# taz.de -- Geisterspieltag der Fußball-Bundesliga: Berlin lernt jubeln | |
> Mit 3:0 über Hoffenheim überzeugte Hertha beim Trainerdebüt. Nur wie man | |
> sich richtig freut, muss Bruno Labbadia noch lehren. | |
Bild: Hertha BSC (in Schwarz-Rot) besiegt Hoffenheim verdient | |
SINZHEIM taz | Hertha BSC hat einen neuen Trainer, Bruno Labbadia, und der | |
war nach dem 3:0-Sieg seiner Mannschaft bei der TSG Hoffenheim so gut | |
gelaunt, dass er die Frage nach den fehlenden Emotionen zu Coronazeiten | |
sehr glaubhaft beantwortete: „In meinem Herzen ist immer Emotion. Ich mache | |
mir die Gefühle selbst im Moment.“ | |
Dafür, dass seine Spieler bei allen drei Treffern eine [1][Jubeltraube] | |
bildeten, abklatschten und sich umarmten, bat er um Verständnis: „Ich sehe | |
das meinem Team auf jeden Fall nach. Ich hoffe einfach, dass die Menschen | |
draußen Verständnis haben. Das können wir nicht vermeiden, Emotionen | |
gehören dazu, sonst brauchen wir nicht zu spielen.“ Außerdem seien die | |
Spieler bereits sechsmal getestet worden, und jedes Mal sei der Test | |
negativ ausgefallen. | |
Nun war das alles zwar kein Bruch mit den Regeln wie der jüngste | |
[2][Zahnpasta-Kauf] von Augsburgs Trainer Heiko Herrlich, es war aber eine | |
klare Missachtung der DFL-Empfehlungen. Außer der Hertha, die andere | |
Prioritäten setzte, wie Vedad Ibišević erläuterte: „Ich habe unseren Dokt… | |
vor dem Spiel gefragt, ob das Tor zählt, wenn man das macht“, sagte der | |
Kapitän. Das sei für ihn „das Allerwichtigste“ gewesen. Ibišević, der b… | |
Hertha im Übrigen auch das Kapitänsamt innehat, ließ mit dieser Aussage | |
einmal mehr tief blicken. | |
Schon bei dem [3][Video von Salomon Kalou] war er schließlich nicht nur | |
durch die Missachtung der Abstandsregeln aufgefallen, sondern auch über die | |
Klage darüber, dass ihm angeblich ein Prozent mehr Gehalt als abgesprochen | |
als Solidaritätsabschlag vom Lohn abgezogen worden sei. In Hoffenheim | |
berichtete er nun freimütig, dass er schon vor dem Spiel den möglichen | |
Jubel geplant hatte – und nur eine kollektive Bestrafung ihn davon | |
abgehalten hätte. Die aber will die DFL nicht aussprechen, es liegt ja nur | |
ein Verstoß gegen Empfehlungen, nicht aber gegen verbindliche | |
Hygienevorschriften vor. | |
Eine Frage, die sich bei Hertha allerdings niemand zu stellen scheint, ist | |
die nach dem so oft beschworenen Vorbildcharakter des Fußballs. Die Bilder | |
von einer Jubeltraube aus sieben, acht Spielern dürften im Jugendfußball, | |
bei dem – wenn überhaupt – nur in Kleingruppen unter strengen Regeln | |
trainiert werden darf, das gleiche Erstaunen auslösen wie bereits das | |
Kalou-Video, bei dem man den Eindruck bekam, dass Hertha das alles eher als | |
unverbindliche Empfehlung sieht. | |
## Verdienter Sieg, aber ganz andere Diskussion | |
In dem Video, das zur Suspendierung Kalous führte, sah man übrigens auch, | |
wie lax zumindest die ersten der von Labbadia ins Feld geführten sechs | |
allesamt negativ verlaufenen Testreihen bei der Hertha durchgeführt wurden. | |
Vom vereinseigenen Physiotherapeuthen in kurzen Hosen, der den Abstrich | |
auch nicht, wie üblich, tief im Rachenraum des Spielers durchzuführen | |
schien. Sondern im vorderen Mundbereich. | |
Sportlich war Hertha an diesem Nachmittag über 90 Minuten die bessere | |
Mannschaft. Vor allem im Zweikampfverhalten war Hoffenheim krass | |
unterlegen. Logische Folge waren die drei Tore. Beim 0:1 fälschte | |
Hoffenheims Kevin Akpoguma einen Schuss von Peter Pekarík ins eigene Tor ab | |
(58.). Kurz darauf köpfte Ibišević das 0:2. Weder bei der Flanke von Marvin | |
Plattenhardt noch im Abwehrzentrum war Hoffenheims Abwehr zu passiv. Auch | |
der dritte Berliner Treffer fiel zu leicht, wie man aus Hoffenheimer | |
Perspektive sagen muss: Matheus Cunha erzielte aus spitzem Winkel das 0:3. | |
(74.). | |
Dass ein völlig verdient herausgespielter Sieg nun nur ein Randaspekt zu | |
werden droht, ist aus Berliner Sicht durchaus tragisch. Sooo wichtig | |
scheinen Jubelrituale ja dann doch nicht zu sein, wenn alle anderen Teams | |
der Liga es zeitgleich geschafft haben, sich beim demonstrativen | |
Ick-freu-mir auf Ellbogen und Füße zu kaprizieren. | |
Hertha-Manager Michael Preetz wurde später gefragt, warum denn nicht im | |
Training der von der DFL empfohlene kreative und hygienische Jubel | |
einstudiert wurde. „Uns war heute erst mal wichtig, kreativ auf dem Platz | |
zu sein. An allem anderen können wir dann ja in den nächsten Wochen | |
arbeiten.“ | |
17 May 2020 | |
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## AUTOREN | |
Christoph Ruf | |
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