# taz.de -- Tödlicher Angriff auf Iraker in Celle: Rassistischer Hintergrund? | |
> Nach dem Mord an einem Kurden in Celle sind viele Fragen offen. Eine | |
> davon: Ignorierte die Polizei Hinweise auf einen politischen Hintergrund? | |
Bild: Die Bushaltestelle in der Bahnhofstraße in Celle. Der 15-Jährige soll d… | |
Nach dem Mord an einem irakischen Jugendlichen in Celle läuft die Suche | |
nach dem Motiv. Am Dienstag vor einer Woche ist der jesidische Kurde Arkan | |
Hussein in der niedersächsischen Stadt auf offener Straße niedergestochen | |
worden. Der Jugendliche erlag noch im Krankenhaus seinen Verletzungen. | |
Täter soll der 29-jährige Daniel Sch. sein. Doch welches Motiv hatte er für | |
die Tat? Sch. selbst schweigt dazu. | |
Die erste Erklärung der Polizei löste Kritik von jesidischen Vereinen und | |
antifaschistischen Initiativen aus. Die Polizei schrieb, dass die | |
Ermittlungen „in keiner Hinsicht Anhaltspunkte für eine ausländerfeindliche | |
oder politisch motivierte Tat“ lieferten. Auch die Staatsanwaltschaft sieht | |
„bislang keine Anhaltspunkte“ für einen politischen Hintergrund. | |
Diese Einschätzung können die Vereine und Initiativen wenig nachvollziehen. | |
In einer Erklärung erinnern sie daran, dass Hussein 2014 mit seiner Familie | |
aus der nordirakischen Heimat flüchtete, nachdem die Terrormiliz IS dort | |
Völkermord beging. Vor diesem Hintergrund habe die Tat unvermeidbar eine | |
politische Dimension, so das Bündnis. | |
Tatsächlich scheinen die Ermittler die Aktivitäten von Daniel Sch. in den | |
sozialen Medien anfangs ignoriert zu haben. In der Pressemitteilung | |
erklärte die Polizei weiter, dass eine psychische Erkrankung des | |
29-jährigen Täters „unter anderem Gegenstand der weiteren Ermittlungen sei�… | |
und der 15-jährige Hussein ein „Zufallsopfer gewesen“ sei. | |
## Verbindungen zu Neonazis | |
Für die Initiativen und Vereine ist das zu wenig: „Auch wenn es bislang | |
keine Erkenntnisse dafür gibt, dass der Täter ein organisierter Neonazi | |
war, ist klar, dass er sich zumindest im Internet mit rassistischen und | |
antisemitischen Gedanken umgeben hat. Unter seinen Facebook-Freund_innen | |
befinden sich unter anderem auch [1][Neonazis].“ | |
Sie verweisen dabei auf einen Bericht von Zeit-Online. Darin ist zu lesen, | |
dass Daniel Sch. drei Social-Media-Accounts hatte, die eine Nähe zu | |
Verschwörungstheorien, Reichsbürger-Vorstellungen und antisemitischen | |
Mythen nahelegen. Auf Facebook las er Seiten, die die QAnon-Ideologie | |
verbreiten. Schon der [2][Attentäter von Hanau] bezog sich auf diese | |
Verschwörungstheorien. Die QAon-Autoren behaupten, exklusive Informationen | |
über einen internen Krieg von US-Präsident Trump gegen eine | |
Geheimdienstverschwörung eines „tiefen Staates“ zu haben. Sch. likte zudem | |
antisemitische Memes mit Hakenkreuz als „umstrittenen Humor“. | |
Diese Seiten scheinen die Ermittler zunächst nicht beachtet zu haben – was | |
sie jedoch abstreiten. Eine Panne? „Nein“, teilte eine Sprecherin der taz | |
mit. Aus „ermittlungstechnischen Gründen“ möchte sie aber nicht sagen, ob | |
die Accounts nun ausgewertet werden. Sie betont lediglich, dass in alle | |
Richtungen ermittelt werde. Die Vereine befürchten, dass ein „möglicher | |
rassistischer Hintergrund“ kleingeredet werde. „Psychische Erkrankungen | |
sind kein Widerspruch für ideologische Motive“, schreiben sie. | |
14 Apr 2020 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Speit | |
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