# taz.de -- Chinesisch-indischer Grenzstreit: Konflikt im Affekt | |
> Die chinesisch-indische Grenze ist unübersichtlich, leicht entzünden sich | |
> Konflikte wie der jüngste mit einigen Toten. Eine Pufferzone würde | |
> helfen. | |
Bild: Aufgebrachte Inder verbrennen Poster mit der chinesischen Nationalflagge | |
Eine gewisse Ironie lässt sich bei dem indisch-chinesischen Grenzkonflikt | |
nicht leugnen: Da stehen sich die Armeen der zwei bevölkerungsreichsten | |
Nationen der Welt gegenüber, Atommächte wohlgemerkt, und dann ähnelt die | |
Ausführung einem Pausenhofscharmützel: Fäuste, Steinwürfe und | |
Knüppelschläge. | |
Angesichts der Todeszahlen, die sich aufgrund der Verschwiegenheit der | |
Chinesen noch nicht genau beziffern lassen, ist aber jedes Schmunzeln | |
unangebracht. Schließlich sind zum ersten Mal seit 45 Jahren Menschenleben | |
entlang der Grenze zu beklagen. Man möchte sich nicht ausmalen, wie | |
bedrohlich ein [1][bewaffneter Krieg] zwischen den beiden Weltmächten | |
werden könnte. | |
Glücklicherweise bleibt dies äußerst unwahrscheinlich. Die jüngste, betont | |
deeskalierende Rhetorik der beteiligten Regierungen lässt darauf schließen. | |
Dennoch können beide Mächte jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. | |
Dafür sind die Opferzahlen zu hoch und die Schuldfrage ist zu unklar: Beide | |
Seiten bezichtigen die jeweils andere der Grenzverletzung. Unmöglich | |
nachzuvollziehen, wer im Recht ist. | |
## Ohne Absegnung durch die Vorgesetzten | |
Vieles deutet darauf hin, dass der Vorfall quasi im Affekt geschah – ohne | |
Absegnung durch die Vorgesetzten. Schließlich hatten sich die beiden Länder | |
noch kurz zuvor auf eine Pufferzone für die unübersichtliche und | |
unterschiedlich interpretierte [2][Ländergrenze] geeinigt. Dann jedoch | |
eskalierte der Konflikt: Laut indischen Medienberichten wollten Soldaten | |
ein chinesisches Zelt abbauen, das sich ihrer Ansicht nach auf dem eigenen | |
Territorium befand. Daraufhin sollen chinesische Soldaten handgreiflich | |
geworden sein. | |
Nun muss die gesamte Weltgemeinschaft darauf hinarbeiten, dass solch | |
riskante Situationen künftig unmöglich gemacht werden – etwa durch eine | |
breite Pufferzone. Dass ein Krieg nicht ausgeschlossen ist, wissen Indien | |
und China aus eigener Erfahrung: Im Jahr 1962 lieferten sie sich eine | |
kurze, aber heftige bewaffnete Auseinandersetzung – übrigens im selben Tal, | |
in dem nun 58 Jahre später erneut Soldaten beider Länder getötet wurden. | |
18 Jun 2020 | |
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## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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