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# taz.de -- Frauenquoten helfen allen: Emotionalität ist gefragt
> Frauen werden gern Soft Skills nachgesagt. Warum sind sie in den
> Chefetagen trotzdem nicht gewollt?
Bild: Am Frauentag nur Rosen verteilen reicht nicht: Demonstrantin am 8. März …
Frauen sind – zumindest wenn man sich [1][die Kriminalitätsstatistik
anschaut] – die besseren Menschen. Dennoch diskutieren wir seit Jahren
Frauenquoten – in verschiedenen Bereichen und auf verschiedenen Ebenen: Um
in die Führungsetagen der deutschen Wirtschaft aufzusteigen, bedarf es nach
allgemeiner Auffassung der Überwindung einer für Frauen scheinbar
undurchdringbaren „gläsernen Decke“. Diese lässt für die Betroffenen
lediglich einen Blick von Ferne auf die oberen Ränge der mächtigen
deutschen Wirtschaft zu. Die „gläserne Decke“, scheint es, kann nur selten
überwunden, aber niemals ganz zerstört werden. Woher also die Angst vor
Quoten?
Statistiken entnimmt man, dass Männer die Welt sowohl zahlenmäßig als auch
buchstäblich dominieren: Dem letzten UNO-Bericht nach leben 7.632.819.325
Menschen auf der Erde, 49,55 Prozent davon Frauen. Anders ausgedrückt: Auf
100 Frauen kommen 101,81 Männer. Die Männer bleiben damit auf dem gesamten
Planeten in der Überzahl – mit etwa 70 Millionen quasi ein eigener Staat.
In Deutschland hingegen kommen auf 100 Frauen nur 97,12 Männer. Hier
überwiegen die Frauen, nicht jedoch in den Führungsetagen.
Ein Blick in die Chefetagen von Unternehmen und Organisationen genügt. Ein
deutliches Missverhältnis gibt es in den Vorstandsetagen. Das Manager
Magazin fasste 2015 die Zahlen mit der Überschrift „Weniger Frauen in
Vorständen als Männer, die Thomas heißen“ pointiert zusammen.
Zwar gilt seit 2015 für die Aufsichtsräte aller großen deutschen
Börsenunternehmen eine Frauenquote von 30 Prozent, jedoch bringt diese
Regelung – zumindest bislang – nicht den gewünschten Effekt. Im Gegenteil:
Wie eine Studie der AllBright Stiftung beweist, stagniert diese Quote
nunmehr eben bei genau 30 Prozent. Und offenbar planen viele Unternehmen
nicht, eine Steigerung des Frauenanteils in Vorständen umzusetzen. Viele
börsennotierte Unternehmen in Deutschland [2][geben selbst an], bis 2022
keine weiteren Frauen in ihre Vorstandsetagen aufnehmen zu wollen. Ein
Fehler, denn wie gesagt: Zumindest nach der Kriminalitätsstatistik sind
Frauen die besseren Menschen.
Wer das nicht glaubt, werfe einen Blick in die Knäste des Landes: Die
[3][Zahl der weiblichen Tatverdächtigen] liegt im 20-Prozent-Bereich. Bei
den Inhaftierten machen Frauen rund 5 Prozent aus. Man könnte daraus die
Schlussfolgerung ziehen, dass Männer über mehr kriminelle Energie verfügen.
Forscher könnten das wohl auch wissenschaftlich erklären.
Aber Zahlen auf dem Papier sind das eine, Frauenschicksale im realen Leben
das andere: Ein Blick in die Frauenhäuser genügt, um das Ausmaß männlicher
Gewalt zu erkennen. Auch ist der Anteil der Frauen, die in sozialen Berufen
arbeiten, deutlich höher als der der Männer. Und damit natürlich auch der
Anteil der Frauen, die sich um geschundene Seelen (männliche und weibliche)
kümmern. Manche sagen, die niedrigen Löhne im sozialen Bereich seien der
Hauptgrund für [4][das Missverhältnis]. Mag sein. Vielleicht liegt es aber
auch daran, dass Frauen empathischer und sozialer sind als Männer und
deshalb eher soziale Berufe ergreifen.
