# taz.de -- Werder Bremen auf Abstiegsplatz: Die Luft wird dünner | |
> Werder Bremen hat nach der 0:1 Niederlage gegen den VfL Wolfsburg immer | |
> weniger Zeit, den Abstieg in die Zweite Liga noch abzuwenden. | |
Bild: Knien aus Solidarität: Die Spieler von Werder Bremen und dem VfL Wolfsbu… | |
BREMEN taz | Verzweifelt sprang Werder Bremens [1][Trainer Florian | |
Kohfeldt] nach dem Schlusspfiff hoch, drehte sich einmal um die eigene | |
Achse und sah dann ein, dass es nichts mehr auszurichten gab. Seine | |
Mannschaft hatte auch diese Chance, sich noch an den 16. Tabellenplatz | |
heranzuschieben, der zumindest noch ein Entscheidungsspiel um den | |
Klassenerhalt vorsieht, verpasst. | |
„Die Tabelle macht mir weiter Mut“ sagte Kohfeldt nach dem Spiel. „In vier | |
Spielen kann man das aufholen.“ Aber wer die letzten beiden Heimspiele im | |
Weserstadion gegen Eintracht Frankfurt und am Sonntag gegen den VfL | |
Wolfsburg gesehen hat, kann daran nicht mehr recht glauben. | |
Nicht weil Werder schlecht gespielt hätte, sondern weil aus großem Kampf | |
und größtenteils guter Spielanlage wieder nichts herausgesprungen ist. Der | |
VFL Wolfsburg hat sich mit dem knappen Sieg wieder auf einen | |
Europa-League-Platz geschoben und zeigte sich von dem kleinen Zwischentief | |
bei der Niederlage gegen Eintracht Frankfurt gut erholt. | |
Im Vorfeld ging es mehr um Randnotizen als um die existentielle Bedeutung | |
des Spiels für Werder. „Bremen hat sehr viel über Solidarität gesprochen in | |
der Coronapause, weil sie [2][lange Zeit nur in Kleingruppen trainieren | |
durften]“, stichelte Wolfsburgs Trainer Oliver Glasner. „Ich denke, es ist | |
auch jetzt ein Zeichen der Solidarität, diese Atmosphäre im Stadion nicht | |
zu seinen Gunsten auszunutzen.“ Er meinte die Geräuschkulisse, die Werders | |
Reservisten- und Betreuerteam in den letzten beiden Heimspielen im fast | |
leeren Weserstadion aufgebaut hatte. | |
„Mit dem Hinweis auf Solidarität wird etwas in einen Zusammenhang gebracht, | |
das gar nicht zusammenpasst“, konterte Werder-Sportchef Frank Baumann. „Wir | |
versuchen, Leidenschaft von der Bank aufs Feld zu projizieren.“ Inzwischen | |
hat Glasner eingeräumt, bei der Wortwahl danebengelegen zu haben. | |
## Spieler solidarisieren sich | |
Angebracht war der Hinweis auf Solidarität dagegen bei der Aktion der | |
Spieler vor dem Anpfiff: Alle 22 Akteure knieten sich um den Mittelkreis | |
und zeigten damit ihre [3][Solidarität mit den Protesten gegen Rassismus] | |
in den USA. | |
Die erste Hälfte des Spiels war ein Spiegelbild von Werders Spiel gegen | |
Eintracht Frankfurt. Die Grün-Weißen gingen verbissen in die Zweikämpfe, | |
ließen nach hinten außer einer Chance von Wout Weghorst, der allein auf | |
Torwart Jiri Pavlenka zulaufen konnte, wenig zu. Nach vorn gelangen ein | |
paar vielversprechende Angriffe, bei denen Yuya Osako und Joshua Sargent im | |
Abschluss aber die letzte Durchschlagskraft fehlte. | |
„In der Position bleiben“ mahnte Kohfeldt seine Spieler immer wieder. Zwei | |
Dinge sollten sie anders als gegen Eintracht Frankfurt durchhalten: die | |
Mentalität und den Spielplan. | |
Nach dem Wechsel entwickelte sich ein intensives Kampfspiel auf Augenhöhe, | |
in dem beide Teams ihre dominierenden Minuten hatten, aber nicht die ganz | |
großen Möglichkeiten zur Vorentscheidung. In dieser Phase, wenn die Kraft | |
nachlässt, das befreiende Erfolgserlebnis immer länger ausbleibt, die Angst | |
vorm Gegentreffer zunimmt, vermisst eine Heimmannschaft im Geisterspiel | |
ihren Anhang wohl am meisten. Statt der Energiewellen, die sonst in solchen | |
Momenten zwischen Mannschaft und Publikum hin und her strömen, setzte der | |
große Regen ein. „Werder-Wetter“ sagte man dazu einmal. | |
## Die Hoffnung ist getrübt | |
Als sich das wieder lichtete, war Werders Schicksal zumindest für diesen | |
Nachmittag besiegelt. Der entscheidende Spieler der Siege gegen Freiburg | |
und Schalke, Leonardo Bittencourt, spielte am Wolfsburger Strafraum in | |
aussichtsreicher Position einen Fehlpass und die Wölfe zogen den einen | |
starken Konter auf, den Weghorst freistehend mit dem Kopf abschloss und der | |
zum Sieg reichte. Am Ende war es wieder – wie gegen Eintracht Frankfurt – | |
die individuelle Klasse im Angriff, die den Unterschied zuungunsten der | |
Bremer ausmachte. | |
Rechnerisch hat Werder Bremen vier Spiele Zeit, die drei Punkte und ein | |
schlechteres Torverhältnis gegenüber dem Tabellensechzehnten Fortuna | |
Düsseldorf aufzuholen. Die Hoffnung darauf wird aber durch mehr getrübt als | |
durch die Tatsache, dass einer der Gegner Bayern München heißt. | |
7 Jun 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Werder-Bremen-in-Abstiegsnot/!5647486 | |
[2] /Profi-Fussball-in-der-Coronakrise/!5675216 | |
[3] /Ex-Fussballprofi-Hans-Sarpei-ueber-Antirassismus/!5690708 | |
## AUTOREN | |
Ralf Lorenzen | |
## TAGS | |
Fußball | |
Florian Kohfeldt | |
Fußball-Bundesliga | |
Abstiegskampf | |
Werder Bremen | |
Fußball | |
Fußball-Bundesliga | |
Fußball | |
DFB-Pokal | |
## ARTIKEL ZUM THEMA | |
Finale in der Fußball-Bundesliga: Leider nicht egal | |
Werder Bremen steht vor dem Abstieg. Es wäre ein herber Verlust. | |
Erinnerungen an Zeiten voller Schönheit und Anstand im Profifußball. | |
Ex-Fußballprofi Hans Sarpei über Antirassismus: „Sonst ist das alles Bullsh… | |
Hans Sarpei hätte sich nach dem Mord an George Floyd von den Verbänden | |
antirassistische Zeichen gewünscht. Wer nur zuschaut, fällt eine | |
Entscheidung, sagt er. | |
Geisterspiele in der Bundesliga: „Es fehlt etwas“ | |
Fan-Sprecher Sig Zelt ist für die Fortsetzung des Ligabetriebs vor leeren | |
Rängen. An eine Läuterung des Profifußballs durch Corona glaubt er nicht. | |
Werder Bremen in der Krise: Fragiles Gebilde | |
Nach dem Pokalaus in Frankfurt sucht Bremen weiter nach sich selbst. | |
Trainer Kohfeldt sieht dabei vor dem Kellerduell gegen Hertha sogar | |
Positives. |