Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Die Wahrheit: Erschwerte Bedingungen der Fahrradkritik
> Bekanntlich sind günstigste Fälle nicht allzu häufig, geschweige denn die
> Regel. Von daher ist die Zukunft von führerlosen Fahrrädern überfüllt.
Sollten Sie nicht lesen können, was ich hier schreibe, kann das daran
liegen, dass in diesem Stadtteil eine ganz andere Schrift gebräuchlich ist
als im übrigen Land.
Was ein weiterer Grund für Unleserlichkeit sein dürfte, sind meine von
strengen Vorsichtsmaßnahmen geprägten privaten Lebensumstände. Die
Rollläden der Fenster auf der Straßenseite müssen immer einen sechzehn
Zentimeter hohen Spalt über dem Sims freilassen. Weder dürfen sie ganz
heruntergelassen, noch hochgezogen werden. Deshalb verbietet sich der
Gebrauch von Kunstlicht. Nach Einbruch der Dämmerung wäre hier an schreiben
nicht mehr zu denken, und mein gesamtes häusliches Leben müsste sich
notgedrungen auf den rückwärtigen Teil des kleinen eingeschossigen Hauses
verlagern, wo die Rollläden stets gänzlich heruntergelassen sind.
Um dieser Einschränkung zu entgehen, setze ich, wenn es draußen dunkelt,
auf der Straßenseite schwarz gestrichene Holzplatten von innen vor die
Fensterscheiben. Auf diese Weise dringt kein Licht hinaus und kein Blick
herein. Außerdem darf nicht geheizt werden, weil der aus dem Schornstein
aufsteigende Rauch meine Anwesenheit verraten würde. Da es oft kalt ist und
auf dem Grundstück überreiche Holzvorräte lagern, ist die Versuchung groß,
in diesem Punkt gegen die Vorschriften zu verstoßen.
Unter solchermaßen erschwerten Bedingungen habe ich nun einen Text gegen
Fahrräder verfasst. Bitte lesen Sie selbst: Gegen Fahrräder lässt sich
manches vorbringen, doch am störendsten daran sind die langen, straff
gespannten Seile, die einen unbarmherzig vorwärtsziehen.
## Dichte Hecken
Besonders schlimm ist es, wenn letztere sich in dichten Hecken verfangen,
die man nicht einfach durchfahren kann. Sich aus einer solchen Lage zu
befreien, ist entsetzlich schwer. Ohnehin schon von Unfällen bedroht und
kaum in der Lage, sein eigenwilliges Fahrzeug unter Kontrolle zu behalten,
muss man dann auch noch absteigen und das Rad auf die andere Seite der
Hecke schieben, sofern das überhaupt möglich ist. Im günstigsten Fall kann
man das Seilende aus dem Gestrüpp befreien, ohne dass es einem aus der Hand
gleitet und das führerlose Fahrrad mit sich fortreißt.
Bekanntlich sind günstigste Fälle nicht allzu häufig, geschweige denn die
Regel. Aus diesem Grund ist die räumliche Zukunft von dahinrasenden
führerlosen Fahrrädern überfüllt. Wir tun gut daran, diesen Bereich ähnlich
zu meiden wie das Weltall, wo ganze Lastkraftwagen mutwillig umherfliegen.
Es sollte jedoch bei solchen Überlegungen stets daran gedacht werden, dass
die Zentrifugalkraft (besonders: die Zentrifugalkraft im Urlaub) durch das
Fahrrad immer zur Zwangsbedingung wird. Das mag anfangs verblüffen, aus
philosophischer Sicht ist es aber nichts Neues, taugt auch nicht zum Beweis
für die Existenz des Negativen oder der Null. Etwas anders verhält es sich
mit dem Thema „Berühmte Fahrräder, die es nicht gegeben hat“.
2 Jun 2020
## AUTOREN
Eugen Egner
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Fahrrad
Elektrofahrrad
Kolumne Die Wahrheit
Kriminalität
Dichter
Forstwirtschaft
Geige
## ARTIKEL ZUM THEMA
Die Wahrheit: Inselgeschichte mit Komplikationen
Um nicht völlig zu verstummen, hilft einem Autor beim Verfassen einer
Erzählung, die eigentlich eine Totgeburt ist, der Schreibzwang.
Die Wahrheit: Der Fall der toten dicken Männer
Was geht hier ab? Ein blauer Anzug, versteckt hinter einem Felsklumpen –
wohl der Beweis, dass kein Verbrechen vorliegt, sondern etwas anderes...
Die Wahrheit: Leben als toter Dichter
Die medizinische Betreuung eines inwändig abgestorbenen Poeten ist komplex
und rechtfertigt sogar den Einsatz etymologischer Wörterbücher.
Die Wahrheit: Bewusstsein für den Oberförster
Wenn Sprösslinge medizinische Beratungsgespräche mit schwarzer Kunst
stören, können sie mit einer speziellen Crème zur Raison gebracht werden.
Die Wahrheit: Die Dämonen des Gehörs
Achten Sie auch auf Ihre Mensurlinie? Sollten Sie. Ansonsten kann es
schnell zu akustischen Täuschungen auf der offenen Shepard-Skala kommen.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.