Was Frauen in Chefetagen zum Nachteil ausgelegt wird, ist im Grunde eine
Stärke: Emotionalität. Wie sähe die Welt aus, wenn Menschen, wenn Frauen
nicht emotional und sozial wären?
Eine wichtige Frage, die uns im digitalen Zeitalter mit zunehmender
Automatisierung beschäftigen muss, ist die Frage: Was unterscheidet den
Menschen auch in Zukunft vom Computer? Was also müssen Schulkinder heute
lernen, um in 20 Jahren im Arbeitsleben – trotz zunehmender Digitalisierung
– unersetzlich zu sein? Und welche Eigenschaften müssen Menschen haben, um
nicht mit Computern konkurrieren zu müssen, weil diese Eigenschaften auch
im digitalen Zeitalter gebraucht werden? Es sind die sogenannten Social
Skills, die den Unterschied machen; dazu zählen etwa auch Kreativität und
Kommunikationsfähigkeit.
Fähigkeiten, die gerade auch in Chef- und Vorstandsetagen gebraucht werden.
Frauen werden diese Talente nachgesagt. Umso bedauerlicher ist es, dass
Frauen um milde Quoten kämpfen müssen, obwohl sie qualifiziert sind und
hierzulande mehr als die Hälfte der Bevölkerung ausmachen.
Frauentage, an denen Rosen verteilt werden und die Ungleichbehandlung
beklagt wird, sind kein Trost, sondern ein weiterer Ausdruck der Ohnmacht.
Ohnmacht kommt von „ohne Macht“. Doch Frauen mit Wahlrecht sind nicht ohne
Macht. Manche von ihnen lehnen Quoten prinzipiell ab. Einige andere
wiederum lehnen die Frauenquote ab, weil sie in ihren Augen ein Almosen für
kluge Frauen darstellt. Gerne werden hierfür Vorzeigefrauen bemüht, die
sich offen gegen die Frauenquote aussprechen. Auch sie argumentieren mit
eigener Stärke und dem Argument der Almosen, die sie nicht bräuchten.
Ein Widerspruch: Denn wenn die Frauenquote ein Almosen wäre, warum wird
dieses Almosen nicht einfach gewährt? Und warum ist die Quote – trotz der
lediglich 30 Prozent, die sie derzeit fordert – so umkämpft? Offensichtlich
geht es doch um Macht. Um Macht, die man nicht teilen will. Dass es für die
Frauenquote nicht genügend qualifizierte Frauen gebe, ist ein Märchen aus
einer Zeit, als man kluge Frauen noch auf dem Scheiterhaufen verbrannte. Im
Jahr 2020 gibt es genügend qualifizierte Frauen. Und angesichts der
Nachrichtenlage brauchen wir sie auch. Die Krisen, die wir gerade erleben,
lassen sich nur durch Kreativität, neue Denkweisen, Blickwinkel, und
emotionales Gespür und kommunikative Fähigkeiten lösen. Es geht bei der
Quote also nicht nur um Fairness und Feminismus. Es geht auch um Eigennutz.
Jeder kluge Visionär sollte die Frauenquote am besten umgehend umsetzen.
18 Mar 2020
## LINKS
[1] /Giffey-stellt-BKA-Zahlen-vor/!5643860
[2] https://www.business-punk.com/2019/01/frauen-netzwerken/
[3] /Verbrechen-und-Gender/!5632054
[4] /Lebenslanger-Lohnunterschied/!5668797
## AUTOREN
Bilkay Kadem
## TAGS
Gender
Gender Pay Gap
Schwerpunkt Gender und Sexualitäten
Frauenquote
Frauenquote
Gleichstellung
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