, wenn etwa ein Spieler ein Statement
gegen Homophobie auf seinem Unterhemd trägt?
Und wie wird der DFB reagieren, wenn sich tatsächlich mal ein
Bundesligaspieler zum strukturellen Rassismus in deutschen Polizeibehörden
äußert und an den auf einer Polizeiwache in Dessau zu Tode gekommen Oury
Jalloh erinnert?
Wie unglücklich der DFB auf dem Gebiet der politischen Äußerungen agieren
kann, war jüngst zu beobachten, als die gewiss beleidigenden Äußerungen von
Fans gegenüber dem Hoffenheimer Klubeigner Dietmar Hopp als diskriminierend
bezeichnet wurden. Da wollte man Spiele abbrechen, indem man eine Regel,
die für den Kampf gegen Rassismus formuliert wurde, zum Schutze eines
Milliardärs angewendet hat. Mag sein, dass der DFB diesmal auf dem
richtigen Weg ist. Er ist indes erst ein paar Schritte darauf gegangen. Es
ist nicht mehr als ein Anfang. Ein solcher ist es immerhin.
3 Jun 2020
## LINKS
[1] /Sanktionen-fuer-muendige-Fussballprofis/!5686298
[2] /Gedenken-an-George-Floyd/!5686311
[3] https://www.dfb.de/news/detail/keine-verfahren-wegen-solidaritaetsbekundung…
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