# taz.de -- Mein Kriegsende 1945: „Wir haben uns in Gräben gebuddelt“ | |
> Zeitzeugen erinnern sich (Teil 4): Eric Axam erlebte als britischer | |
> Soldat in Schleswig-Holstein den Dank der Deutschen. | |
Bild: Eric Axam | |
Eric Axam, geboren 1926 in London, arbeitete nach dem Krieg als Elektriker. | |
Er heiratete und bekam drei Kinder: | |
„Ich war 1945 19 Jahre alt. Mein Einsatz in der elften Infanterieeinheit | |
des britischen Militärs war meine erste Reise überhaupt über die Grenzen | |
Londons hinaus. Ich landete im September 1944 in Belgien. Mein Job war es, | |
in deutsches Feindgebiet einzudringen und das Gebiet für den Rest der | |
Einheit abzusichern. Wir sollten gegen jeglichen Widerstand vorgehen. Wir | |
waren in einem Alter, wo wir Befehlen gehorchten und taten, was notwendig | |
war. | |
Schon vor dem Ende des Krieges gab es Unterhandlungen zwischen deutschen | |
Truppen und uns, bei denen den Deutschen kurze Zeiträume zur Räumung eines | |
Gebiets gegeben wurde. Wir waren danach die Ersten, die dann in diese | |
Gebiete vordrangen. Kurz vor Kriegsende erinnere ich mich an das | |
Vorbeikommen am KZ Bergen-Belsen, obwohl ich damals keine Ahnung hatte, was | |
sich dort abgespielt hatte. Das Camp unterstand Quarantäneauflagen aufgrund | |
von Typhus und die Insassen durften nicht raus. Sie bettelten uns vom | |
Stacheldraht aus an, hinausgelassen zu werden. | |
In der Nacht vor dem 8. Mai versammelten wir uns, um mit unseren Panzern | |
tiefer nach Deutschland einzudringen. Dafür trugen wir unsere gesamte | |
Kampfausrüstung. Dann teilte uns ein Offizier mit, erst einmal vor Ort zu | |
verharren, weil es irgendwelche Verhandlungen mit den Deutschen gebe. Wir | |
haben uns dann in Gräben gebuddelt, um in deren Sicherheit ein bisschen zu | |
schlafen, so machten wir das normalerweise. | |
Doch als wir am Morgen aufwachten, gab es keinen Befehl zum Weiterdringen | |
mehr. Stattdessen wurden wir in ein Stadtzentrum gefahren, es mag Lübeck | |
gewesen sein, wo wir ein paar Häuser von Deutschen für unserer Unterkunft | |
sicherstellten. Ich erinnere mich, wie manche der deutschen Bewohner danach | |
in den Gärten herumstanden. | |
In den Tagen danach durchkämmte meine Einheit weitere ländliche Gebiete. | |
Als wir auf einem Bauernhof in einem Kuhstall im Stroh übernachten, dankten | |
uns die deutschen Bewohner für die Befreiung. | |
Am 8. Mai hatten wir nicht unseren letzten Einsatz. Es war meine Einheit, | |
die am 23. Mai die Regierung Dönitz in Flensburg auf dem Schiff „Patria“ | |
verhaftete. Einige von uns, auch ich, nahmen dabei Silberbesteck von Bord | |
des Luxusschiffes als Souvenir mit. Als unsere Vorgesetzten davon erfuhren, | |
mussten wir alles wieder aushändigen.“ | |
Aufgezeichnet von Daniel Zylbersztajn | |
Bisher erschienen: | |
(3): [1][Ljudmila Kotscherzhyna, verschleppt aus der Ukraine] | |
(2) [2][Herbert Haberberg, jüdischer Brigadist] | |
(1) [3][Walter Frankenstein, versteckt in Berlin] | |
7 May 2020 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Zylbersztajn | |
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