| # taz.de -- ARD-Krimi „Polizeiruf 110“: Jetzt ist irgendwann | |
| > Dieser „Polizeiruf“ hinterlässt am Ende ein Gefühl der Wärme statt | |
| > Verzweiflung – auch, weil hier gleich mehrere Geschichten zu Ende gehen. | |
| Bild: Die obdachlose Frau Erna wird Zeugin in einem Mordfall: Sie hat das Verbr… | |
| Veit Bukow wartet in seinem olivgrünen Lada Niva, dazu ein paar Takte „Solo | |
| Sunny“, dieses melancholische Lied über ein fernes Irgendwann, „someday“, | |
| das gerade eh dauernd lief, weil die große „Solo Sunny“-Darstellerin Renate | |
| Krößner zuerst 75 wurde und dann starb. | |
| Wie treffend diese Songbegleitung ist, gehört zu den großartigen präzisen | |
| Details [1][dieser Rostocker Polizeiruffolge]: In „Der Tag wird kommen“ | |
| gehen Geschichten zu Ende – gleich mehrere sogar. Dazu gehört, dass Veit | |
| Bukow, der Kleinganovenvater [2][von Kommissar Bukow (Charly Hübner) | |
| seinen letzten Auftritt hat]. Ein Jammer, dass somit Klaus Manchen, einer | |
| der legendärsten ostdeutschen Schauspieler, nicht mehr Teil des Ensembles | |
| sein wird (Ersatz: „Der Blaue“ von 1994, mit ihm, Krug, Mühe, Becker). | |
| Der krebskranke Veit Bukow ist so etwas wie das gute Gewissen dieser | |
| Folge, der seinen Sohn, die aktuelle Story und das Rostocker | |
| Polizeirufuniversum als Ganzes in neue Richtungen schubst. Drehbuchautor | |
| Florian Oeller und Regisseur Eoin Moore schaffen das bemerkenswerterweise, | |
| ohne dass sich die einzelnen Stränge dabei das Licht nehmen. | |
| Da ist zum einen Katrin König (Anneke Kim Sarnau). Sie laboriert immer noch | |
| an ihrem schlechten Gewissen: Vor zwei Jahren schob sie dem Mörder Guido | |
| Wachs einen anderen Mord unter, damit er überhaupt hinter Gitter kommt (in | |
| „Für Janina“). Ekzem, Paranoia, Schlaflosigkeit, Angstzustände, | |
| Pillenberge, es wird nicht besser. Jetzt nun: die endgültige Konfrontation | |
| mit Wachs im Knast, bis Bukow eingreift – und die Chose beendet. Ein für | |
| alle Mal. | |
| ## Alle Teilgeschichten leuchten | |
| Überhaupt: Die schnodderige Fürsorge füreinander, die die beiden seit | |
| Jahren an den Tag legen, die distanzierte Nähe dieses sich siezenden Teams, | |
| auch sie landet in den letzten Minuten in einem neuen Aggregatzustand – | |
| eine Szene, die wieder beweist, wie herausragend Sarnau und Hübner sind. | |
| Ja, stimmt, über den Fall, den die beiden aufklären, ist hier noch keine | |
| Silbe gefallen. Die Frau, die König frühmorgens beim Joggen am Hafen sah, | |
| wurde erstochen, nur kurz darauf. Das traumatische Leben, das sich dahinter | |
| verbirgt, der Verlust einer Familie, die unendliche Sehnsucht, die Härte | |
| anderer Menschen, auch das: atemraubend. | |
| Um es noch einmal zu wiederholen: Es gelingt etwas Rares in diesen | |
| anderthalb Stunden. Alle Teilgeschichten können hell leuchten. Und das | |
| Gefühl, das am Ende bleibt, ist nicht Verzweiflung, wie so oft bei | |
| Sonntagabendkrimis. Sondern Wärme. | |
| 14 Jun 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Anne Haeming | |
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